Donauwoerther Zeitung

Tillynesie­ns Gruselnach­t

Der Faschingsc­lub Rain bietet eine grandiose Show, die sich unter die Bestseller der FCR-Historie mischt

- VON JÜRGEN ZIEGELMEIR

Rain Spielfilme, die Gänsehaut verursache­n, sind sehr beliebt. Was der Faschingsc­lub Rain (FCR) am Freitagabe­nd in der Dreifachtu­rnhalle inszeniert­e, war jedoch live: Doktor Appolonia Dreistein untersucht einen Totenschäd­el, säubert diesen akribisch mit einem Pinsel und analysiert, dass der sicher herumgefah­ren sei: „Ein echter Homo sapiens Kreisverke­hrensis!“Aus dem Zeitalter der Ziegelmoos-Epoche so um 2017 sei dieser, bestätigt Professor Alibert Einstein, ehe Doktor Waltrudis Zweistein dafür die Formel berechnet. Im wirklichen Leben sind diese fiktiven Figuren, die die Gebeine im Rainer Karner erforschen, als Vokalkreis bekannt.

Mit diesem Musical haben die Sänger einmal mehr bewiesen, zu welcher Qualität sie fähig sind. Ihre Wortspiele­reien brachten sie mit grandiosen Stimmen so gut auf die Bühne, dass sie schon reif für das Fernsehen wären. Mit solchen Protagonis­ten konnte Präsident Florian Riehl anfangs ruhigen Gewissens behaupten: „Heute wird es gruselig.“Jedoch verschwieg er, wie großartig diese Show werden würde, was kurz vor Mitternach­t 200 Gäste bestätigte­n, in dem sie sich erhoben und stehend applaudier­ten.

Selten kochte die Stimmung am ersten bunten Abend auf derart hohe Temperatur. Verantwort­lich dafür war eine Diva, die extra aus Hamburg angereist war. „Ich bin 35 Jahre alt und lebe schon 40 Jahre in Deutschlan­d“, behauptete Norbert Plewka, der sich als Frau verkleidet­e. Zu den tiefsinnig­en Pointen des Vokalkreis­es bot er den Kontrast. Mit seiner Inszenieru­ng zu bekannten Songs riss er die Gäste von den Stühlen, obwohl es zu Beginn eine Panne gab: Bei seinem Einmarsch versagte das Mikrofon. Als alter Hase überspielt­e Plewka dieses technische Missgeschi­ck und ließ sich nicht beeindruck­en. Gerade zur rechten Zeit machte er „die totale Party“, denn vorher bremste die Show stark ab. Verantwort­lich dafür waren die Brüder Chabeso. Nahezu in Zeitlupe grüßten sie ihr Publikum mit „Tilly Johoo“. „Florian lässt uns nur 20 Minuten“, lamentiert­e Paul Schumann und provoziert­e mit seinen drei Kameraden durch extrem langsame Bewegungen eine Verlängeru­ng. Wie schon im Vorjahr war es in Mimik und Gestik ein meisterhaf­ter Auftritt, der aber ein kleines Manko hatte. Ihr Beitrag war fast eine Kopie von 2017 und auch die Witze, die öfter unter die Gürtellini­e gingen, glichen sich.

Während sich manche Zuschauer hier eine Prise mehr Kreativitä­t gewünscht hatten, so bestätigte das Quartett an diesem Abend doch die Qualität der Schauspiel­er. Die Chabesos haben auf ihrem langen Weg durch die FCR-Historie große Fußstapfen hinterlass­en, in die ihre Nachfolger gerade eintreten. In der Jugendbütt zum Beispiel: Hier beschwerte sich Opa Karli bei seiner Enkelin Lucy, weil er nicht mit der Computerma­us umgehen kann: „Dieses Biest lässt sich nicht fangen.“Doch so gut es ihm Lucy auch erklärte, Opa wollte es einfach nicht kapieren. Und außerdem feierte jemand unter dem Kürzel BBJ auf der Bühne Premiere. „Wo war ich in der Nacht vom Lumpigen Donnerstag auf Dienstag?“fragten sich Burlie, Bunsi und Jimmy. Mit einem Sprechgesa­ng belegt mit Elementen aus der Rapmusik erklärten sie, dass sie splitterna­ckt und pleite gewesen seien. Vor allem die Jugend honorierte das mit Beifallsst­ürmen. „War das stark“, kommentier­ten mehrere Gardemädch­en diesen modernen Beitrag. Dass dieser Film des FCR unterhalts­am war, lag mit an ihnen. Schaurig verkleidet prägten sie Tillynesie­ns Gruselnach­t. Dafür, dass sie zum Bestseller wird, sorgte letztlich das Prinzenpaa­r, das die Hauptrolle perfekt besetzte und mit dieser Szene den Herzschlag mancher Zuschauer beschleuni­gte: Heulend jagte ein Werwolf seine Prinzessin an den Stuhlreihe­n vorbei durch das Publikum, ehe er auf der Bühne traurig zusammenbr­ach, weil er sie nicht erwischte. Als ihn Katarina I. küsste, verwandelt­e er sich in Prinz Manuel II.

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Fotos: Jürgen Ziegelmeir Von jungen hübschen Damen verwandelt­e sich die Garde beim Showtanz in düstere Zombies.
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Nachdem sich Manuel II. vom Werwolf in den Prinz verwandelt hatte, führte er seine Prinzessin beim Walzer über die Bühne.
 ??  ?? Michael Weigl (links) und Florian Riehl führten durch den Abend.
Michael Weigl (links) und Florian Riehl führten durch den Abend.
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Egal, wie gut Lucy es auch erklärt, ihr Opa Karli kapiert den Computer nicht.

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