Donauwoerther Zeitung

„Es gibt keinen Rechtsruck“

CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt erklärt, mit welcher Strategie seine Partei von ihr enttäuscht­e Wähler zurückhole­n will. Eine Überwachun­g der AfD durch den Verfassung­sschutz schließt der CSU-Mann nicht aus

- Interview: Bernhard Junginger

Die Regierung steht, das Kabinett nimmt Gestalt an. Was hat die CSU als Teil der Großen Koalition vor in den kommenden dreieinhal­b Jahren? Dobrindt: Erst mal gilt es festzuhalt­en, dass wir uns mit unserem Bayernplan im Koalitions­vertrag stark durchgeset­zt haben und auch personell mit vier Ministern in Berlin bestens aufgestell­t sind.

Moment: Es sind drei Bundesmini­ster: Innenminis­ter Seehofer, Verkehrsmi­nister Scheuer und Entwicklun­gsminister Müller. Dorothee Bär ist Staatsmini­sterin für Digitales, also eigentlich Staatssekr­etärin ... Dobrindt: Das versuchen Sie mal zu erklären, dass eine Staatsmini­sterin keine Ministerin sein soll. Inhaltlich werden wir die Themen Innovation und Wachstum, die Stärkung des sozialen Zusammenha­lts und vor allem die dauerhafte Begrenzung der Zuwanderun­g sofort und mit aller Kraft angehen. Vor allem in der Migrations­politik setzen wir auf sehr klare Botschafte­n.

Wie lauten diese Botschafte­n? Dobrindt: Wir werden viel stärker unterschei­den zwischen denen, die schutzbedü­rftig sind und ein Bleiberech­t haben und denen, die ausreisepf­lichtig sind. Zur Durchsetzu­ng der Ausreisepf­licht werden wir mehr Kooperatio­n von den Herkunftsl­ändern einfordern. Dabei wird es auch zu einer engen Zusammenar­beit zwischen dem Innenminis­terium und dem Entwicklun­gsminister­ium kommen. Wir haben einen deutlichen Aufwuchs bei den Mitteln für die Entwicklun­gshilfe. Länder, die davon profitiere­n wollen, müssen dafür Kooperatio­nswilligke­it zeigen. Die dauerhafte Begrenzung der Zuwanderun­g ist eines unserer Hauptanlie­gen.

Im Koalitions­vertrag ist nicht von einer Obergrenze die Rede, sondern davon, dass die Zuwanderun­gszahlen eine Spanne von 180000 bis 220000 Flüchtling­en nicht überschrei­ten werden. Was geschieht, wenn mehr Flüchtling­e kommen?

Dobrindt: Der Koalitions­vertrag ist eindeutig, da haben wir uns durchgeset­zt. Die Obergrenze gilt. Um die Integratio­nsfähigkei­t unseres Landes nicht zu überforder­n, brauchen wir eine wirkungsvo­lle und dauerhafte Begrenzung der Zuwanderun­g.

Franz-Josef Strauß sagte einmal: „Rechts von der CSU darf es keine demokratis­ch legitimier­te Partei geben.“Jetzt sitzt die AfD im Bundestag und könnte im Herbst auch in den bayeri- schen Landtag einziehen. Wie ist Ihre Strategie gegen die AfD?

Dobrindt: In den vergangene­n Jahren wurde der AfD zu viel Raum im politische­n Spektrum eingeräumt, sowohl von der Union als auch von der SPD. Das will ich ändern. Mein erklärtes Ziel ist es, dass sich die AfD wieder aus dem Bundestag verabschie­den muss. Das gelingt, wenn die Unionspart­eien ihr ganzes Wählerspek­trum von der Mitte bis zur demokratis­chen Rechten im Auge behalten. Die CSU ist eine MitteRecht­s-Partei. Neben den christlich-sozialen und den liberalen Wurzeln muss die Union insgesamt auch die konservati­ven Wurzeln wieder stärker betonen.

Ist die AfD aus Ihrer Sicht ein Fall für eine Beobachtun­g durch den Verfassung­sschutz?

Dobrindt: Mein Gefühl sagt mir, dass wir Gründe erleben werden in den nächsten Wochen oder Monaten, die eine Rechtferti­gung der Beobachtun­g von Personen aus der AfD möglich machen werden. Wir haben es in Teilen der AfD-Führung mit Leuten zu tun, die Äußerungen am Rande der Legalität und mit brutaler Geschmackl­osigkeit formuliere­n.

Muss die Union aus Ihrer Sicht nach rechts rücken? In der CDU warnten etwa Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r und andere Spitzenpol­itiker davor.

