Glänzende deutsche Zwischenbilanz
Der deutsche Sport zeichnet sich in Pyeongchang nicht gerade durch Zurückhaltung aus. Im Medaillenspiegel der Winterspiele grüßt Schwarz-Rot-Gold nach fünf von 16 Wettkampftagen von der Spitze der internationalen Rangliste. Das Gold von Kombinierer Eric Frenzel war sicher mal wieder ein Beleg für deutsche Gründlichkeit, Hartnäckigkeit und punktgenaue Vorbereitung. Die anderen Nationen, das ist in Pyeongchang immer wieder zu hören, ziehen den Hut vor der momentanen WintersportNation Nummer eins. Auch bei der Wahl des Deutschen Hauses, Treffpunkt von Sportlern, Trainern, Medien, Sponsoren und prominenten Gästen, hat sich der Deutsche Olympische Sportbund mit seinem Allgäuer Präsidenten Alfons Hörmann nicht lumpen lassen. Der Golfclub namens „Berg der Birken“(Birch Hill) thront in den Hügeln über Pyeongchang. 350 Gäste können hier fachsimpeln, fernsehmachen, futtern und feiern. Auch die Politik erkennt, dass sich – weit abseits der schwierigen Koalitionsverhandlungen zuhause – auf der Bühne des Sports viel mehr Bonuspunkte sammeln lassen. ExKanzler Schröder war da, Bundespräsident Steinmeier und gestern zu seiner Abschiedstournee auch der scheidende Bundesinnenminister de Maizière. Fehlt nur noch Merkel.
De Maizère kam mit einer frohen Botschaft nach Korea. Die Fördermittel für die deutsche Spitzensportreform seien im Koalitionspapier enthalten, das Geld werde weiter sprudeln. DOSB-Präsident Alfons Hörmann hob denn auch gleich warnend den Zeigefinger. Die derzeitige Medaillenflut dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch etliche Baustellen gebe. Positive Wirkung könne die Reform erst in acht, zwölf oder sechszehn Jahren entfalten. Das erinnerte ein bisschen an Franz Beckenbauers Spruch 1990, der nach dem WM-Titel meinte: „Die deutsche Mannschaft wird über Jahre hinaus nicht zu besiegen sein.“Es kam anders – und es wird auch bei den deutschen Wintersportlern wieder anders kommen.
Derzeit bleibt den Fans zuhause und auch den Verantwortlichen in Korea nur eins: den positiven Lauf zu genießen. In eineinhalb Wochen aber, wenn die Spiele zu Ende sind, kann es im auch finanziell florierenden deutschen Sport nur eine Devise geben: endlich in die neuen Sportarten wie Slopestyle, Big Air und Halfpipe zu investierten. Dort gibt es bis heute keine Trainingsstätten. Wer die Glanzvorstellung von Snowboarder Shaun White gestern gesehen hat, der kann ungefähr erahnen, wohin sich die olympische Bewegung entwickeln wird. Sich von den jetzigen Erfolgen blenden zu lassen, wäre fahrlässig.