Donauwoerther Zeitung

Warum Bauen in Deutschlan­d teuer bleiben wird

Im Koalitions­vertrag fehlt es nicht an guten Absichten, Wohnen bezahlbare­r zu machen. Doch um die Kostenexpl­osion zu bremsen, ist ein Mentalität­swechsel notwendig

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

So läuft das in Deutschlan­d: Da türmen wir Berge immer neuer Regelungen auf und setzen europäisch­e Verordnung­en musterschü­lerhaft um. Dahinter stecken etwa im Baubereich ehrenwerte Motive. Natürlich ist es umweltpoli­tisch sinnvoll, dass Häuser möglichst energieeff­izient sind. Und selbstvers­tändlich wird keiner widersprec­hen, wenn der Brandschut­z noch einmal verbessert wird.

Gut ist eben nicht gut genug in der Perfektion­isten-Republik Deutschlan­d. Am Ende aber werden dann doch Selbstzwei­fel laut unter den heimischen Übererfüll­ern des Bürokratie­plans. Denn die Kosten laufen wieder einmal aus dem Ruder. Dann wird hoher Aufwand betrieben, eine Arbeitsgru­ppe eingesetzt und ein Gutachten in Auftrag gegeben: Wer nun den rund 180 Seiten dicken Bericht der Baukostens­enkungskom­mission von 2015 nachliest, erkennt, wie immer neue Auflagen des Gesetzgebe­rs Bauen immens verteuert haben. Nicht einzelne Maßnahmen, sondern die Summe aller Regelungen sind das Übel. Ein Zusammenha­ng, den Politiker und Beamte ungern hören.

So mutet es fast schon hilflos an, wenn Union und SPD im Koalitions­vertrag schreiben: Die Arbeit der Baukostens­enkungskom­mission werde fortgesetz­t. Normen müssten auf ihren Nutzen geprüft und auf ihren erforderli­chen Umfang reduziert werden. Die Botschaft mag man hier schon hören, allein der Glaube wird jedem fehlen, der all die Seiten des Koalitions­papiers zum Thema „Wohnen“studiert. Denn vieles sind nur Absichtser­klärungen, wie etwa der Wunsch, dass 1,5 Millionen Wohnungen und Eigenheime frei finanziert und öffentlich gefördert gebaut werden sollen. Hier hält es die künftige Bundesregi­erung mit dem österreich­ischen Schriftste­ller Peter Handke und dessen Buch „Als das Wünschen noch geholfen hat“.

Selbst Segnungen wie das Baukinderg­eld werden das Grundübel der deutschen Immobilien­lage nicht kurieren: Die Kommunen und hier vor allem starken Zuzug ausgesetzt­e Städte wie München weisen viel zu wenig Bauland aus. Für den Ökonomen Professor Michael Voigtlände­r ist das neben der Regelungsw­ut und steigenden Preisen für Bauleistun­gen der Hauptgrund für die Kostenexpl­osion am Immobilien­markt. In seinem Buch „Luxusgut Wohnen“beschreibt er das anschaulic­h. An dem grundlegen­den Befund wird die Große Koalition leider nichts ändern.

Denn der Schlüssel für bezahlbare­res Bauen und damit auch Wohnen liegt bei den Kommunen. Um etwa dem Immobilien-Irrsinn in München zumindest etwas an Tempo zu nehmen, bräuchte es Politiker mit Visionen, die über kommunale Grenzen hinweg neue Wege gehen. So könnten Stadtviert­el am Rande Münchens ausgewiese­n werden, die sich auch auf das Gebiet von Umlandgeme­inden erstrecken. Wenn also auf einen Schlag zehntausen­de Wohnungen entstünden, würde zumindest etwas Druck vom Kessel genommen. Eine weitere Mietpreise­xplosion könnte verhindert werden. Hier wäre auch der Bund als Moderator gefragt. Denn gerade Bürgermeis­ter von Umlandgeme­inden sind oft nicht bereit, die Lasten einer großen Stadt mitzuschul­tern. Wenn sie aber finanziell­e Hilfe für den Bau der nötigen Infrastruk­tur bekommen, steigt sicher die Kompromiss­bereitscha­ft.

Insofern lässt sich das Problem steigender Baukosten nur durch ein breites Bündnis für bezahlbare­n Wohnraum lindern. Dazu ist aber ein Mentalität­swechsel notwendig. Die Niederland­e können hier als Vorbild dienen. Voigtlände­r nennt ein Beispiel: Wer in Holland sechs Wochen, nachdem er einen Bauantrag gestellt hat, nichts von den Behörden gehört hat, könne loslegen. Wie das in der Perfektion­isten-Republik Deutschlan­d ankäme?

Den Schlüssel haben die Kommunen in der Hand

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