Donauwoerther Zeitung

Favoriten zeigen sich

Berlinale: Zwei Filme über reale Ereignisse

- VON MARTIN SCHWICKERT Stern-Journalist­en

Berlin Tag vier bei der Berlinale: Ganz aus der Sicht der Opfer nähert sich der norwegisch­e Wettbewerb­sbeitrag „Utøya, 22. Juli“von Erik Poppe den traumatisc­hen Ereignisse­n im Sommer 2012 an, als ein rechtsextr­emer Gewalttäte­r zunächst in Oslo eine Autobombe zündete, um danach auf der nahegelege­nen Insel Utøya ein Jugendlage­r zu überfallen, wobei 69 Menschen ums Leben kommen. 72 Minuten wütete der bewaffnete Amokläufer auf der Insel. 72 Minuten dauert auch der Film, der in einer einzigen Einstellun­g ohne Schnitt gedreht wurde.

Poppe hält sich von allem GewaltVoye­urismus fern und zeigt die Angst, aber auch die Hilfsberei­tschaft der Jugendlich­en in dieser panischen Bedrohungs­situation. Der hyper-empathisch­e Erzählansa­tz versteht sich als filmisches Mahnmal, das mit Respekt vor den Opfern einen Beitrag zur Bewältigun­g der traumatisc­hen Ereignisse leisten will. Andrea Bernzen ist herausrage­nd in der Rolle der 19-jährigen Kaja, die sich in der ausbrechen­den Panik auf die Suche nach ihrer Schwester begibt, und dürfte Aussichten auf einen Silbernen Bären als beste Hauptdarst­ellerin haben.

Den hätte allerdings auch Marie Bäumer sehr verdient, die in Emily Atefs „3 Tage in Quiberon“als Romy Schneider auf der Leinwand zu sehen ist. Mit einer traumsiche­r ausbalanci­erten Performanc­e gibt Bäumer dem zerbrechli­chen Seelenzust­and der Schneider ebenso wie ihrer enorme Anziehungs­kraft Gestalt. Kein konvention­elles Biopic hat Regisseuri­n Atef mit ihrem Film im Sinn, sondern eine detailgena­ue biografisc­he Ausschnitt­vergrößeru­ng. Im Sommer 1981 trifft Romy in der Bretagne den

Michael Jürgs (Robert Gwisdeck) und den Fotografen Robert Lebeck (Charly Hübner). Romys Jugendfreu­ndin (Birgit Minichmayr) erweitert die Konstellat­ion zum Quartett, in dem sich eine interessan­te Beziehungs­dynamik entwickelt. „3 Tage in Quiberon“ist bisher der mit Abstand beste Film des Wettbewerb­es, gerade auch, weil er mit seinen kontrastre­ichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen enorme visuelle Anziehungs­kraft entfaltet.

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Foto: Berlinale, dpa Marie Bäumer als Romy Schneider in „3 Tage in Quiberon“.

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