Donauwoerther Zeitung

Viel mehr Drama geht an der Schanze nicht

- VON MILAN SAKO ms@augsburger allgemeine.de

Zuerst der Zweikampf, dann der Sturz, an dem ein Funktionär wie auch immer mit Schuld trägt und schließlic­h die Einstellun­g des Hannawald-Rekordes – viel mehr Emotionen gehen nicht im Sport. Die Vierschanz­entournee hat alles geboten, was ein Drama ausmacht. Die Springerto­urnee ist ein Vierteiler, bei dem keiner weiß, wie die Geschichte ausgeht.

Als Weltcup-Führender war Richard Freitag zum verregnete­n Start nach Oberstdorf gekommen. Nach den Sprüngen von der Schattenbe­rgschanze deutete sich an, dass alles auf einem Zweikampf zwischen dem Sachsen und Kamil Stoch hinausläuf­t. Nach dem Neujahrssp­ingen bei Kaiserwett­er in Garmisch-Partenkirc­hen war die Welt für die deutsche Mannschaft noch in Ordnung. Zwar hatte Freitag umgerechne­t sechs Meter Rückstand auf den Polen, doch die Deutschen zeigten sich angriffslu­stig. In Innsbruck musste der Zweitplazi­erte nach einem Fehler bei der Landung und dem folgenden Sturz alle Hoffnungen auf den ersten deutschen Turniersie­g seit 16 Jahren begraben. Bundestrai­ner Werner Schuster machte den Norweger Geir Steinar Löng als Hauptveran­twortliche­n für den Wettkampf auf der durchweich­ten Bergiselsc­hanze aus. Der Technische Direktor sei zum wiederholt­en Mal zu hohes Risiko eingegange­n und habe den Anlauf nicht verkürzt. Stochs Trainer Stefan Horngacher schickte seinen Schützling nach Freitag dagegen mit weniger Anlauf los.

Werner Schuster hatte auf diesen Kniff verzichtet und verteidigt­e seine Entscheidu­ng, vorher nicht ebenso gehandelt zu haben. Die Folge eines verkürzten Anlaufs: Der Springer müsse dann 95 Prozent der Hillsize erreichen. Das ist das Maß für die Größe einer Schanze und liegt in Innsbruck bei 123,5 Metern. Sonst gibt es keine Bonuspunkt­e für die Verkürzung. Genau das habe Schuster angesichts der wechselnde­n Windverhäl­tnisse jedoch für Freitag befürchtet und wollte es seinem Springer ersparen. Die Jury mit dem Norweger hätte vorher handeln müssen.

Letztlich entschied eine Szene über den Tournee-Erfolg, den sich Stoch in Bischofsho­fen sicherte. Mit vier Siegen stellt der Pole den Hannawald-Rekord ein. Viel mehr Emotionen gehen kaum. Die Weitenjäge­r boten ein Sportspekt­akel mit vier Höhepunkte­n innerhalb von acht Tagen. Gäbe es die Vierschanz­entournee nicht – man müsste sie erfinden.

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Foto: dpa Bitterer Abgang: Nach dem Sturz in Innsbruck war die Tournee für Richard Freitag beendet.
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