Tillynesiens Gruselnacht
Der Faschingsclub Rain bietet eine grandiose Show, die sich unter die Bestseller der FCR-Historie mischt
Rain Spielfilme, die Gänsehaut verursachen, sind sehr beliebt. Was der Faschingsclub Rain (FCR) am Freitagabend in der Dreifachturnhalle inszenierte, war jedoch live: Doktor Appolonia Dreistein untersucht einen Totenschädel, säubert diesen akribisch mit einem Pinsel und analysiert, dass der sicher herumgefahren sei: „Ein echter Homo sapiens Kreisverkehrensis!“Aus dem Zeitalter der Ziegelmoos-Epoche so um 2017 sei dieser, bestätigt Professor Alibert Einstein, ehe Doktor Waltrudis Zweistein dafür die Formel berechnet. Im wirklichen Leben sind diese fiktiven Figuren, die die Gebeine im Rainer Karner erforschen, als Vokalkreis bekannt.
Mit diesem Musical haben die Sänger einmal mehr bewiesen, zu welcher Qualität sie fähig sind. Ihre Wortspielereien brachten sie mit grandiosen Stimmen so gut auf die Bühne, dass sie schon reif für das Fernsehen wären. Mit solchen Protagonisten konnte Präsident Florian Riehl anfangs ruhigen Gewissens behaupten: „Heute wird es gruselig.“Jedoch verschwieg er, wie großartig diese Show werden würde, was kurz vor Mitternacht 200 Gäste bestätigten, in dem sie sich erhoben und stehend applaudierten.
Selten kochte die Stimmung am ersten bunten Abend auf derart hohe Temperatur. Verantwortlich dafür war eine Diva, die extra aus Hamburg angereist war. „Ich bin 35 Jahre alt und lebe schon 40 Jahre in Deutschland“, behauptete Norbert Plewka, der sich als Frau verkleidete. Zu den tiefsinnigen Pointen des Vokalkreises bot er den Kontrast. Mit seiner Inszenierung zu bekannten Songs riss er die Gäste von den Stühlen, obwohl es zu Beginn eine Panne gab: Bei seinem Einmarsch versagte das Mikrofon. Als alter Hase überspielte Plewka dieses technische Missgeschick und ließ sich nicht beeindrucken. Gerade zur rechten Zeit machte er „die totale Party“, denn vorher bremste die Show stark ab. Verantwortlich dafür waren die Brüder Chabeso. Nahezu in Zeitlupe grüßten sie ihr Publikum mit „Tilly Johoo“. „Florian lässt uns nur 20 Minuten“, lamentierte Paul Schumann und provozierte mit seinen drei Kameraden durch extrem langsame Bewegungen eine Verlängerung. Wie schon im Vorjahr war es in Mimik und Gestik ein meisterhafter Auftritt, der aber ein kleines Manko hatte. Ihr Beitrag war fast eine Kopie von 2017 und auch die Witze, die öfter unter die Gürtellinie gingen, glichen sich.
Während sich manche Zuschauer hier eine Prise mehr Kreativität gewünscht hatten, so bestätigte das Quartett an diesem Abend doch die Qualität der Schauspieler. Die Chabesos haben auf ihrem langen Weg durch die FCR-Historie große Fußstapfen hinterlassen, in die ihre Nachfolger gerade eintreten. In der Jugendbütt zum Beispiel: Hier beschwerte sich Opa Karli bei seiner Enkelin Lucy, weil er nicht mit der Computermaus umgehen kann: „Dieses Biest lässt sich nicht fangen.“Doch so gut es ihm Lucy auch erklärte, Opa wollte es einfach nicht kapieren. Und außerdem feierte jemand unter dem Kürzel BBJ auf der Bühne Premiere. „Wo war ich in der Nacht vom Lumpigen Donnerstag auf Dienstag?“fragten sich Burlie, Bunsi und Jimmy. Mit einem Sprechgesang belegt mit Elementen aus der Rapmusik erklärten sie, dass sie splitternackt und pleite gewesen seien. Vor allem die Jugend honorierte das mit Beifallsstürmen. „War das stark“, kommentierten mehrere Gardemädchen diesen modernen Beitrag. Dass dieser Film des FCR unterhaltsam war, lag mit an ihnen. Schaurig verkleidet prägten sie Tillynesiens Gruselnacht. Dafür, dass sie zum Bestseller wird, sorgte letztlich das Prinzenpaar, das die Hauptrolle perfekt besetzte und mit dieser Szene den Herzschlag mancher Zuschauer beschleunigte: Heulend jagte ein Werwolf seine Prinzessin an den Stuhlreihen vorbei durch das Publikum, ehe er auf der Bühne traurig zusammenbrach, weil er sie nicht erwischte. Als ihn Katarina I. küsste, verwandelte er sich in Prinz Manuel II.
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