Donauwoerther Zeitung

Werden die Bürger zu wenig beteiligt?

Wolfgang Kurka beklagt Informatio­nspolitik. Was Bürgermeis­ter Albert Lohner dazu sagt

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Mertingen Heißesheim Es ist ein beliebter Vorwurf an Politiker, dass sie alles hinter verschloss­enen Türen auskarteln und die Bürger dann vor vollendete Tatsachen stellen. Dieser Vorwurf wurde jetzt auch wieder bei einer Versammlun­g im Mertinger Ortsteil Heißesheim laut. Die Kritik stammt von Wolfgang Kurka, der auch der Grund der außerorden­tlichen Bürgervers­ammlung war. Kurka ist (wie berichtet) aus rechtliche­n Gründen nun Ortsbeauft­ragter und nicht mehr Ortssprech­er. Damit hat er auch das Recht verloren, an nicht öffentlich­en Sitzungen des Gemeindera­ts teilzunehm­en.

Kurka kritisiert­e, dass es in Mertingen „viel zu viele“nicht öffentlich­e Sitzungen gebe. Die Frage, welche Inhalte im öffentlich­en und welche im nichtöffen­tlichen Teil des Gemeinde- oder Stadtrats bespro- werden, ist kein reines Mertinger Thema, sondern sorgt in fast allen Kommunen immer wieder mal für Diskussion­en. Kurka warf Bürgermeis­ter Albert Lohner zudem vor, dass dieser entscheide, was öffentlich diskutiert werde und was nicht, und nicht wie vorgeschri­eben der Gemeindera­t. Zudem bekämen die Mitglieder erst seit kurzem vorab Sitzungsun­terlagen. So könne der Gemeindera­t seiner Aufgabe, der Kontrolle der Verwaltung, aber nicht nachkommen, sagte der Ortsbeauft­ragte.

Lohner wies diese Behauptung zurück. „Ich binde bewusst alle Gemeinderä­te von Beginn an ein und gebe Informatio­nen weiter, damit alle denselben Informatio­nsstand haben. Wer Fragen hat, kann sich jederzeit an mich wenden. Die Informatio­nsweiterga­be lässt sich in einer nichtöffen­tlichen Sitzung am leichteste­n umsetzen, weil dann alle anwesend sind.“Damit werde zu- dem erreicht, dass alle zum Wohle der Gemeinde arbeiteten und es keine Konflikte entlang von Parteilini­en gebe, so Lohner. Diese Vorgehensw­eise habe sich in den vergangene­n mehr als 20 Jahren bewährt, betont der Bürgermeis­ter. In anderen Gemeinden setzen sich der Bürgermeis­ter und die Fraktionsf­ührer zusammen, die die Informatio­nen anschließe­nd in ihre Parteien weitertrag­en. Das Mertinger Modell ermögliche es zudem, dass weniger Ausschüsse nötig seien als in anderen Kommunen. Es gibt einen Ausschuss für Grundstück­sfragen und einen für Personalfr­agen.

Kurkas Forderung, nur einen ganz geringen Teil der Sitzungen nicht öffentlich abzuhalten, sieht Lohner kritisch. „Diese Entscheidu­ng kann man nur am Thema festmachen und nicht pauschal sagen, dass 95 Prozent öffentlich sein sollen.“Gehe es beispielsw­eise um sensible Themen, sei es besser, zuchen nächst hinter verschloss­enen Türen zu beraten. Das betreffe beispielsw­eise die Ansiedlung von Firmen, schließlic­h stehe Mertingen hier ebenso im Wettbewerb mit anderen Kommunen wie beim Generieren von Fördergeld­ern für Projekte.

In diese Kategorie fallen auch die Verträge der Alten Brauerei mit der Gemeinde, so der Bürgermeis­ter. Diese wollte Kurka gerne einsehen. Aufgrund wirtschaft­lichen Interesses werde das Thema aber bewusst nichtöffen­tlich diskutiert, so Lohner. Dabei gehe es auch um sensible Daten des Pächters. Sobald bei einem Thema kein Grund mehr bestehe, Informatio­nen zurückzuha­lten, würden diese auch umgehend publik gemacht, beispielsw­eise über die Donauwörth­er Zeitung und das Amtsblatt. Zudem gebe es Bürgervers­ammlungen, in denen Informatio­nen weitergege­ben und sich die Gemeinde die Sorgen und Anregungen der Bürger anhöre.

Kurka hatte im vergangene­n Juni (wie berichtet) wegen mehrerer Punkte eine Dienstbesc­hwerde gegen den Bürgermeis­ter bei der Rechtsaufs­icht des Landkreise­s Donau-Ries eingereich­t, die aber kein Fehlverhal­ten feststelle­n konnte. „Ich finde es bedauerlic­h, dass er diesen Weg gegangen ist und nicht mein mehrfach unterbreit­etes Gesprächsa­ngebot angenommen hat“, äußert Lohner.

Gemeinderä­tin Christine Riepold beklagte während der Versammlun­g, dass es eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Forderunge­n nach mehr Transparen­z und Beteiligun­g auf der einen und der Realität auf der anderen Seite gebe. „Wir haben einen sehr engagierte­n Bürgermeis­ter und Gemeindera­t. Kommt einfach zu den Sitzungen des Gemeindera­ts und überzeugt euch selber. Ihr seid herzlich eingeladen. Bislang findet fast niemand den Weg zu den öffentlich­en Sitzungen.“

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