Werden die Bürger zu wenig beteiligt?
Wolfgang Kurka beklagt Informationspolitik. Was Bürgermeister Albert Lohner dazu sagt
Mertingen Heißesheim Es ist ein beliebter Vorwurf an Politiker, dass sie alles hinter verschlossenen Türen auskarteln und die Bürger dann vor vollendete Tatsachen stellen. Dieser Vorwurf wurde jetzt auch wieder bei einer Versammlung im Mertinger Ortsteil Heißesheim laut. Die Kritik stammt von Wolfgang Kurka, der auch der Grund der außerordentlichen Bürgerversammlung war. Kurka ist (wie berichtet) aus rechtlichen Gründen nun Ortsbeauftragter und nicht mehr Ortssprecher. Damit hat er auch das Recht verloren, an nicht öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats teilzunehmen.
Kurka kritisierte, dass es in Mertingen „viel zu viele“nicht öffentliche Sitzungen gebe. Die Frage, welche Inhalte im öffentlichen und welche im nichtöffentlichen Teil des Gemeinde- oder Stadtrats bespro- werden, ist kein reines Mertinger Thema, sondern sorgt in fast allen Kommunen immer wieder mal für Diskussionen. Kurka warf Bürgermeister Albert Lohner zudem vor, dass dieser entscheide, was öffentlich diskutiert werde und was nicht, und nicht wie vorgeschrieben der Gemeinderat. Zudem bekämen die Mitglieder erst seit kurzem vorab Sitzungsunterlagen. So könne der Gemeinderat seiner Aufgabe, der Kontrolle der Verwaltung, aber nicht nachkommen, sagte der Ortsbeauftragte.
Lohner wies diese Behauptung zurück. „Ich binde bewusst alle Gemeinderäte von Beginn an ein und gebe Informationen weiter, damit alle denselben Informationsstand haben. Wer Fragen hat, kann sich jederzeit an mich wenden. Die Informationsweitergabe lässt sich in einer nichtöffentlichen Sitzung am leichtesten umsetzen, weil dann alle anwesend sind.“Damit werde zu- dem erreicht, dass alle zum Wohle der Gemeinde arbeiteten und es keine Konflikte entlang von Parteilinien gebe, so Lohner. Diese Vorgehensweise habe sich in den vergangenen mehr als 20 Jahren bewährt, betont der Bürgermeister. In anderen Gemeinden setzen sich der Bürgermeister und die Fraktionsführer zusammen, die die Informationen anschließend in ihre Parteien weitertragen. Das Mertinger Modell ermögliche es zudem, dass weniger Ausschüsse nötig seien als in anderen Kommunen. Es gibt einen Ausschuss für Grundstücksfragen und einen für Personalfragen.
Kurkas Forderung, nur einen ganz geringen Teil der Sitzungen nicht öffentlich abzuhalten, sieht Lohner kritisch. „Diese Entscheidung kann man nur am Thema festmachen und nicht pauschal sagen, dass 95 Prozent öffentlich sein sollen.“Gehe es beispielsweise um sensible Themen, sei es besser, zuchen nächst hinter verschlossenen Türen zu beraten. Das betreffe beispielsweise die Ansiedlung von Firmen, schließlich stehe Mertingen hier ebenso im Wettbewerb mit anderen Kommunen wie beim Generieren von Fördergeldern für Projekte.
In diese Kategorie fallen auch die Verträge der Alten Brauerei mit der Gemeinde, so der Bürgermeister. Diese wollte Kurka gerne einsehen. Aufgrund wirtschaftlichen Interesses werde das Thema aber bewusst nichtöffentlich diskutiert, so Lohner. Dabei gehe es auch um sensible Daten des Pächters. Sobald bei einem Thema kein Grund mehr bestehe, Informationen zurückzuhalten, würden diese auch umgehend publik gemacht, beispielsweise über die Donauwörther Zeitung und das Amtsblatt. Zudem gebe es Bürgerversammlungen, in denen Informationen weitergegeben und sich die Gemeinde die Sorgen und Anregungen der Bürger anhöre.
Kurka hatte im vergangenen Juni (wie berichtet) wegen mehrerer Punkte eine Dienstbeschwerde gegen den Bürgermeister bei der Rechtsaufsicht des Landkreises Donau-Ries eingereicht, die aber kein Fehlverhalten feststellen konnte. „Ich finde es bedauerlich, dass er diesen Weg gegangen ist und nicht mein mehrfach unterbreitetes Gesprächsangebot angenommen hat“, äußert Lohner.
Gemeinderätin Christine Riepold beklagte während der Versammlung, dass es eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Forderungen nach mehr Transparenz und Beteiligung auf der einen und der Realität auf der anderen Seite gebe. „Wir haben einen sehr engagierten Bürgermeister und Gemeinderat. Kommt einfach zu den Sitzungen des Gemeinderats und überzeugt euch selber. Ihr seid herzlich eingeladen. Bislang findet fast niemand den Weg zu den öffentlichen Sitzungen.“