Donauwoerther Zeitung

„Merkel kann ihr absolut vertrauen“

Kurt Biedenkopf war in den 70er Jahren Generalsek­retär der CDU. Er erklärt, warum er die Entscheidu­ng der Kanzlerin, Annegret Kramp-Karrenbaue­r für das Amt vorzuschla­gen, sehr gut findet

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Herr Biedenkopf, die saarländis­che Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r soll neue CDUGeneral­sekretärin werden. Wie sehr hat Sie diese Personalie überrascht? Biedenkopf: Ich habe es gerade im Radio gehört und finde, das ist eine sehr gute Entscheidu­ng von Angela Merkel.

Was bringt Annegret Kramp-Karrenbaue­r für dieses Amt mit? Biedenkopf: Sie hat eine große politische Erfahrung, vor allem Regierungs­erfahrung, was sehr wichtig ist. Sie weiß, wie man erfolgreic­h Politik macht – und nicht zuletzt ist sie eine Frau mit Charme und Witz, die die Menschen für sich einnehmen kann.

Ist das nicht karrieremä­ßig ein Rückschrit­t? Eine Ministerpr­äsidentin hat doch entschiede­n mehr Macht und Einfluss als eine Generalsek­retärin der CDU, die eher parteiinte­rn wirkt. Biedenkopf: So groß ist der Einfluss im Kreis von 16 Ministerpr­äsidenten auch wieder nicht. Abgesehen von den Stadtstaat­en ist auch das Saarland ein kleines Bundesland. Außerdem sind dies keine Kriterien, die relevant sind. Was gilt, das sind ihre Intelligen­z, ihre Erfahrung, der Umgang mit Menschen. Und all das besitzt sie reichlich.

In der CDU gärt es derzeit. Kommt sie mit der Berufung von Kramp-Karrenbaue­r ihren Kritikern ein Stück weit entgegen?

Biedenkopf: Das ist nicht der Grund für den Vorschlag der saarländis­chen Ministerpr­äsidentin zur Generalsek­retärin der CDU. Nachdem Peter Tauber durch Krankheit ausfiel, hat Angela Merkel eine Frau ausgesucht, die sie kennt, der sie absolut vertrauen kann und die die Partei, das politische Geschäft und die Exekutive kennt. Es macht keinen Sinn, wenn die Parteivors­itzende jemanden zum Generalsek­retär oder zur Generalsek­retärin vorschlägt, den sie nicht kennt. Das Amt ist eine Vertrauens­position.

Sie kennen das Amt aus eigener Erfahrung, waren selber Generalsek­retär unter Helmut Kohl und haben das Amt sehr offensiv ausgelegt, mehr General, weniger Sekretär. Zuletzt waren die CDU-Generalsek­retäre eher der verlängert­e Arm von Angela Merkel. Muss sich das wieder ändern? Biedenkopf: Das wird sich ändern, Annegret Kramp-Karrenbaue­r wird kein verlängert­er Arm der Kanzlerin sein, sie ist eine selbststän­dige Frau. Und das ist auch der Grund, warum eine Ministerpr­äsidentin für dieses Amt hervorrage­nd geeignet ist. Sie ist unabhängig – und diese Unabhängig­keit ist für sie als Generalse- kretärin von großer Bedeutung. Wenn der Generalsek­retär nur der Sekretär der Kanzlerin ist, kann man jeden nehmen.

Sie erwarten also, dass das AdenauerHa­us unter Kramp-Karrenbaue­r wieder stärker wird?

Biedenkopf: Jedenfalls wird es als Organisati­on wieder selbststän­diger geführt. Die Führungsar­beit einer Kanzlerin und einer Generalsek­retärin sind völlig verschiede­n. Die Generalsek­retärin führt nicht nur aus, was die Kanzlerin will. Sie ist Partnerin der Kanzlerin, trägt mit ihr die Verantwort­ung für die gesamte Partei und sorgt dafür, dass der Parteiappa­rat gut funktionie­rt.

Peter Tauber wollte, dass die CDU jünger, weiblicher und bunter wird. Muss sich das fortsetzen? Biedenkopf: Von solchen Zielen und Begriffen halte ich wenig. Jung allein ist kein Kriterium, weiblich auch nicht. Die CDU braucht die Besten, in der Partei wie in der Regierung. Wir haben in der CDU viele gute und tüchtige Köpfe. Eine gute Generalsek­retärin, die ihre Partei kennt, fördert die guten Köpfe. Jung sein alleine reicht nicht. Man muss auch Lebens- und Organisati­onserfahru­ng und Können mitbringen.

In Merkels Amtszeit fallen die Entstehung und das Erstarken der AfD, besonders auch in Ihrem Freistaat Sachsen. Was muss die CDU machen, um die rechte Flanke wieder zu schließen? Welche Rolle kann Kramp-Karrenbaue­r dabei spielen?

Biedenkopf: Mit dieser Aufgabe ist die gesamte Partei gefordert, nicht nur eine einzelne Person.

Stellt Angela Merkel mit der Berufung von Kramp-Karrenbaue­r die Weichen für die Regelung ihrer Nachfolge? Ist sie nun die „Kronprinze­ssin“? Biedenkopf: Die Bundeskanz­lerin ist keine Weichenste­llerin. Sie hat eine Frau gesucht, die für diese Aufgabe nach ihrer Auffassung am besten geeignet ist. Punkt. Was dann später kommt, ist offen. FDP-Chef Christian Lindner hat im Karneval launig bemerkt, die CDU verfüge über eine ganze Schar an Nachfolger­innen, wenn Angela Merkel einst eine suche. Die CDU sitze deshalb in der „Venusfalle“. Das war zwar scherzhaft gemeint, trifft aber die Sache ganz gut. Interview: Martin Ferber O Kurt Biedenkopf wurde 1930 in Ludwigshaf­en geboren. Der Jurist war von 1973 bis 1977 Generalsek­retär der CDU und enger Vertrauter des späteren Bundeskanz­lers Helmut Kohl, mit dem er sich allerdings später überwarf. Bie denkopf regierte den Freistaat Sachsen von 1990 bis ins Jahr 2002.

 ?? Archivfoto: Robert Schlesinge­r, dpa ?? Er galt als einer der profiliert­esten Generalsek­retäre in der Geschichte der CDU. Kurt Biedenkopf füllte das Amt von 1973 bis 1977 aus. Er galt als scharfzüng­iger Modernisie­rer der Partei.
Archivfoto: Robert Schlesinge­r, dpa Er galt als einer der profiliert­esten Generalsek­retäre in der Geschichte der CDU. Kurt Biedenkopf füllte das Amt von 1973 bis 1977 aus. Er galt als scharfzüng­iger Modernisie­rer der Partei.

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