Wenn die Zeugin spurlos verschwindet
Ein 31-Jähriger aus Donauwörth steht zum wiederholten Male vor Gericht. Den Betrugsvorwurf streitet er allerdings ab und belastet eine Frau. Warum sogar die Polizei eingreift
Landkreis/Nördlingen Gerichtssäle kennt der junge Mann aus Donauwörth gut. Zehn Einträge liegen gegen den 31-Jährigen im Bundeszentralregister vor. Er hat bereits mehrere Gefängnisstrafen abgesessen. Verurteilt wurde er meistens wegen Betrugs und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Wegen genau dieser Delikte musste er sich nun erneut vor dem Nördlinger Amtsgericht verantworten.
Im Januar des vergangenen Jahres soll er via Handy einen hochwertigen Computer für 1050 Euro über das Internet verkauft haben. Das Problem: Während das Opfer die Summe auf das vereinbarte Konto überwiesen hat, hat der Angeklagte das Gerät nie abgeschickt.
Im November 2016 hat die Polizei den Mann auf einem frisierten Roller in Rain aufgegriffen. Das Kleinkraftrad lief 77 statt der erlaubten 25 Kilometer pro Stunde. Richter Gerhard Schamann bemerkte während der Verhandlung: „Einen Führerschein hatten sie damals nicht dabei, dafür Cannabis im Blut.“
Gestehen wollte der Beschuldigte nur den zweiten Vorwurf: „Das mit dem Roller muss ich zugeben – auch wenn ich nicht wusste, dass er frisiert war.“Diese Aussage entkräftete wiederum der Halter des Rollers. Er habe dem Angeklagten das Zweirad zur Reparatur gegeben. „Bis dahin lief er ordnungsgemäß 25 Stundenkilometer. Deshalb war ich auch überrascht, als sich die Polizei gemeldet hat.“
Den Vorwurf des Betrugs stritt der beschuldigte Mann allerdings vehement ab: „Ich habe weder diese Handynummer oder Mailadresse, noch kenne ich das Internetportal, über das ich den Computer verkauft haben soll. Da wollte mir jemand eins auswischen. Dabei bekomme ich gerade mein Leben in den Griff“, äußerte sich der Angeklagte zu den Vorwürfen der Staatsanwältin Alexandra Krug.
Tatsächlich gehört das Konto, auf das die 1050 Euro überwiesen worden sind, einer jungen Frau. Diese hatte im Vorfeld der Verhandlung behauptet, dass sie dem Beschuldigten ihr Konto zur Verfügung gestellt habe und ihn aus der gemeinsamen Schulzeit gut kenne. Der 31-Jährige wies diese Behauptungen aber ebenfalls zurück: „Ich kenne die Dame überhaupt nicht. Ich war auch nie auf dieser Schule. Lediglich ihr Onkel ist mir bekannt, da ich mit ihm auf Drogentherapie war.“
Der Geschädigte, der als Zeuge aussagte, konnte kein Licht ins Dunkel bringen: „Ich hatte zwar via Mail und Internet Kontakt mit der Person, aber niemand hat abgehoben, als ich versucht habe, den Verkäufer anzurufen.“Die geladene Zeugin, so Richter Schamann, werde einige Fragen beantworten müssen: „Ich bin schon sehr gespannt.“
Doch die junge Frau erschien nicht vor Gericht. Schamann schaltete die Nördlinger Polizei ein, um die Zeugin aufgreifen zu lassen. Die Beamten erschienen tatsächlich rund 20 Minuten später im Gerichtssaal – ohne Zeugin. „Sie war nicht daheim. Nachbarn sagten, dass sie die Frau schon länger nicht mehr gesehen oder gehört hätten“, erklärten die Beamten. Die verschwundene Zeugin erwartet ein Bußgeld in Höhe von 250 Euro. Schamann vertagte den Prozess: „In der Zwischenzeit werden einige Nachermittlungen angestellt.“