„Der Obmann muss sich auch mal was trauen“
Wolfgang Beck und sein Stellvertreter Hans Breuer leiten seit 2010 die Schiedsrichtergruppe Nordschwaben. Nun geben sie ihre Ämter ab. Über Vertrauen, Aggressivität auf dem Platz und das Problem von Futsal
Herr Beck, Herr Breuer, jetzt mal Hand aufs Herz: Wie traurig oder froh sind sie, nach acht Jahren nun ihre Ämter abzugeben?
Hans Breuer: Ich bin schwer deprimiert (lacht).
Wolfgang Beck: Es gibt sicher ein lachendes und ein weinendes Auge. Aber ich mache mir keine Sorgen, der Zustand der Schiedsrichtergruppe ist blendend.
Das heißt, Sie sind zufrieden mit Ihrer Amtszeit?
Breuer: Ein Spitzenschiedsrichter fehlt uns, nachdem Steffen Grimmeißen, der in der Regionalliga pfeift, zur Gruppe Neuburg gewechselt ist, aber das ist kein Problem für uns. Wir haben derzeit 187 Schiedsrichter, 137 davon sind aktiv. Zwei pfeifen in der Landesliga, fünf in der Bezirksliga. Ich finde; mit dieser Bilanz kann man sich sehen lassen. Mittlerweile sind wir das Aushängeschild im Kreis Donau.
Sie hinterlassen also ziemlich große Fußstapfen. Wer muss sie von nun an füllen?
Beck: Tobias Heuberger war bislang Lehrwart und wird nun neuer Obmann. Sein Stellvertreter wird Markus Bauer und den Posten des neuen Lehrwartes übernimmt Manuel Lösch.
Was können Sie ihren Nachfolgern mit auf den Weg geben?
Beck: Wir müssen ihnen nicht viel mitgeben. Tobias Heuberger war ja die vergangenen Jahre schon als Lehrwart mit im Team, hat die Veränderungen in der Gruppe mitbestimmt. Aber jetzt ist auch der Zeitpunkt etwas Neues zu versuchen. Breuer: Genau, Stillstand ist Rückschritt. Auch wenn ich generell rate unsere Linie fortzusetzen, da wir schon ziemlich erfolgreich waren. Der Obmann muss sich auch mal was trauen. Aber das kann Tobias, schließlich ist er bereits Funktionär im Bayerischen Fußball-Verband.
Trotzdem muss er sicher noch ein wenig mehr Zeit für den neuen Posten einplanen.
Beck: Das Amt erfordert einen extremen Zeitaufwand, zumindest so, wie Hans Breuer und ich das betrieben haben. Pro Tag nimmt das etwa eine Stunde Zeit in Anspruch. Und wenn ich mal drei Tage nichts mache, dann sitze ich dafür am Tag darauf vier Stunden lang.
Was war Ihre Hauptaufgabe?
Beck: Die Einteilung der Schiedsrichter ist das Wichtigste, denn darüber muss man sie zufriedenstellen. Dadurch wird das Klima in der Gruppe bestimmt. Diese Aufgabe haben nur Hans Breuer und ich übernommen.
Man hätte die Arbeit doch sicher auch auf mehr Leute verteilen können. Beck: Das kann man leider nicht auf sehr vielen Schultern verteilen, denn es ist eine Sache des Vertrauens. Das bedeutet zwar einen hohen Zeitaufwand, aber so hatten wir alles im Griff. Es musste immer einer von uns beiden erreichbar sein, falls es irgendwo Probleme gab oder jemand ausfiel. Wir haben unsere Urlaube und sogar Wochentage miteinander abgesprochen. Reden da zu viele Leute mit, gibt es Chaos. Breuer: Wir verstehen uns auch privat gut. Wenn man nicht miteinander kann, funktioniert es nicht. Im Ehrenamt wäre das fatal. Und wenn ich einmal rumschreie, dann reagiert er mit stoischer Ruhe (lacht).
Beck: Wir ergänzen uns da sehr gut.
Was ist die größte Herausforderung für den Schiedsrichter-Obmann und seinen Stellvertreter?
Beck: Das ist sicher die Einteilung der Schiedsrichter auf menschlicher Basis. Man kann ja einteilen wie man will, sollte aber auf jeden Fall die Ausgewogenheit dabei beachten und etwa Spitzenschiris auch mal in den unteren Klassen pfeifen lassen. Breuer: Im Ehrenamtsbereich muss man auch manchmal Personalentscheidungen treffen, die wehtun, an denen vielleicht sogar Freundschaften zerbrechen. Wie hat sich die Gruppe Nordschwaben in den vergangenen Jahren entwickelt?
Breuer: Das steht und fällt mit den Neulingen. Die vergangenen drei Jahre hat sich die Gruppe da gut entwickelt. Wir konnten die Anzahl der aktiven Schiedsrichter halten.
