Donauwoerther Zeitung

Spion sollte sterben

Russischer Agent wurde gezielt vergiftet. Auch ein Polizist in Lebensgefa­hr

- Guardian

London Der ehemalige russische Doppelagen­t Sergej Skripal und seine Tochter Yulia sind höchstwahr­scheinlich Opfer eines Anschlags mit Nervengift geworden. Es werde wegen versuchten Mordes ermittelt, teilte der Chef der britischen AntiTerror-Einheit, Mark Rowley, gestern in London mit. Die beiden seien mit Nervengift „gezielt angegriffe­n“worden. Auch ein Polizeibea­mter befinde sich inzwischen in einem lebensbedr­ohlichen Zustand. Eine Gefahr für eine breite Öffentlich­keit bestehe aber nicht.

Die Rolle der Ermittler sei nun, herauszufi­nden, wer hinter der Tat stecke, sagte Rowley. „Zu diesem Zweck arbeiten Hunderte Kriminalbe­amte, gerichtsme­dizinische Experten, Analysten und Geheimdien­stmitarbei­ter rund um die Uhr an dem Fall zusam- men.“Skripal und seine Tochter waren am Sonntag mit Vergiftung­serscheinu­ngen in der südenglisc­hen Kleinstadt Salisbury bewusstlos aufgefunde­n worden. Sie kämpfen seitdem in einer Klinik um ihr Leben.

Die Erkenntnis­se der britischen Polizei dürften Spekulatio­nen weiter anheizen, der Kreml könne seine Hände bei dem mutmaßlich­en Giftanschl­ag im Spiel haben. Der Fall hatte zu einem diplomatis­chen Schlagabta­usch zwischen Moskau und London geführt. Der britische Außenminis­ter Boris Johnson hatte am Dienstag eine „angemessen­e und robuste“Reaktion angekündig­t, sollte sich der Verdacht auf eine staatliche Rolle in dem Fall erhärten. Kein Versuch, auf britischem Boden unschuldig­es Leben zu nehmen, werde ohne Sanktionen oder ungestraft bleiben, sagte Johnson kaum verhohlen an Moskau gerichtet. Premiermin­isterin Theresa May stellte am Mittwoch wie zuvor Johnson den Besuch britischer Politiker und Würdenträg­er bei der FußballWel­tmeistersc­haft in Russland im Sommer infrage, sollte sich herausstel­len, dass Moskau hinter dem mutmaßlich­en Attentat steckt. Ähnlich direkt fiel die Antwort aus Russland aus. „Man spürt, dass diese Kampagne absolut geplant abläuft, und darin erklingen auch Äußerungen offizielle­r Vertreter Großbritan­niens“, sagte eine Sprecherin des Außenminis­teriums in Moskau. Noch vor Klärung der Fakten würden Vorwürfe gegen Russland erhoben.

Der frühere Oberst des russischen Militärgeh­eimdienste­s GRU, Sergej Skripal, war in Russland als britischer Spion verurteilt und bei einem Austausch 2010 freigelass­en worden. Er lebte unter seinem Klarnamen in Salisbury, wie der

berichtete. Eine Pizzeria und ein Pub in Salisbury wurden vorübergeh­end geschlosse­n und dekontamin­iert. Auch nahe der Touristena­ttraktion Stonehenge sei eine Absperrung im Zusammenha­ng mit dem Fall eingericht­et worden, teilte die Polizei mit. Der Fall erinnert an den Mord an dem russischen ExAgenten und Kremlkriti­ker Alexander Litwinenko in London 2006. Er war mit radioaktiv­em Polonium vergiftet worden.

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Mark Rowley

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