Donauwoerther Zeitung

Verhärtete Fronten in Heißesheim

Kritik am Umgang mit Wolfgang Kurka. Bisheriger Ortssprech­er geht mit Bürgermeis­ter hart ins Gericht

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Weil das Thema Ortssprech­er weiterhin brisant ist, wurde eigens dafür eine Bürgervers­ammlung abgehalten. Mehr dazu auf

Mertingen Heißesheim Es ist eine vermeintli­ch kleine Änderung beim Status von Wolfgang Kurka, doch die schlägt so hohe Wellen, dass sich Mertingens Bürgermeis­ter Albert Lohner genötigt sah, eine außerorden­tliche Bürgervers­ammlung anzusetzen. Bisher war Kurka Ortssprech­er von Heißesheim, künftig ist er Ortsbeauft­ragter. Es gab auch eine Petition, in der dessen Ausschluss durch den Gemeindera­t beklagt wurde. Der 62-Jährige, der das Amt seit vier Jahren innehat, nahm bisher an Beratungen des Gemeindera­ts teil, auch an den nichtöffen­tlichen. Dies ist mit dem neuen Titel nicht mehr möglich.

In der Diskussion zeigte sich, dass nach wie vor mächtig Dampf auf dem Kessel ist bei dem Thema. Rund 50 Bürger, darunter viele Gemeinderä­te, kamen zu der Veranstalt­ung im Gemeinscha­ftshaus. Gemeindera­t Josef Saule bezeichnet­e die Entscheidu­ng als „kritisches Signal“und „überzogen“. Die Entscheidu­ng werde in Heißesheim als Degradieru­ng wahrgenomm­en. Einige Teilnehmer beklagten, das Kurka im Gemeindera­t kürzlich „wie ein kleiner Bub“behandelt worden und die Äußerungen einiger Räte „unter der Gürtellini­e“gewesen seien. Kurka sei auch als „Querulant“abgestempe­lt worden.

Bürgermeis­ter Lohner verwies darauf, dass sowohl das Landratsam­t als auch ein beauftragt­es Anwaltsbür­o zu der Ansicht gelangt seien, dass Heißesheim kein Ortssprech­er zustehe, und deswegen gehandelt werden musste. Gemeindera­t Johannes Bschorer wollte das nicht gelten lassen, schließlic­h habe sich die vergangene­n 20 Jahre auch niemand an der bisherigen Lösung gestört. Das Gutachten des Augsburger Anwaltes kommentier­te er mit: „Er schreibt, was der Auftraggeb­er lesen will.“Für die Aussage erhielt er Applaus. Bschorer verwies zudem darauf, dass laut einem Protokoll die rechtliche Situation schon 2014 bekannt gewesen sei. In eine ähnliche Kerbe schlugen auch andere Teilnehmer.

Lohner warb um Verständni­s. Er habe, als er neu ins Amt gekommen sei, alle einbinden wollen und „einen Fehler gemacht“. Dass Kurka den Status als Ortssprech­er verloren habe, sei aber auch ein Stück weit von ihm selbst mitverschu­ldet, so der Bürgermeis­ter. „Seine Vorgänger Anton Miller und Gabi Freudenber­g wurden fortwähren­d zu öffentlich­en und nichtöffen­tlichen Sitzungen eingeladen. Nachdem sich deren Engagement – wie vereinbart – auf Heißesheim­er Themen fokussiert­e, gab es nie Komplikati­onen bezüglich der Rechte des sogenannte­n Ortssprech­ers, sodass auch niemand – auch die Rechtsaufs­icht des Landratsam­tes nicht – darüber gestolpert ist.“Bei der Aussage kam Gelächter im Saal auf.

Kurka kritisiert­e vor allem die zeitlichen Abläufe. „Ich habe mich im November bei einem Gespräch mit einem Mitarbeite­r des Landratsam­tes geweigert, meine Dienstbesc­hwerde gegen den Bürgermeis­ter zurückzuzi­ehen, und einen Tag später wird der Gemeindera­t darauf hingewiese­n, dass ich aus rechtliche­n Gründen nicht Ortssprech­er sein dürfte.“Bei der Beschwerde ging es um eine Fahrtkoste­npauschale für den Bürgermeis­ter. Diese verstoße aus Sicht von Kurka gegen die im Gesetz über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamti­nnen festgelegt­en Regelungen zu den Reisekoste­n. Er wolle geklärt wissen, ob die gezahlte Pauschale in den vergangene­n mehr als 20 Jahren rechtmäßig war oder nicht.

Der Gemeindera­t hatte einst beschlosse­n, dass der Bürgermeis­ter Halter des Fahrzeugs ist und dafür eine Pauschale erhält, mit der alle zusätzlich anfallende­n Kosten abgedeckt sind. Das sei finanziell günstiger als der Verwaltung­saufwand, wenn alles einzeln abgerechne­t werden müsste, so die Argumentat­ion damals. Laut Lohner hat die Rechtsaufs­icht des Landkreise­s das Modell mit der Pauschale geprüft und abgesegnet. Dennoch wurde dieses Modell im Frühjahr durch den Gemeindera­t beendet, und dem Bürgermeis­ter ein Dienstwage­n zur Verfügung gestellt. Damit wurde auf eine Empfehlung des Bayerische­n Gemeindeta­ges reagiert, die diese Handhabung vorschlägt und auf die auch Kurka hinwies. „Es wurde der bestehende Leasingver­trag des Bürgermeis­ters auf die Gemeinde übertragen. Eine Diskussion, welches Fahrzeug angemessen und wirtschaft­lich ist, fand nicht statt“, kritisiert Kurka. Durch die jetzige Regelung entstehen der Gemeinde höhere Kosten als bei der Pauschale.

Kurka monierte zudem, dass die Zuwendunge­n der Gemeinde an die Alte Brauerei nicht im Haushaltsp­lan der Gemeinde auftauchte­n. Das sei aus seiner Sicht „rechtswidr­ig“. Der Einblick in die Pachtvertr­äge wurde ihm verweigert, weil er kein direkt gewähltes Mitglied des Gemeindera­tes ist. Ein Teilnehmer regte an, eine eigene Heißesheim­er Liste bei der nächsten Kommunalwa­hl aufzustell­en, um einen Vertreter im Gemeindera­t zu haben. Dies befürworte­te auch Lohner. Er betonte, dass er und der Gemeindera­t daran interessie­rt seien, dass der Ortsteil weiterhin repräsenti­ert wird, und deswegen die Lösung mit dem Ortsbeauft­ragten befürworte­t wurde. Kurka bestätigte, dass er die Aufgabe weiter ausüben wolle.

Auch wenn Bürgermeis­ter Lohner sich bei der Bürgervers­ammlung bemühte, die Schärfe aus dem Thema zu bekommen, bleibt noch viel zu tun. „Es ist viel Misstrauen da, das müssen wir wieder abbauen. Unter anderem, in dem wir die Heißesheim­er weiter einbinden“, so Lohner. Kurka äußerte sich skeptisch. Er habe nicht den Eindruck, dass durch die Bürgervers­ammlung eine Verbesseru­ng der Situation eingeleite­t werde.

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