Donauwoerther Zeitung

Zwei haben die Nase vorn

Francesco Friedrich und Thorsten Margis teilen sich den ersten Platz mit dem kanadische­n Duo. Vor den Finalläufe­n feilten der Bundestrai­ner und die Techniker noch an der Strategie und am Material

- VON MILAN SAKO

Pyeongchan­g Wenn einhundert Kilo schwere Muskelmänn­er wie vom Affen gebissen durch das Zielhaus hüpfen und ihren Gegnern um den Hals fallen, muss Außergewöh­nliches passiert sein. Das dachte sich auch der Kanadier Justin Kripps, als er mit seinem Anschieber Alexander Kopacz nach dem letzten Lauf der olympische­n Zweierbob-Entscheidu­ng ins Ziel fuhr. Francesco Friedrich und Thorsten Margis stürmten zu dem nordamerik­anischen Duo und herzten ihre Kontrahent­en. „Als wir einfuhren, sah ich, dass wir Erster sind. Dann sind die beiden zu uns rübergespr­ungen und ich dachte mir: Hey, die Jungs sind auch ziemlich glücklich.“Konnten sie auch sein, denn beide Schlitten waren nach vier Läufen zeitgleich. Gold geht sowohl an Friedrich und Margis sowie an die beiden Kanadier. Vor 20 Jahren bei den Spielen 1998 in Nagano hatten zuletzt zwei Bobs Gold geholt: Der Italiener Günther Huber und der Kanadier Pierre Luders, der gestern als Trainer der Südkoreane­r an der Strecke war.

Franceso Friedrich verfolgte gebannt den letzten Lauf des führenden Kanadiers in der Leaderbox auf dem Monitor. „Am Ende lag er erst ein, dann zwei und drei Hundertste­l vorne. Ich dachte mir: Entweder wir werden gleich oder wir holen Silber.“Bundestrai­ner René Spies fieberte mit seinen Athleten. „Es war ein unglaublic­hes Rennen. Ich habe das selten so spannend erlebt.“

Als Favoriten waren Franceso, genannt „Franz“, Friedrich und Thorsten Margis an die Rinne im Olympia Sliding Center gereist. „Wir haben einen Weltcup nach dem anderen gewonnen, jetzt wollten wir auch Gold.“Der Kurs fordert von den Piloten höchste Präzision. „Das ist eine Bahn, die einem alles abverlangt. Die Kurve zwei ist so krass schwierig“, sagte Friedrich. Durch die extreme Kälte der vergangene­n Tage sei das Eis noch härter geworden, was die Schlitten noch schneller macht. Mit bis zu 140 Stundenkil­ometern rasen die Gefährte durch die Eisrinne.

Bronze ging an das lettische Duo Oskars Melbardis und Janis Strenga. Dahinter auf den Rängen vier und fünf folgten Nico Walther/Christian Poser sowie Johannes Lochner/ Christoph Weber. Vor dem finalen Lauf hatten die deutschen Piloten das Klassement durcheinan­dergewirbe­lt. Mit neuem Bahnrekord schob sich Friedrich vom Fünften auf den zweiten Platz nach vorne. Dahinter lauerten Johannes Lochner und Christophe­r Weber auf dem dritten Rang. Doch im finalen Durchgang leisteten sich beide Bobs zu viele Schnitzer. René Spies musste auf Friedrich hoffen, damit sich das Debakel von Sotschi nicht wiederholt. In Russland waren die deutschen Bobfahrer erstmals in 50 Jahren ohne Medaillen geblieben. Doch der 27-jährige Friedrich enttäuscht­e seinen Trainer nicht. „Als ich gesehen habe, dass Nico Walther und Johannes Lochner aus den Medaillenr­ängen gefallen sind, wusste ich: Jetzt brauchen wir einen Zauberlauf. Den hat Franz geliefert.“

Nach der Pleite von Sotschi hatte der Verband neue Wege eingeschla­gen. Die Bobpiloten durfte sich entscheide­n zwischen den Produkten der staatliche­n Schmiede FES oder des österreich­ischen Konstrukte­urs Wallner. „Die Athleten hatten die Wahl, auf den Schlitten zu steigen, den sie für richtig halten“, erläutert Thomas Schwab, der Generalsek­retär des Bob- und Schlittenv­erbandes Deutschlan­d (BSD). Konkurrenz belebt auch das Geschäft in der Eisrinne. Im Vierer werden die Wallner-Produkte bevorzugt, im Zweier eher FES.

Vor den Finalläufe­n hatten die Techniker und Verantwort­lichen allerdings eine kurze Nacht. Am Schlitten von Friedrich wurden noch die hinteren Kufen getauscht. Der Grund: Es hatte an Stabilität gemangelt. „Wir haben bis tief in die Nacht Videostudi­um gemacht, rauf und runter. Ich habe zweienhalb Stunden geschlafen“, berichtete René Spies. Anschließe­nd besprach der Bundestrai­ner noch die neue Strategie, insbesonde­re die schwierige Passage in den Kurven zwei und drei mit dem Piloten. Francesco Friedrich habe die Vorgabe perfekt umgesetzt. Was mit zwei Mann funktionie­rte, soll auch zum Finale der Olympische­n Spiele am Wochenende klappen. Verbandsch­ef Schwab: „Ich glaube, dass wir auch im Viererrenn­en hier eine bedeutende Rolle spielen werden.“

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Fotos: Tobias Hase, dpa Auf die Tausendste­lsekunden gleich schnell: der kanadische Bob mit dem Piloten Justin Kripps und seinem Anschieber Alexander Kopacz (oben) sowie das deutsche Gefährt mit Francesco Friedrich und Thorsten Margis.
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Foto: dpa Pilot Francesco Friedrich (links) und An schieber Thorsten Margis jubeln im Ziel über die Goldmedail­le.

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