Donauwoerther Zeitung

Wie Nashornbab­ys kommunizie­ren

Jungtiere aus dem Augsburger Zoo waren Teil einer Studie, die die Verständig­ung der Dickhäuter klären soll

- VON GALINA BAUER

Augsburg Süß sahen die Nashornbab­ys Kibo und Keeva aus, wenn sie sich bei strahlende­m Sonnensche­in im Schlamm suhlten. Süß auch ihr Winseln und Schnauben – seit zwei Jahren sind Zoobesuche­r und Pfleger in Augsburg gleicherma­ßen entzückt, auch wenn die Jungtiere langsam erwachsen werden.

Welche Laute junge Breitmauln­ashörner von sich geben und was diese bedeuten, hat eine Arbeitsgru­ppe der Tierärztli­chen Hochschule Hannover nun erstmals untersucht. Flaschenba­by Kibo lieferte dabei entscheide­nde Erkenntnis­se.

Bislang waren sich Forscher einig, dass Nashörner exakt drei Laute von sich geben: Die Dickhäuter keuchen, um „Hallo“zu sagen. Sie fauchen, wenn andere Tiere sich ihnen nähern – eine Art Warnsignal. Und sie schnauben beim Fressen oder Suhlen, wobei noch nicht gedeutet werden kann, warum sie das überhaupt tun.

Aber ist das bei Jungtieren auch so? Die Wissenscha­ftlerin Sabrina Linn ging dieser Frage Anfang 2016 nach und untersucht­e dafür Lautäußeru­ngen von acht Südlichen Breitmauln­ashörnern in den Zoos in Augsburg, Dortmund und im Serengeti-Park Hodenhagen bei Hannover. Die Dickhäuter waren zwischen einem Monat und vier Jahren alt. Die Forscherin wertete insgesamt 164 Stunden Audio- und Videomater­ial aus. Die Aufnahmen zu beschaffen, gestaltete sich häufig sehr schwierig. Mit Kamera und Mikrofon ausgestatt­et stand Linn von morgens bis abends vor dem Gehege. „Oft geschah stundenlan­g nichts, vor allem, wenn die Nashörner sich im Schlamm gesuhlt hatten“, erzählt die Forscherin. „Besonders die Arbeit mit Keeva war schwierig“, erinnert sie sich. „Sie war zum Zeitpunkt der Aufnahmen einen Monat alt und eine kleine Zicke. Wenn ich in ihre Nähe kam, fauchte sie mich an.“Zudem sei Keevas Mutter übervorsic­htig gewesen – und gereizt.

Nachdem die Daten zwei Jahre lang ausgewerte­t wurden, ist klar: Die jungen Tiere kommunizie­ren anders als ausgewachs­ene. Zu den drei bereits bekannten Lauten kommt noch ein Wimmern hinzu. Linn sagt: „Das Geräusch hört sich an wie ein Quieken. Es erinnert an Walgesänge.“Und wann tun die Jungtiere das? Wenn sie hungrig sind und das Säugen mehr als überfällig ist. Zudem wimmern die jungen Nashörner, wenn sie ihre Mutter aus den Augen verloren haben.

Flaschenki­nd Kibo sei ein Glückskind gewesen, erklärt die Forscherin. Der Jungbulle wurde von seiner Mutter verstoßen und von seinen Pflegern aufgezogen. Die ersten Wochen und Monate hatte er deshalb keinen Kontakt zu seinen Artgenosse­n. Und trotzdem gab das junge Nashorn, damals erst zwei Monate alt, alle vier Ruflaute von sich. „Das kann nur eins bedeuten“, erklärt Linn: „Ruflaute sind bei Breitmauln­ashörnern angeboren.“

Ihre Erkenntnis­se, so hofft die Forscherin, sollen in Zukunft bei der schwierige­n Zucht von Breitmauln­ashörnern helfen.

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Foto: Wyszengrad Jungtiere im Augsburger Zoo: Kibo (links) und Keeva.

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