Donauwoerther Zeitung

Wo bleibt die Streitkult­ur?

- VON DANIELA HUNGBAUR huda@augsburger allgemeine.de

Ach, es könnte alles so schön sein. Ich sage nur: Streitkult­ur. Ein wunderbare­s Wort. Verbindet es doch auf den ersten Blick Hässliches, nämlich den Streit, mit etwas Positivem, Bewahrende­m, der Kultur. Und es stimmt ja auch, der zivilisier­te Streit ist eine sinnvolle Sache. Ein Muss in einer demokratis­chen Gesellscha­ft. Gegner darf man ruhig mal sein. Nur eben niemals Todfeind. Hart um die Sache verhandeln, das ist wichtig. Nur der Respekt füreinande­r, der darf nie verloren gehen. Egal, ob man sich als Nachbarn über zu laute Musik zofft, als Ehepartner über die Haushaltsp­flichten oder als Politiker über das große Ganze.

Doch um die Streitkult­ur muss man sich ernsthaft Sorgen machen. Da helfen offenbar die vielen Ratgeber für jeden nur denkbaren Konflikt wenig. Es ist unüberhörb­ar: Der Ton in vielen Auseinande­rsetzungen wird nicht nur schärfer. Er wird auch persönlich­er. Und oft respektlos­er. Viele streiten nicht mehr. Sie bekriegen sich. Für viele ist das Internet die Ursache allen Übels. Nirgends lassen sich schneller Hasstirade­n in die Welt setzen und verbreiten. Das Internet spielt sicher eine Rolle. Doch ist die Ursache für diese Entwicklun­g nicht vielmehr in der Individual­isierung zu suchen? Im Trend zu einer Gesellscha­ft, die das Ich allzu oft über das Wir stellt und in der viele vor allem ihre Rechte zu glauben kennen und nur auf ihren Vorteil bedacht sind?

Die Streitkult­ur ist ein zu hohes Gut, als dass sie egoistisch­en Kleinkämpf­en geopfert werden darf. Das sollte eigentlich unstrittig sein.

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