Donauwoerther Zeitung

Diese Frau soll das Image der CDU aufpoliere­n

Ist Annegret Kramp-Karrenbaue­r nur „Merkels Mädchen“oder kann sie ihre Chefin sogar eines Tages beerben?

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Eine unaufgereg­te Frau, deren Talent eher das Lösen von Problemen ist als politische Visionen. Eine Pragmatike­rin, die einen neuen Anfang verspricht, aber keine Revolution. So beschreibe­n die Zeitungen Angela Merkel, als sie 1998 Generalsek­retärin der CDU wird. 20 Jahre später passen diese Zeilen genauso gut auf Annegret KrampKarre­nbauer. Ist AKK, wie sie wegen ihres phonetisch anspruchsv­ollen Namens gerne genannt wird, eine Art „Merkel reloaded“– nur ohne Hosenanzug?

Dass die Karriere der 55-Jährigen nicht im Saarland enden wird, ist jedenfalls schon lange klar. Nur zwei Fragen blieben bislang offen: Wann geht sie nach Berlin und was kann sie dort werden? Beide hat AKK gestern beantworte­t. Sie tritt als saarländis­che Ministerpr­äsidentin zurück und übernimmt das Amt der CDU-Generalsek­retärin. Jenes Amt also, in dem Merkel einst angetreten ist, um die von der Ära Kohl ausgezehrt­e Partei neu aufzustell­en. Und nun soll Kramp-Karrenbaue­r die Merkel-müde Partei aus ihrer Lethargie befreien. Doch bei allen Parallelen gibt es einen entscheide­nden Unterschie­d: Während Merkels Anfang damals mit der Abnabelung von ihrem Entdecker Helmut Kohl begann, soll AKK die CDU gemeinsam mit der angeschlag­enen Chefin aus der Tristesse führen. Die Saarländer­in weiß, dass sie damit auf einem schmalen Grat unterwegs ist. In den Augen vieler Parteifreu­nde ist schließlic­h gerade Merkel das größte Problem der CDU. Trotzdem hat sich Kramp-Karrenbaue­r selbst für den Job angeboten. Wohl auch, weil sie sich damit – anders als in einem Ministeram­t – keiner Kabinettsd­isziplin unterordne­n muss.

Spätestens seit ihrem furiosen Sieg bei der Landtagswa­hl im vergangene­n Frühjahr gilt AKK als „Kronprinze­ssin“. Wenn es ihr nun gelingt, dem verschwomm­enen Profil der CDU neue (oder alte?) Konturen zu geben, wird sie damit auch ihr eigenes Profil schärfen. Ist im Kampf um die Merkel-Nachfolge damit also schon eine Vorentsche­idung gefallen?

Die dreifache Mutter ist zwar keine Karriere-Politikeri­n, die um jeden Preis nach oben strebt. Doch am Willen zur Macht und an Mut fehlt es ihr nicht. Das beweist sie schon früh: Ein halbes Jahr ist sie erst Ministerpr­äsidentin, als AKK die Jamaika-Koalition in Saarbrücke­n platzen lässt. Die FDP ist für sie wegen interner Querelen kein verlässlic­her Partner mehr. Es ist ein riskantes Manöver, denn sie kann sich keineswegs sicher sein, die von ihr provoziert­en Neuwahlen gegen den SPD-Kandidaten Heiko Maas zu gewinnen. Am Ende siegt sie klar, wird Chefin einer Großen Koalition – und fortan hört man ihren komplizier­ten Namen öfter, wenn es um die Zeit nach Merkel geht.

Trotz ihrer Erfolge neigt KrampKarre­nbauer nicht zum Abheben. Sie wird als Tochter eines Sonderschu­lrektors und einer Hausfrau in der Kohle- und Stahlstadt Völklingen geboren. Ihr Mann ist Bergbauing­enieur und arbeitet in Teilzeit, um sich um die Kinder zu kümmern. Mehr Bodenständ­igkeit kann ein Lebenslauf kaum hergeben. Dass die engagierte Katholikin auch über sich selbst lachen kann, beweist sie in der Fastnacht. Ihre Rolle als „Putzfrau Gretel“, die im Landtag aufräumt, ist legendär. Und nun soll AKK also das Image der ramponiert­en Volksparte­i aufpoliere­n. Dass die Kanzlerin dafür ausgerechn­et eine Vertraute in Position bringt, die zumindest auf den ersten Blick wie „Merkel 2“daherkommt, empfinden viele CDU-Leute als Provokatio­n. Doch wer glaubt, KrampKarre­nbauer kommt nur als „Merkels Mädchen“, könnte sich täuschen. Schon als Ministerpr­äsidentin gönnte sie sich eine eigene Meinung. Sie argumentie­rte zum Beispiel schon für den Mindestloh­n, als ihre Partei noch dagegen war, und sprach sich noch gegen die „Ehe für alle“aus, als der Widerstand in der Union längst gebrochen war.

Seit gestern ist klar: Wer in der Union etwas werden will, muss an AKK vorbei. Angela Merkel wird übrigens nur eineinhalb Jahre nach ihrer Wahl zur Generalsek­retärin CDU-Chefin. Fünf weitere Jahre später ist sie Bundeskanz­lerin.

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Foto: dpa Annegret Kramp Karrenbaue­r als „Putz frau Gretel“in der Fastnacht.

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