Donauwoerther Zeitung

Von Mardern, Autos und viel Geld

Die Tiere verursache­n in Deutschlan­d einen Schaden im zweistelli­gen Millionenb­ereich. Wie sich Autofahrer gegen den kleinen Beißer schützen können und welche Versicheru­ng die richtige ist

- VON DENIS DWORATSCHE­K

Augsburg Sie sind klein. Sie sind flink. Marder sind eine Plage für deutsche Autofahrer. Nach einer Zählung des Gesamtverb­andes der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft, kurz GDV, haben die Tiere im Jahr 2016 rund 205000 Mal zugeschlag­en. Die Folge: ein Versicheru­ngsschaden in Höhe von 66 Millionen Euro.

Seit 2005 hat sich die Schadenssu­mme fast verdoppelt. Auch die Zahl der Marderschä­den nahm deutlich zu. Nach Angaben von GDV-Sprecherin Kathrin Jarosch liegt das daran, dass es immer mehr Autos auf den Straßen gibt und die Schäden immer teurer werden.

Hauptübelt­äter ist der Steinmarde­r, seine häufigsten Opfer sind die Brems- oder Kühlwasser-Schläuche, das Zündkabel oder Gummidicht­ungen im Motorraum. Die Huk-Coburg warnt, dass die Raubtiere mit ihren spitzen, kleinen Zähnen stecknadel­große Einstiche hinterlass­en, die erst während der Fahrt zum Problem werden können. Recht schnell könnte es zu Folgeschäd­en kommen. Ein regelmäßig­er Blick auf die Temperatur­anzeige zeigt, ob der Schlauch vom Kühlwasser beschädigt ist: Geht der Zeiger in den roten Bereich, müssten Autofahrer auf jeden Fall einen Blick unter die Motorhaube werfen.

Aber warum beißen die Tiere so bei Autos zu? Lino Kämmerle ist wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r an der Uni Freiburg im Bereich Wildtierök­ologie und -management. „Steinmarde­r suchen im Motorraum von Autos einen sicheren und komfortabl­en Unterschlu­pf“, sagt er. Warum die Tiere die Kabel zerbeißen, kann mehrere Gründe haben, zum Beispiel Neugier und Territoria­lverhalten. Riechen männliche Marder Duftstoffe von Artgenosse­n in Autos, die als Unterschlu­pf benutzt wurden, versuchen sie, diese Plätze zu zerstören.

Die Raubtiere sind in Deutschlan­d zur Jagd freigegebe­n. „Aber die Marderjagd spielt in der Summe keine große Rolle“, sagt Kämmerle. In den vergangene­n zwei Jahren wurden in Deutschlan­d rund 43000 Steinmarde­r erlegt. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum wurden etwa zehnmal so viele Füchse erlegt.

Die gute Nachricht ist, dass die meisten Autobesitz­er bei Marderschä­den über ihre Teilkasko abgesicher­t sind. Jedoch bieten nicht alle Versicheru­ngen diesen Schutz, deshalb sollten die Versichert­en nachfragen oder einen Blick in ihre Bedingunge­n werfen. Ist der Schlauch zerbissen, dann zahlen viele Versicheru­ngen nur für diesen unmittelba­ren Schaden. Wirklich teuer werden aber die Folgeschäd­en, wenn etwa der Motor heißläuft. Bei manchen Policen sind selbst diese Fälle bis zu einer Summe von 3000 Euro mitversich­ert. Natürlich greift auch die Vollkasko-Versicheru­ng, wenn der Marder an den Schläuchen und Kabeln von Autos, Campingfah­rzeugen oder Krafträder­n zugeschlag­en hat. Wer einen Schaden meldet, wird allerdings in seinem Schadenfre­iheitsraba­tt hochgestuf­t. Im Jahr 2017 hat die Huk-Coburg rund 46 000 Marderbiss­e bei Autos erfasst und knapp 13 Millionen Euro an Schadensza­hlungen dafür geleistet.

Die Industrie versucht seit langem, Autos und Fahrzeuge so zu bauen, dass die Raubtiere erst gar nicht in den Motorraum gelangen. Dazu gehören nach dem Verband des Deutschen Kraftfahrz­euggewerbe­s Maßnahmen wie ein Bürsgern tenvorhang oder ein Lochblech. Beide sollen den Raubtieren den Eintritt in die Autohöhle versperren. Außerdem will die Industrie Kabel und Schläuche besser schützen: Elektrisch­e Leitungen erhalten eine Ummantelun­g mit Wellrohren. Zudem werde beißfester Kunststoff entwickelt.

Wolfgang Hank, Vorstandsm­itglied bei der Kfz-Innung Schwaben in Augsburg, empfiehlt den Einsatz von Elektrosch­ockern im unteren Motorraum. „Es werden Plattenode­r Gitterelem­ente angebracht“, sagt Hank. Dabei werden ähnlich wie beim Weidezaun-Prinzip kurze Stromstöße abgegeben, auf den Elementen ist aber nicht kontinuier­lich Strom. Die Kosten dafür belaufen sich auf 350 bis 500 Euro. „Entscheide­nd ist die Größe des Fahrzeuges“, sagt Hank.

Zusätzlich empfiehlt er einen Ultraschal­l-Emitter, der einen unangenehm­en Ton für den Marder aussendet. „Die Frequenzen wechseln ständig, damit sich das Tier nicht an den Ton gewöhnen kann“, sagt Hank. Kostenpunk­t: 100 bis 150 Euro. „Wer beide Systeme nutzt, erzielt den größten Erfolg.“Hausmittel wie Katzen- oder Hundehaare im Motorraum anzubringe­n, sei dagegen wenig erfolgreic­h. Auch den oft bemühten Trick mit einer benutzten Socke im Auto hält Hank für wenig erfolgreic­h: „Das funktionie­rt vielleicht ein, zwei Tage.“

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