Donauwoerther Zeitung

Drittes Springen, dritte Medaille

Nur die Norweger fliegen weiter als das deutsche Quartett. In einem spannenden Duell mit Polen gewinnen Geiger, Leyhe, Freitag und Wellinger mit haudünnem Vorsprung Silber

- VON THOMAS WEISS

Pyeongchan­g Wenn ihnen das einer vor der Saison gesagt hätte, sie hätte denjenigen für verrückt erklärt. Aber nun war es Fakt. Michael Hayböck vom Team Österreich, mit dem sich die Deutschen seit vielen Jahren heiße Duelle liefern, war gerade gelandet und hatte den undankbare­n vierten Rang für RotWeiß-Rot gesichert. In diesem Moment hätte Andreas Wellinger auf die Kleinschan­ze nebenan umziehen und mit einem Sicherheit­ssprung locker die Olympia-Medaille beim Teamspring­en sichern können. Doch das Ziel von Wellinger, der bei diesen Spielen schon Gold und Silber gewonnen hatte, war ein anderes. Er wollte die beiden noch oben stehenden Kamil Stoch (Polen) und Robert Johansson (Norwegen) mit einem weiteren Supersatz unter Druck setzen – auf dass vielleicht doch noch mehr herausspri­nge als nur die Komplettie­rung seines Medaillens­atzes mit Bronze.

Zwar gelang dem 22-jährigen Überfliege­r im deutschen Team mit 134 Metern kein so guter Satz mehr, wie im ersten Durchgang, dennoch leuchtete die Eins auf. Und prompt: Kamil Stoch aus Polen zeigte Nerven, bekam vier Punkte weniger als Wellinger und fiel knapp hinter Deutschlan­d zurück.

Nun war er wieder da, der Traum von Gold. Der Traum davon, den Olympiasie­g von Sotschi zu wiederhole­n. Doch Johansson, der wie Wellinger in allen drei Olympia-Bewerben eine Plakette holte, zupfte nicht mal an seinem Bart, blieb nervenstar­k und setzte mit einem Satz auf 136 Metern ein Ausrufezei­chen hinter den Sieg der Skandinavi­er.

Wellinger war dennoch ebenso geplättet wie die beiden OlympiaDeb­ütanten Karl Geiger und Stephan Leyhe, die sich nicht nur ein Sonderlob von Bundestrai­ner Werner Schuster abholten („Grandios vor allem, wie sich Karl hier in den letzten Tagen reingefuch­st hat.“), sondern wie Freitag ihre erste Olympiamed­aille gewannen. Der 26-jährige Sachse, der seit Sommer in Oberstdorf trainiert, zeigte im Moment seines größten Triumphs Größe und bezog den für Leyhe ausgeboote­ten Markus Eisenbichl­er explizit in sein Lob ein, als er sagte: „Wir sind einfach ein geiles Team.“

In Sotschi hatte Freitag noch zuschauen müssen, wie Wellinger, Marinus Kraus, Severin Freund und Andreas Wank überrasche­nd zu Gold gesegelt waren. „Ich weiß, wie sich das anfühlt“, sagte Freitag.

Der Oberstdorf­er Karl Geiger, dessen Eltern zum Daumendrüc­ken nach Südkorea gekommen waren, hatte Schuster das Vertrauen zurückgeza­hlt, das dieser ihm als Startsprin­ger geschenkt hatte. „Ich war zwar nervös, aber ich bin konzentrie­rt geblieben und hab’ zwei gute Sprünge runtergebr­acht. Ich freue mich riesig über Silber“, jubelte der 25-Jährige, der in Pyeongchan­g endgültig vom Karle zum Karl gereift ist.

Wellinger schaffte sogar Historisch­es: Er ist der erste deutsche Springer, der drei Medaillen bei den gleichen Spielen holte. „Ein Traum“, sagte der 22-Jährige, dem Bundestrai­ner Schuster eine große Zukunft voraussagt, „wenn er vernünftig bleibt.“Deshalb werde jetzt gefeiert – und nächste Woche wieder trainiert, schließlic­h sei im Gesamtwelt­cup noch was drin. „Wie hart eine Olympia-Medaille erarbeitet werden muss, das weiß man erst, wenn man mal keine mehr macht. Fragt nach bei den Österreich­ern.“

„Für uns sind das riesige Spiele mit drei Medaillen.“Bundestrai­ner Werner Schuster

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Foto: Daniel Karmann, dpa Freude über Silber im Teamspring­en: Das deutsche Quartett mit Stephan Leyhe, Karl Geiger, Richard Freitag und Andreas Wel linger (von links).

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