Sie macht es Einbrechern schwer
Andrea Grimminger weiß, wie man einfache Fenster schnell aufbrechen kann – und wie sich das verhindern lässt
Dillingen/Landkreis Sie haben das Fenster zur Toilette im Erdgeschoss aufgehebelt. Ruckzuck. Dann sind sie direkt ins Schlafzimmer und haben sich geschnappt, was sie auf den ersten Blick sehen konnten. Denn viel Zeit hatten die Einbrecher nicht. Andrea Grimminger ist gerade nach Hause gekommen, die Täter mussten schnell flüchten – wieder über das Klofenster. Mitgenommen haben sie Bargeld und Schmuck. Der Schaden war nicht hoch, aber das Gefühl, dass Fremde im Haus waren, bleibt lange. Es handelte sich vermutlich um eine Bande, die an diesem frühen Abend vor rund 25 Jahren in einer Höchstädter Siedlung ihr Unwesen trieb. Gefasst wurden die Täter nicht.
Andrea Grimminger, die sich damals das Haus mit ihren Eltern teilte, erzählt die Geschichte und muss lachen. „Eigentlich witzig: Ich war selbst Opfer und jetzt versuche ich alles, damit keiner mehr Opfer wird“, sagt sie. Und dafür hängt die 51-jährige Kriminalhauptkommissarin viel Herzblut und außerordentliches Engagement in ihre Arbeit. Seit sieben Jahren leitet sie die kriminalpolizeiliche Beratungsstelle bei der Kripo in Dillingen – Prävention in allen Bereichen ist ihr Thema. „Meine Arbeit hat einen großen Nachteil: Man kann sie nicht messen. Dabei ist dieses Thema so wichtig“, sagt die Polizistin. Insgesamt gibt es 33 solcher Beratungsstellen in Bayern.
In Dillingen, zuständig für die Landkreise Dillingen und DonauRies, ist diese Art der Präventionsarbeit seit rund 30 Jahren angesiedelt. Das Anforderungsprofil für diese Aufgabe ist schnell erklärt: ausreichende Berufserfahrung. Und die hat Andrea Grimminger. Ihre Ausbildung bei der Polizei absolvierte sie 1989, damals noch über die Sonderlaufbahn „weibliche Kriminalpolizei“. Die Dillingerin hat in ihrer Laufbahn schon unterschiedliche Stationen bei der Kripo durchlaufen: Eigentumskriminalität, Spurensicherung, Laborarbeit, Pressearbeit im Polizeipräsidium Schwaben oder Einsatzzentrale.
Weil sie einige Zeit die einzige Polizistin bei der Kripo in Dillin- gen war, war sie auch schon für Sexualfälle zuständig. Und wenn es nach der 51-Jährigen geht, muss die kriminalpolizeiliche Beratungsstelle auch nicht die letzte Station sein. „Ich habe Lust, noch etwas Neues zu machen“, sagt sie. Denn: Andrea Grimminger ist eine Spezialistin – in vielen Bereichen. Muss sie sein. Ob bei Schulen, Firmen, Behörden, Kommunen, Ämtern, Agenturen oder anderen Institutionen: Die Kriminalhauptkommissarin ist jeden Tag in zwei Landkreisen unterwegs und hält Vorträge, macht Workshops, informiert und berät. „Alles zum Schutz unserer Bürger. Denn die Kernaufgabe der Polizei ist eindeutig definiert: Gefahren vermeiden. In diesem Job muss man Überzeugungstäter sein. Das bin ich.“
Und das Aufgabengebiet ist vielseitig. Abzocke im Netz, falsche Polizisten, unerlaubte Werbeanrufe oder nicht reelle Gewinnversprechen – Andrea Grimminger kennt alle Betrügereien und die Opfer. „Das kann jedem passieren. Ich würde sagen, niemand ist davor gefeit. Aber man kann sich gut genug wappnen“, sagt die Polizistin. Ein Erfolg ihrer Arbeit: Mittlerweile sind die Menschen beispielsweise in Sachen Enkeltrick am Telefon viel besser auf der Hut. Die Fälle, in denen die Täter scheitern, werden immer mehr.
Ein großes Thema ist auch Zivilcourage, vor allem an Schulen. Mit Rollenspielen und Fallbeispielen versucht Andrea Grimminger, Schüler, Eltern und Lehrer sensibel für dieses Thema zu coachen. „Es gibt nicht einen richtigen Weg. Zivilcourage fängt schon im Kleinen an. Hauptsache man tut irgendetwas“, sagt sie. Und Zivilcourage ist speziell in der Schule gefragt. Mobbing, Handygewalt oder Gefahren mit Neuen Medien wie Instagram und Snapchat sind im Landkreis keine Seltenheit – und es geht schon in der dritten Klasse los. „Wir hatten krasse Fälle. Was viele Eltern unterschätzen: Mit einem Smartphone, das die Kinder spätestens in der vierten Klasse mittlerweile haben, sind sie vollumfänglich ausgestattet – mit allen Gefahren.“Der Blödsinn, den man früher auf dem Schulhof ausgetragen habe, findet heute im Netz statt. „Und das Netz vergisst nichts.“Um immer auf dem aktuellesten Stand zu sein, ist die 51-Jährige auf allen Portalen im Internet unterwegs. Und dank ihrer 13-jährigen Tochter und ihrem 18-jährigen Sohn ist sie immer bestens informiert. „Das ist ganz praktisch“, sagt sie und lacht.
Neben diesen Themenfeldern arbeitet Andrea Grimminger zusätzlich in den Bereichen Senioren, Waffenaufbewahrung, Raub und Gewalt präventiv – vom Handtaschenraub bis hin zur Geldwäsche. Immer wieder geht die Polizeihauptkommissarin selbst auf Schulungen, informiert sich täglich im polizeilichen Intranet, was aktuell für Fälle anliegen, und schaut über den Tellerrand hinaus. „Ich will vorbeugen und nicht hinterherrennen“, sagt sie. Ein Grund, warum sie nicht nur verhaltensorientierte Beratung macht, sondern auch technische Beratung. Letzteres ist im Bereich Einbruchschutz elementar.
Denn um vor Einbrechern zu warnen und den Menschen zu helfen, sich zu schützen, muss die Kripobeamtin, die neben ihrer Prävention „normale“Polizeiarbeit leistet, wissen, wie die Täter vorgehen. Es dauert etwa nur wenige Sekunden, dann hat sie mit einem einfachen Schraubenzieher ein Fenster aufgehebelt. „Das kann jeder. Wenn ich einen Wunsch freihätte, dann diesen, dass die Menschen, die ein Haus neu bauen oder ihr Zuhause umrüsten, sich vorher von mir beraten lassen“, sagt sie. Nur mit wenig finanziellem Mehraufwand kann ein Haus demnach einbruchsicherer gemacht werden – und Grimminger spricht aus Erfahrung.
Ihr eigenes Zuhause in Dillingen ist auf dem neusten Stand. „Klar“, sagt sie und lacht. Denn auch sie will nicht wie vor 25 Jahren Opfer sein. Die Polizistin weiß, wie belastend ein Einbruch sein kann. „Trotzdem gibt es leider keine 100-prozentige Sicherheit.“