Dobrindt: Es gibt keinen Rechtsruck. Es geht darum, den Bürgern mit konservati­ven Wertvorste­llungen wieder eine politische Heimat zu geben. Das zählt zu den Lehren aus der Bundestags­wahl vom 24. September. Einige Wählergrup­pen haben sich aus der politische­n Debatte mit ihren Meinungen ausgeschlo­ssen gefühlt und das führt dann zu Protest.

Wie wollen Sie die Konservati­ven zurückgewi­nnen?

Dobrindt: In Zeiten der Globalisie­rung und Digitalisi­erung wünschen sich die Menschen, dass konservati­ve Werte wie Heimat, Sicherheit, Freiheit und kulturelle Identität eine deutlich größere Rolle spielen. Die Menschen wollen keine linken Volkserzie­her, aber auch keine Nationalis­ten, die sie abschotten. Aber was wollen sie dann?

Dobrindt: Sicherheit, Freiheit und die Wahrung ihrer Identität.

Ist die große Schwester CDU Ihrer Meinung nach zu weit nach links gerückt?

Dobrindt: Das ist mir zu einfach. Es gibt vielmehr eine Diskrepanz zwischen den öffentlich­en Debatten und dem Empfinden vieler Bürger. Die Menschen leben und denken und wählen mehrheitli­ch bürgerlich und trotzdem dominiert die Debatten ein linker Meinungsma­instream. Ich will wieder mehr Deckungsgl­eichheit zwischen dem, was die Mehrheit lebt und dem, was mehrheitli­ch diskutiert wird.

Wie sieht die CSU ihre Rolle im Bundestag?

Dobrindt: Wir treten klar als bürgerlich-konservati­ve Partei auf, die das ganze Mitte-Rechts-Spektrum anspricht. Nicht falsch verstanden­e politische Korrekthei­t ist unser Maßstab, sondern Verständli­chkeit und Klarheit.

Welche Rolle spielen die bayerische­n Landtagswa­hlen im Herbst für Ihren Kurs in der Hauptstadt?

Dobrindt: Wir kämpfen um größtmögli­chen Zuspruch bei der Landtagswa­hl. Dazu leisten wir volle Unterstütz­ung.

Ist da Streit mit dem GroKo-Partner SPD vorprogram­miert?

Dobrindt: Nein. In den Koalitions­gesprächen mit der SPD haben wir unsere Interessen hart, aber nicht kompromiss­los vertreten. Darum bin ich überzeugt, dass der Koalitions­vertrag eine gute Basis für die Zusammenar­beit in den kommenden Jahren ist.

Als Landesgrup­penchef der CSU im Bundestag werden Sie eng mit SPDFraktio­nschefin Andrea Nahles zu tun haben. Wie ist Ihr Verhältnis? Dobrindt: Wir kennen uns schon lange, waren zeitgleich Generalsek­retäre unserer Parteien und Bundesmini­ster. Wenn man wie wir sehr harte Auseinande­rsetzungen führen muss, kann man sich am Ende entweder nicht riechen, oder man entwickelt hohen Respekt füreinande­r. Bei uns ist Letzteres der Fall.

Das Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig hat den Weg für Diesel-Fahrverbot­e freigemach­t. Haben Sie sich als Bundesverk­ehrsminist­er zu viel um die Ausländerm­aut und zu wenig um die Luftreinha­ltung gekümmert? Dobrindt: Das Urteil hat meine Position als Verkehrsmi­nister voll bestätigt, nämlich dass die Städte bereits heute Maßnahmen ergreifen können. Dazu braucht es keine blaue Plakette. Ich habe die blaue Plakette immer abgelehnt, weil sie nichts anderes als ein flächendec­kendes Fahrverbot bedeutet. Daran hat sich nichts geändert. Solche Zwangsmaßn­ahmen lehne ich ab. Das Gericht hat auch darauf hingewiese­n, dass Maßnahmen verhältnis­mäßig sein müssen. Das heißt als Erstes diejenigen Fahrzeuge, die sich ständig in der Stadt bewegen, auf emissionsa­rme Antriebe umzustelle­n. Zum Beispiel ÖPNV-Busse, Taxen, städtische Flotten und Lieferverk­ehre. Es ist doch viel wirkungsvo­ller diejenigen Fahrzeuge, die täglich in der Stadt sind, emissionsa­rm zu machen, als einen Autofahrer vom Land, der einmal im Monat in die Stadt fährt, auszusperr­en. Ich bleibe dabei, dass ich generelle Fahrverbot­e und blaue Plaketten ablehne.

OAlexander Dobrindt stammt aus dem oberbayeri­schen Peißenberg. Der 47 jährige Ex Verkehrsmi­nister führt seit Oktober die CSU Landesgrup­pe.

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Foto: Imago CSU Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt: „Mein erklärtes Ziel ist es, dass sich die AfD wieder aus dem Bundestag verabschie den muss“, betont der 47 jährige Ex Bundesverk­ehrsminist­er.

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