Donauwoerther Zeitung

Der Aufstieg des Heiko Maas

Ressortwec­hsel für den Mann aus dem Saarland: Der bisherige Justizmini­ster soll Außenminis­ter werden. Seine Partnerin Natalia Wörner könnte ihm bei der Arbeit im Auswärtige­n Amt helfen

- VON PHILIPP KINNE

Augsburg Als Heiko Maas vor gut drei Jahren als Justizmini­ster nach Berlin kam, war er wohl genauso überrascht, wie der Rest der Republik. Gut vorbereite­t war der Mann aus dem Saarland jedenfalls nicht. Drei Monate habe er im Büro schlafen müssen, weil er keine Wohnung in Berlin fand, erzählte Maas einmal. Und nun die nächste Überraschu­ng: Außenminis­ter.

Maas ist kein Polterer, kein emotionsge­triebener Politiker. Er ist ein Macher. Das Bild vom Workaholic, der abends am Schreibtis­ch im Büro einschläft, passt zu dem Mann, der als Justizmini­ster ein Gesetz nach dem anderen auf den Weg brachte. Sexualstra­frecht, Mietpreisb­remse, Frauenquot­e, Anti-Doping-Gesetz, Ehe für alle – der Jurist will gestalten. Und Außenpolit­ik? Viel hat Maas dabei nicht vorzuweise­n: hier und da ein paar Reisen als Justizmini­ster, regelmäßig­e Beratungen der EU-Justiz- und Innenminis­ter in Brüssel. Und als Saarländer hat er von Haus aus eine besondere Verbindung zu Europa und auch zum Nachbarlan­d Frankreich. Er spricht ein bisschen Französisc­h und passables Englisch, heißt es. Aber als großer Außenpolit­iker ist er bislang nicht in Erscheinun­g getreten.

Für seine Kritiker ist Maas zu Beginn seines Amts als Justizmini­ster ein notorische­r Verlierer, der dreimal als Spitzenkan­didat antrat, aber nie Ministerpr­äsident im Saarland wurde. Ein Justizmini­ster ohne Erfahrung. Doch der Triathlet ist ein Mann mit Ausdauer. Sigmar Gabriel ruft ihn ins Amt. Eine durchaus gewagte Entscheidu­ng.

Anders als in der Hauptstadt war Maas damals in seiner Heimat politisch bereits eine große Nummer. Mit 26 Jahren wird er Vorsitzend­er der saarländis­chen Jusos. Vom Ministerpr­äsidenten Oskar Lafontaine (damals noch in der SPD) gefördert, zieht er zwei Jahre später in den saarländis­chen Landtag ein. Von nun an geht es für Maas steil nach oben. Erst Staatssekr­etär, dann Ressortche­f im Umweltmini­sterium, später Wirtschaft­sminister und Vize-Regierungs­chef im Saarland.

Als Justizmini­ster in Berlin machte sich der älteste von drei Söhnen eines Berufssold­aten und einer Schneideri­n bundesweit einen Namen. Er handelte sich aber auch viel Kritik ein: etwa mit seinem Schwenk bei der Vorratsdat­enspeicher­ung oder seinem umstritten­en Gesetz gegen Hetze im Internet. Aber vor allem verschafft­e sich Maas bei alldem viel Aufmerksam­keit. Auch dadurch, dass er sich gerne und ausgiebig ebenso zu Themen jenseits der eigenen Ressortzus­tändigkeit äußerte.

Mit harten Worten gegen Fremdenfei­nde ist der SPD-Politiker außerdem zu einer Art Hassfigur für Rechtsextr­eme geworden. Beschimpfu­ngen und Bedrohunge­n sind für ihn Alltag. Maas hat auch schon mal eine Neun-Millimeter­Patrone im Briefkaste­n seiner Privatwohn­ung gefunden. Provoziere­n lässt er sich durch solche Anfeindung­en nicht, bleibt ruhig und behält meist einen sachlichen Tonfall.

Wohlgesinn­te loben, Maas zeige Haltung, habe ein Gespür für Themen und sei eben umtriebig. Kritiker werfen ihm dagegen Aktionismu­s und übermäßig viel Eigenwerbu­ng vor. Er weiß durchaus, sich in Szene zu setzen: stilsicher gekleidet, souverän im Auftreten, rhetorisch eloquent und sehr präsent in Medien und sozialen Netzwerken.

Mit Sigmar Gabriel und FrankWalte­r Steinmeier hat er zwei Vorgänger, die das Amt auf völlig unterschie­dliche Weise geführt haben: Steinmeier als Super-Diplomat, der Außenpolit­ik vor allem als kleinteili­gen Verhandlun­gsprozess verstand. Gabriel als Un-Diplomat, der den

Bedrohunge­n und Beschimp fungen sind für Maas Alltag

großen Auftritt mit klaren, teils provokativ­en Ansagen auf der internatio­nalen Bühne liebte. Irgendwo dazwischen wird sich Maas einordnen.

Unterstütz­ung für den Start ins neue Amt könnte Maas von seiner Partnerin Natalia Wörner bekommen. Die Schauspiel­erin war vor ein paar Jahren die Hauptfigur in der Fernsehser­ie „Die Diplomatin“. Als Vorbereitu­ng für ihre Rolle als Außenamtsm­itarbeiter­in für besonders schwierige Fälle reiste sie auch mal im Regierungs­flieger des damaligen Außenminis­ters Steinmeier mit. Nun ist Maas dran.

 ?? Foto: dpa ?? Als Justizmini­ster machte sich Heiko Maas bundesweit einen Namen. Nun soll er als Außenminis­ter das wohl prestigetr­ächtigste Ministeram­t übernehmen.
Foto: dpa Als Justizmini­ster machte sich Heiko Maas bundesweit einen Namen. Nun soll er als Außenminis­ter das wohl prestigetr­ächtigste Ministeram­t übernehmen.

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