Wirbel um Flüchtlings Doku im Kinderkanal
Werden im öffentlich-rechtlichen KiKA Werte eines konservativen Islam propagiert?
Augsburg Eine Doku, die im öffentlich-rechtlichen Kinderkanal KiKA lief, sorgt für erhitzte Diskussionen: In dem 24-minütigen Film „Malvina, Diaa und die Liebe“sprechen die 16-jährige Malvina aus dem hessischen Fulda, eine Deutsche, und Diaa, ein aus Aleppo geflüchteter Syrer, über ihre seit 17 Monaten andauernde Liebesbeziehung. Viele Aussagen des Muslim Diaa lösen jedoch Streit aus, ob er einen konservativen Islam propagiert.
In dem Film sagt Diaa: „Sie gehört mir.“Oder: „Ohne Religion hast du keine Regeln und hast kein Leben, glaub’ ich.“Er wolle Malvina „so schnell wie möglich heiraten“. Die 16-Jährige hatte den Syrer in einer Flüchtlingsunterkunft kennengelernt, in der sie Deutschunterricht gab. Schon zu Beginn des Films sagt sie: „Ich hab’ das Problem mit ihm, dass ich oft in eine Richtung gelenkt werde, in die ich gar nicht kommen möchte.“Das bedeute: „Ich darf keine kurzen Sachen anziehen.“Diaa erwidert: „Ich kann so was nicht akzeptieren, dass meine Frau so aussieht“, also kurze Kleider trägt. Dies sei „total schwierig für mich oder für arabische Männer“. Einordnende Kommentare fehlen, die Doku besteht nur aus O-Tönen. Die Produktion des Hessischen Rundfunks (hr) wurde am 26. November um 20.35 Uhr im KiKA ausgestrahlt. Zum Aufreger wurde sie mit zeitlicher Verzögerung in sozialen Netzwerken, unter anderem, weil der KiKA in einem Begleittext geschrieben hatte, der Vollbart tragende Syrer sei 17 – Zuschauern kam er aber deutlich älter vor.
Das ist er. Am Montagnachmittag entschuldigte sich der KiKA „für einen Fehler in Bildunterschriften“: Recherche und Drehbeginn „lagen am Beginn 2017. Diaa war zu der Zeit 19 Jahre alt.“Die Diskussionen endeten damit nicht, zumal der Film vorm Hintergrund der Debatte um die Altersbestimmung von Flüchtlingen betrachtet wird. Der AfDBundestagsabgeordnete Dirk Spaniel stellte sogar einen Zusammenhang mit „Kandel“her. Dort hatte ein junger Flüchtling aus Afghanistan seine 15-jährige Ex-Freundin Mia erstochen. Spaniel sprach von „unerträglicher und gefährlicher Propaganda der Staatsmedien“.
Neben Unionspolitikern kritisierte auch FDP-Vize Wolfgang Kubicki, dass Kindern „ohne pädagogische Begleitung kulturelle Konflikte anhand einer Liebesbeziehung“nahegebracht werden sollen.
In der ARD häufen sich derweil die Beschwerden über die Doku, die sich an Zehn- bis 13-Jährige richtete. Nach Recherchen unserer Zeitung sind alleine beim MDR, der die Federführung über den KiKA hat, bislang „zehn Publikumsanfragen“eingegangen; beim Rundfunkrat des
MDR, dem Kontrollgremium des Senders, „circa zehn Beschwerden“.
Arne Kapitza, Leitung Bereich Intendanz des hr, sagte: „Der Intendant wird auf Programmbeschwerden eingehen.“Tanja Nadig, die die Doku für den hr redaktionell betreute, erklärte: „Der hr hat sich an alle journalistischen und ethischen Regeln gehalten. Nichts wurde gescriptet, keine Szene wurde gestellt.“Die Münchner Medienexpertin Maya Götz sagte: Die Doku gewinne ihre Stärke „aus den authentischen Aussagen der Protagonisten“und werde „vermutlich von Mädchen vor allem als Warnung gelesen“.