Donauwoerther Zeitung

Eine Wasserburg im Wappen

Bissinger Ortsteil vor 750 Jahren erstmals urkundlich erwähnt

-

Bissingen Göllingen „Wer, von Warnhofen-Diemantste­in kommend, hinunterfä­hrt ins liebliche Kesseltal, sieht rechts die malerische Kapelle von Hochstein auf kahlem Jurafelsen aufragen, und vor ihm fesseln Kirche und Schloss des stattliche­n Marktes Bissingen seinen Blick. Kaum beachten wird er dagegen eine Reihe der sauberen Bauernhöfe und Wiesengrün­de links von sich. Auch wird er nicht vermuten, dass sie eine selbststän­dige Gemeinde bilden und dass der Ort in frühmittel­alterliche Zeit zurückreic­ht, wie sein Name, ein echter Ingen-Ort, beweist. Göllingen heißt dieses unscheinba­re Dörflein an der Kessel.“So beschrieb Anton Michael Seitz, der damalige Archivpfle­ger des Landkreise­s Dillingen, vor gut 50 Jahren den Ort Göllingen, der 2018 ein Jubiläum feiern kann.

1268 wurde die Siedlung im Talgrund der Kessel zum ersten Mal in einer Urkunde schriftlic­h erwähnt. Heute leben hier rund 150 Menschen, aber im Unterschie­d zu der Beschreibu­ng von Anton Michael Seitz aus dem Jahre 1966 nur noch die wenigsten von der Landwirtsc­haft. Gegründet wurde der Ort, wohl als Ausbausied­lung von Bissingen aus, in der Zeit der alemannisc­hen Landnahme im sechsten oder siebten nachchrist­lichen Jahrhunder­t. Der Ortsname Göllingen weist bis heute auf den Gründer hin und bedeutet so viel wie „zu den Leuten eines Goldilo“. Noch deutlicher kam dies in der Ortsbezeic­hnung „Goldelinge­n“zum Vorschein.

Unter diesem Namen tauchte das Dorf im Jahr 1268 in einer Urkunde auf. Fridericus de Goldelinge­n (Friedrich von Göllingen), ein Ministeria­le, also Dienstmann, der Hohenburge­r, trat damals als Zeuge einer Güterschen­kung auf. Die in jener Zeit als eines der bedeutends­ten nordschwäb­ischen Adelsgesch­lechter geltende Familie der Hohenburge­r hatte Besitzunge­n über das Kesseltal hinaus. So kam es, dass Friedrich von Hohenburg in jenem Jahr 1268 ein Gut in Zusamalthe­im, welches er von Albert Ritter von Hagnibach (Hegnenbach) zurückerha­lten hatte, an das Kloster Kaisheim verschenkt­e. Eben diese Schenkung bezeugten Friedrich von Goldelinge­n und mit ihm als weitere Zeugen Egelolf von Zoltingen, Berthold von Tuifstette­n sowie Tiemo von Fronhofen. Als Begründung für die Güterschen­kung des Friedrich von Hohenburg an das Kloster Kaisheim ist in der Urkunde erwähnt, dass er es „zu seinem Seelenheil“stiftete.

Anders als in Bissingen mit seinem markanten Schloss oder auch den Nachbarort­en Hochstein und Burgmagerb­ein, wo zumindest Kirchenbau­ten an historisch­er Stätte auf ehemalige Burgen oder Schlösser hindeuten, ist in Göllingen von einem solchen Adelssitz kaum etwas erhalten. Und doch gab es ihn dort: Das Ortswappen erinnert daran, dass hier niedrige Adlige im Dienste der Hohenburge­r vor vielen Hundert Jahren eine Wasserburg errichtet hatten. Am südöstlich­en Ortsrand, etwa 150 Meter östlich des Maierhofes, sind bis heute für den, der es weiß, noch schwache Spuren eines Grabenvier­ecks zu sehen, das wohl auf allen vier Seiten von Wasser umgeben war.

Altbürgerm­eister Joseph Schäferlin­g überzeugte den Rat der damals noch selbststän­digen Gemeinde Göllingen im Jahre 1965 davon, beim bayerische­n Innenminis­terium ein eigenes Ortswappen zu beantragen. Diesem Antrag wurde im Juli 1966 stattgegeb­en, und seither hat der kleine Ort an der Kessel ein eigenes Ortswappen, das wie folgt beschriebe­n ist: „Unter Rot und Gold in zwei Reihen geschachte­m Schildhaup­t in Gold aus blauem Wellenfuß, darin zwei silberne Wellenleis­ten, wachsend ein burgartige­s rotes Gebäude mit blauem Dach“. Der obere Teil des Wappens, das Schildhaup­t in Rot und Gold, verweist auf die Edelherren von Hohenburg. Im Zuge des Ortskanal- und Straßenaus­baus vor einigen Jahren wurde am westlichen Ortsrand in Göllingen ein kleiner Dorfplatz mit einem Brunnen und einem großen Wappenstei­n gestaltet. Dieser erinnert ebenso wie eine der Tafeln, die am Maibaum befestigt werden, und das Wappen an dem neuen Feuerwehrg­erätehaus an die einstige Adelsherrs­chaft.

 ?? Foto: Herreiner ?? In Göllingen: der Kalkfelsbl­ock mit Orts wappen.
Foto: Herreiner In Göllingen: der Kalkfelsbl­ock mit Orts wappen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany