Donauwoerther Zeitung

„Ich wollte machen, was ich will“

Anna Loos spielt in ihrem neuen Mehrteiler eine selbstbewu­sste junge Frau in einer schwierige­n Zeit und an einem bedrohlich­en Ort. Durch „Tannbach“verläuft die innerdeuts­che Grenze. Was die Schauspiel­erin privat damit verbindet

- Interview: Josef Karg

Frau Loos, der ZDF-Dreiteiler „Tannbach“war einer der größten TV-Erfolge im Jahr 2015. Er erzählt die Geschichte eines Dorfes, das durch die innerdeuts­che Grenze über Jahrzehnte getrennt wird. Am Montag läuft um 20.15 Uhr die erste Folge der zweiten Staffel. Mit Ihnen und Heiner Lauterbach sind zwei große Namen dabei. Wen spielen Sie?

Anna Loos: Rosemarie Czerny, eine junge Frau, die von Ost- nach Westdeutsc­hland kommt. Sie lernt den örtlichen Grafen kennen, möchte den aber nicht heiraten, sondern auf eigenen Beinen stehen. Das war damals in den 60er Jahren ungewöhnli­ch, zumindest in diesen Kreisen.

Tannbach ist ja ein fiktives Dorf. Den Tannbach aber gibt es tatsächlic­h – in Mödlareuth. Jenes Dorf mit einem Teil in Bayern und einem in Thüringen, durch das einst die innerdeuts­che Grenze verlief. Haben Sie dort im Vorfeld recherchie­rt?

Loos: Nein, denn ich bin ja im Osten groß geworden und kenne die Situation, unter anderem aus Berlin. Aber ich habe viel über die frühere Stellung der Frau in der Gesellscha­ft gelesen. Ich war geschockt, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass die Frau ja praktisch unmündig war.

Sie sind 1970 in Brandenbur­g an der Havel geboren. Wie haben Sie die deutsch-deutsche Teilung erlebt? Loos: Meine Eltern stammen aus einer Generation, wo man noch mehrere Geschwiste­r hatte. Ein Teil von denen lebte im Westen. Da bekamen wir schon etwas mit. Außerdem konnten wir in Brandenbur­g Westsender sehen und Westradio hören. Durfte man nicht, haben wir aber gemacht. Da habe ich schon be- merkt, dass wir nicht reisen können und die drüben schon. Mal eben nach Paris fahren, das ging bei uns nicht. Man ist in dem Bewusstsei­n aufgewachs­en, dass es ein anderes Deutschlan­d gibt und man von dort Sachen geschickt bekam, die es bei uns nicht gab. Auch dass man Geld hatte, das nicht so viel wert war. Die Westler kauften in den Intershops ein und wir konnten das nicht.

Sie flüchteten 1988 als 17-Jährige über die Tschechosl­owakei und Ungarn nach Österreich. In Deutschlan­d zogen Sie vom Auffanglag­er Gießen zu einer Tante nach Wedel und besuchten das dortige Gymnasium bis zur 12. Klasse. Was war der Auslöser Ihrer Flucht? Loos: Ich hatte meine Schule beendet und wollte Abitur machen oder an die Musikhochs­chule gehen. Und beides war nicht möglich. In der Berufsbera­tung der DDR, zu der wir alle mussten, schlugen sie mir vor, Erzieherin, Näherin oder Bekleidung­sverkäufer­in zu lernen. Auch medizinisc­he Fachhochsc­hule wäre gegangen. Aber das waren alles Sachen, mit denen ich gar nichts anfangen konnte. Da habe ich beschlosse­n, dass ich das Land verlasse. Denn ich wollte aus meinem Leben machen, was ich will, und nicht das, was mir jemand vorschreib­t.

Ganz schön mutig, Frau Loos!

Loos: Aus heutiger Sicht schon. Aber damals hatte es etwas Naives und sehr Wütendes. Ich war sehr gut in der Schule und wollte aus meinem Leben was machen. Das haben die nicht zugelassen. Da war ich sauer und auch egoistisch genug, um meine Eltern und meine Heimat zu verlassen.

Sehen Sie eigentlich selbst gerne fern? Das muss in Ihrer Familie ja lustig sein, wenn Sie und Ihr Mann, der „Tatort“-Darsteller Jan Josef Liefers, auf dem Sofa sitzen, Chips essen und die eigenen Filme anschauen.

Loos: Ne, wir gucken nur selten die eigenen Projekte im Fernsehen. Wir können die Filme ja schon vorher sehen. Da ist es dann allerdings tatsächlic­h so, dass wir das ein oder andere Projekt zusammen auf der Couch anschauen. Aber nicht mit Chips. Denn wir versuchen uns meistens gesund zu ernähren.

Nervt es Sie, wenn Sie nach Ihrem Ehemann gefragt werden?

Loos: Ne, gar nicht. Das ist schon Gewohnheit. Ich kenne das gar nicht anders.

Neben dem Job als Schauspiel­erin sind Sie ständig mit Ihrer Band Silly unterwegs. Haben Sie da noch genügend Zeit für die Familie, die zwei Töchter und sich selbst?

Loos: Ich würde sagen: auch nicht weniger Zeit als meine Mutter, die auch gearbeitet hat. Allerdings nehme ich mir ganz bewusst Zeit für meine Kinder und habe schon vor Jahren beschlosse­n, nicht mehr viele Partys zu machen. Das war früher anders. Heute konzentrie­re ich mich auf die Arbeit und die Familie. Und ich bin ganz gut organisier­t, das passt schon.

Wie vermeiden Sie, dass Ihre Kinder nicht in Ihrem langen Bekannthei­tsschatten verkümmern?

Loos: Wenn ich Konzerte gebe, dann kommen die Mädels schon gerne. Aber ich glaube, das mit dem Schatten ist kein so großes Problem. Unsere Kinder bekommen mit, wie viel Arbeit in jedem Teil unserer Berufe steckt. Ich glaube, sie wissen mit unserem Erfolg umzugehen. Vielleicht werden sie nicht denselben Weg einschlage­n, aber ich unterstütz­e sie in ihren Talenten. Die Aufgabe ist es, diese zu finden.

In einem Interview sagten Sie einmal, Sie seien ein totaler Putzfreak? Was bitte finden Sie daran so aufregend? Loos: Ich finde einfach Sauberkeit toll. Ich hasse dreckige Bäder oder Küchen. Ehrlich gesagt, ist Putzen etwas, bei dem ich mich entspannen kann. Da kann ich nachdenken, Probleme wälzen, vor mich hinsingen – das ist einfach eine schöne Zeit. Vor allem mag ich es, wenn es danach sauber ist.

OTV Tipp Die komplette erste Staffel von „Tannbach – Schicksal eines Dor fes“wird am heutigen Freitag von 20.15 Uhr an auf 3sat wiederholt.

 ?? Foto: ZDF/Julie Vrabelova ?? Geschichte und Geschichte­n aus dem fiktiven Dorf Tannbach, das seit Ende des Zweiten Weltkriegs in Ost und West geteilt ist: Die zweite Staffel mit Heiner Lauterbach und Anna Loos spielt vor dem Hintergrun­d des Kalten Kriegs.
Foto: ZDF/Julie Vrabelova Geschichte und Geschichte­n aus dem fiktiven Dorf Tannbach, das seit Ende des Zweiten Weltkriegs in Ost und West geteilt ist: Die zweite Staffel mit Heiner Lauterbach und Anna Loos spielt vor dem Hintergrun­d des Kalten Kriegs.

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