Beck: Wir haben die Verfügbarkeit unserer Schiedsrichter sogar um zehn Prozent steigern können. Zu Beginn meiner Amtszeit mussten wir noch teilweise Schiedsrichter für zwei Spiele an einem Tag besetzen. Wir mussten 2010 schon Neulingslehrgänge absagen, da es keine Teilnehmer gab. Die vergangenen drei Jahre hatten wir immer etwa 14 Teilnehmer. Die Schiedsrichter werden ja auch älter, trotzdem geht der Altersschnitt nach unten. Das zeigt, es wurde genügend Nachwuchs rekrutiert. Und auch das Klima in der Gruppe Nordschwaben ist sehr gut.
Wie macht sich das bemerkbar?
Beck: Wir beobachten eine richtige Cliquenbildung, wie in einer Fußballmannschaft. Die jungen Schiedsrichter treffen sich auch in ihrer Freizeit, besprechen untereinander, wo sie pfeifen, wo es Probleme gibt.
Breuer: Wir wollen die Älteren und die Jungen aber auch zusammenbringen. Das ist in den vergangenen Jahren auch sehr viel besser geworden. Die erfahreneren Schiris kommen etwa zu den Neulingslehrgängen oder nehmen Neueinsteiger als Linienrichter mit zu ihren Spielen.
Dort ist es insbesondere für unerfahrene Schiedsrichter nicht immer leicht. Die zunehmende Aggressivität im Fußball wurde ja schon häufig thematisiert. Beck: Emotionen gehören zum Fußball aber sie müssen auch gezügelt werden. Heutzutage wird vieles davon in das Privatleben mitgenommen. Trainer und Spieler werden schon vor einer Partie unter Druck gesetzt und bringen diesen Druck dann mit auf den Platz.
Breuer: Wir merken, dass die Leute heute viel aggressiver sind. Das waren sie früher auch, aber da hat man sich nach dem Spiel wieder vertragen. Heute wird einem viel nachgetragen. Der Fußball und die Zeit danach müssen aber getrennt werden.
Zurzeit ist Winterpause, also Zeit für Hallenfußball oder vielmehr Futsal. Dieser bereitet immer noch Probleme bei Spielern und Fans, und das nicht nur wegen des Regelwerks...
Beck: Bei den Vorrundenturnieren zur schwäbischen Meisterschaft hat man größtenteils gute Qualität gesehen, da hier höherklassige Teams spielen. In den unteren Klassen haben die Trainer festgestellt, dass man mit einer defensiven Aufstellung in einem Turnier weit kommen kann. Wie etwa bei der Endrunde der Kreismeisterschaft am vergangenen Wochenende in Nördlingen. Der TSV Wolferstadt kam hier mit nur einem geschossenen Tor ins Halbfinale (zweimal 0:0, einmal 1:0,
die Redaktion). Das ist für die Zuschauer nicht attraktiv. Die Spieler im Kreis wünschen sich mehrheitlich wieder den Hallenfußball zurück, bei dem mit Bande gespielt werden darf. Der Ball ist hier immer im Spiel, das vermittelt das Gefühl, dass immer etwas los ist. Es fallen auch mehr Tore. Und eine Mannschaft kann eine 2:0-Führung nicht so leicht verwalten wie im Futsal. Breuer: Das Problem ist auch, dass der Verband einfach festgelegt hat, dass nun Futsal gespielt wird und die Vereine konnten sich nicht wehren. Viele hatten eine teure Bande gekauft, die dann nutzlos wurde.
Ein Futsalturnier bildete auch den Rahmen für Ihren letzten gemeinsamen Einsatz. Ein emotionaler Moment?
Beck: Futsal ist regeltechnisch so anspruchsvoll, da blieb mir gar keine Zeit emotional zu werden (lacht). Breuer: Bei mir war es da schon emotionaler. Aber meine aktive Schiedsrichterzeit geht auch langsam dem Ende entgegen.
Wird man Sie also in Zukunft weniger häufig auf dem Platz sehen?
Breuer: Ich bin 70 und habe nicht den Anspruch ältester aktiver Schiri zu sein (lacht).
Beck: Ich gehe schon davon aus, dass ich noch weiter pfeife.
Was machen Sie nun mit der neuen Freizeit?
Breuer: So viel mehr Freizeit wird es nicht geben. Ich übernehme eine Aufgabe im Fußball-Kreis Donau, aber das wird erst im Februar offiziell.
Beck: Ich werde mir noch ein paar Stadien in Deutschland ansehen, in denen ich noch nicht war. Etwa den Borrussenpark in Mönchengladbach und die Commerzbank-Arena in Frankfurt. Aber auch ich bleibe dem BFV erhalten. Ich werde ab 1. Juli ins Beobachtungswesen auf Bezirksebene einsteigen. Wer mich kennt, weiß aber auch, dass ich weiter auf Sportplätzen sein werde, aber halt nicht als Obmann.
ODie Versammlung der Schiedsrich tergruppe Nordschwaben mit Neuwah len findet am Samstag, 13. Januar, ab 14 Uhr in der Gaststätte „Zur Wallfahrt“in Wemding statt.