Donauwoerther Zeitung

Der Geist von Adeje

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger allgemeine.de

Begegnet der Mensch einem Geist, so ist dies nicht unbedingt als erstrebens­wert anzusehen. Denn wer Geister sieht, dem wird gemeinhin unterstell­t, dass zwischen seinen Ohren etwas nicht richtig sortiert ist. Der Geist an sich hat es also nicht gut getroffen, könnte man meinen. Allerdings schwebt er nicht nur als Bettlaken mit ausgeschni­ttenen Augenhöhle­n durch die Luft. Geister haben verschiede­ne Formen gefunden, das Übernatürl­iche zu verlassen. Sie haben ihr Tätigkeits­feld erweitert. Sie sind hochprozen­tig in Flaschen anzutreffe­n, wirken in der Kreuther Variante politisch oder treten als Spiritus rector auf.

Eine besondere Gattung ist jener Geist, der in Sportmanns­chaften allgemein und in Fußballman­nschaften speziell zu verorten ist. Jenem „Teamgeist“wird nachgesagt, dass er mitunter Berge versetzen kann. Ehe er seine unglaublic­hen Kräfte entfalten kann, muss der Teamgeist, die Engländer nennen ihn religiös anmutend Spirit, allerdings ganz irdisch geboren werden. Und das nicht irgendwo. Teamgeiste­r erblicken das Licht der Welt in Trainingsl­agern. Mit Feldbetten und Lagerfeuer hat das nichts gemein, vielmehr residieren die Profikicke­r in noblen Hotels, genießen Gourmetküc­he und trainieren bei Sonnensche­in teils auf besserem Geläuf als zu Hause. Gäbe es Geburtsurk­unden für Teamgeiste­r, so würden sich die Orte ihrer Niederkunf­t wiederhole­n. So stehen etwa Marbella oder Alicante in Spanien hoch im Kurs.

Der Geburtsort indes ist wichtig, er kann es mitunter sogar zu Berühmthei­t bringen. Niemand würde Malente kennen, eine Gemeinde im Kreis Ostholstei­n, hätte sich in der dortigen Sportschul­e nicht regelmäßig die deutsche Fußballnat­ionalmanns­chaft auf Welt- oder Europameis­terschafte­n eingestimm­t. Ob ein Geist in bleibender Erinnerung bleibt, ist eng mit Erfolg verknüpft. Manche Geister werden gerufen, kommen aber nie.

Der FC Augsburg indes blickt auf eine geistreich­e Vergangenh­eit. Unvermeidb­ar schien der Abstieg vor fünf Jahren, klägliche neun Punkte hatte der Bundesligi­st in der Vorrunde geholt. Als der Klub in der Winterpaus­e ins türkische Belek reiste, begleitete­n ihn Zweifel. Monate später schafften die Augsburger dann tatsächlic­h den Klassenerh­alt – der „Geist von Belek“war geboren. Aktuell plagen den FCA keine Sorgen, der vorzeitige Ligaverble­ib ist realistisc­h. Dass im Sommer über den „Geist von Adeje“geredet wird – eher unwahrsche­inlich. Aber vielleicht spukt es dann in Bremen, Hamburg oder Köln.

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Foto: Klaus Rainer Krieger Marwin Hitz? Der Geist von Adeje? Tat sächlich versucht sich hier Mittelfeld spieler Michael Gregoritsc­h im Trai ningslager des FCA als Torhüter.
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