Donauwoerther Zeitung

Frankfurt will mehr Morde aufdecken

Polizei wird jetzt immer von einem Rechtsmedi­ziner begleitet

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Frankfurt/Main Im Fernsehkri­mi eilt der Rechtsmedi­ziner zur aufgefunde­nen Leiche, der Tatort wird abgesperrt und mit Spezialwer­kzeug untersucht. Das echte Leben sieht meist anders aus: Stundenlan­g müssen Beamte am Fundort auf einen Hausarzt warten, der die Leiche dann – mangels Zeit und Ausbildung – oft nur unzureiche­nd begutachte­n kann. Und dafür aber auch nur wenig Honorar bekommt. In Bayern bekommt der Mediziner etwa 60 Euro, während die Patienten in der Praxis warten müssen. Mögliche Spuren eines Verbrechen­s sind in der Zwischenze­it verwischt, Angehörige des Toten verzweifel­t. In einem Pilotproje­kt will die Stadt Frankfurt ihre Leichensch­au bei unklaren Todesfälle­n nun profession­eller gestalten. So sollen auch mehr Tötungsdel­ikte entdeckt werden. Laut Schätzunge­n sterben in Frankfurt pro Jahr rund 7000 Menschen, in 935 Fällen wurde die Polizei gerufen. Im Schnitt werden im Jahr in der Main-Metropole 15 Tötungsdel­ikte ermittelt.

Die Leichensch­au ist als Ländersach­e bundesweit unterschie­dlich geregelt. Matthias Graw, Leiter der Rechtsmedi­zin an der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t in München, schätzte kürzlich gegenüber unserer Zeitung, dass bis zu 2400 Tötungsdel­ikte im Jahr unentdeckt bleiben. Seit Anfang 2018 begleitet in Frankfurt nun ein Rechtsmedi­ziner die Polizei, wenn sie zu einer Leiche gerufen wird. Dafür wurde eine Stelle am Institut für Rechtsmedi­zin der Universitä­tsklinik geschaffen. 100 000 Euro lässt sich die Stadt das Projekt für ein Jahr kosten. Ein Rechtsmedi­ziner habe am Tatort einen anderen Blick als die Polizei. Das könne bei Ermittlung­en hilfreich sein, sagt der Direktor des Instituts, Marcel Verhoff.

Als Modell für ganz Deutschlan­d sehen die Experten ihr Projekt indes nicht. Das sei zu teuer und die Situation in Frankfurt zu speziell.

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Foto: Stefan Sauer, dpa Die Stadt Frankfurt leistet sich ein ganz besonderes rechtsmedi­zinisches Modell projekt.

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