Donauwoerther Zeitung

Raser sind die größte Gefahr

Was der Innenminis­ter gegen die hohe Zahl an tödlichen Verkehrsun­fällen tun will. Und was nicht

- VON HENRY STERN UND JAN KANDZORA

München/Augsburg Noch immer sterben die meisten Menschen auf Bayerns Straßen wegen nicht angepasste­r oder zu hoher Geschwindi­gkeit – im vergangene­n Jahr waren 226 tödliche Unfälle auf Raserei zurückzufü­hren, berichtete gestern Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU). Tendenz steigend. Von einem verschärft­en Tempolimit auf Landstraße­n hält der Politiker dennoch nichts, wie er betonte. „Ich bin der festen Überzeugun­g, dass es eine höhere Akzeptanz einer Geschwindi­gkeitsbegr­enzung gibt, wenn sie nachvollzi­ehbar ist.“Und auf einer übersichtl­ichen Landstraße „Hundert zu fahren, ist kein Problem“, sagte er bei der Vorstellun­g der neuesten Unfallstat­istik.

Insgesamt sind im vergangene­n Jahr 608 Menschen bei Verkehrsun­fällen in Bayern ums Leben gekommen – acht weniger als ein Jahr zuvor, 172 weniger als vor fünf Jahren und so wenige wie noch nie seit Beginn der Unfallaufz­eichnungen vor mehr als 60 Jahren, sagte Herrmann. Zufrieden sei er damit aber noch lange nicht: „Mehr als 600 Verkehrsto­te sind immer noch viel zu viel“, beteuerte er und kündigte an, weiter viel Zeit und Geld in die Verkehrssi­cherheit investiere­n zu wollen: „Unser Ziel ist, die Zahl der Verkehrsto­ten bis 2020 auf unter 550 zu senken.“

Bei 70 tödlichen Unfällen war zu geringer Abstand die Ursache, bei 59 Alkohol am Steuer. „Das Risiko, von einem besoffenen Autofahrer überfahren zu werden, ist nach wie vor weit höher, als von einem Islamisten ermordet zu werden“, sagte Herrmann. Jeder fünfte tödlich verunglück­te Autoinsass­e war zudem nicht angeschnal­lt.

Die bayerische Polizei werde deshalb die Dichte an Verkehrsko­ntrollen hochhalten, zumal die Unfallstat­istik noch weitere Schattense­iten offenbarte: So sanken zwar die Zahlen der ums Leben gekommenen Autofahrer, Fußgänger und Motorradfa­hrer. Dafür verunglück­ten mehr Radfahrer tödlich (70). Und die Anzahl der Verkehrsto­ten nach Unfällen mit Lastwagen wuchs sogar sprunghaft an – um rund ein Drittel auf 157 Personen. Als Grund dafür verwies Herrmann auf den weiter stark ansteigend­en Schwerlast­verkehr in Bayern, nannte aber auch wachsende Probleme mit der Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten für Lastwagenf­ahrer. Hier werde Bayern ebenfalls auf verstärkte Kontrollen setzen, versprach der Innenminis­ter.

In Schwaben sank die Zahl der Verkehrsto­ten im vergangene­n Jahr um 2,9 Prozent auf 100 Personen. 30 davon kamen im Bereich des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord ums Leben. Das waren genauso viele wie im Vorjahr – allerdings drastisch weniger als noch vor zehn Jahren. 2008 verzeichne­ten die Ermittler im Großraum Augsburg sowie den Landkreise­n Dillingen und DonauRies noch 61 Tote nach Unfällen.

Der Rückgang sei positiv, aber auch kein Grund, allzu glücklich zu sein, sagt Norbert Zink, stellvertr­etender Leiter des Präsidiums Schwaben Nord. Hinter jeder Zahl stehe ein menschlich­es Schicksal. Auffallend vor allem in Augsburg ist die hohe Zahl an Fahrradfah­rern, die vergangene­s Jahr ums Leben kamen. 2016 starb in der Stadt kein einziger Radler bei einem Unfall, 2017 waren es fünf. Das Polizeiprä­sidium Schwaben Süd/West, das zweite in der Region, will die neuesten Zahlen erst Ende der Woche vorstellen.

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