Grippefälle: Dunkelziffer zehnmal so hoch?
Der Leiter des Gesundheitsamts am Landratsamt geht von einem Vielfachen an Kranken im Vergleich zu den offiziellen Meldungen aus. Welche Personengruppen es heuer besonders trifft und wie man sich am besten schützen kann
Landkreis Knapp gemeldete 150 Fälle von Influenza-Erkrankungen gab es in diesem Winter im Landkreis. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Zahl um das Vierfache gestiegen. Einige Menschen sind an der Grippe und den Folgen sogar gestorben. Wir sprachen mit Dr. Rainer Mainka, Leiter des Gesundheitsamts am Landratsamt, warum die Grippe heuer besonders häufig auftritt und wie man sich schützen kann.
Was sind die Gründe, dass es in diesem Winter deutlich mehr Fälle gibt als in den vergangenen Jahren?
Mainka: Die Anzahl der Grippeerkrankungen schwankt jährlich. Jahre mit weniger Erkrankungen wechseln mit epidemieartigen Verläufen. In diesem Jahr haben wir wieder eine Häufung von Erkrankungen.
Gibt es Schätzungen, wie hoch die Dunkelziffer der Erkrankungen ist? Mainka: Es gibt keine Studien oder offizielle Schätzungen. Nicht jeder Patient mit Grippesymptomatik geht zum Arzt, und nicht jeder Arzt nimmt bei jedem Patienten Proben. Es ist aber von einem Vielfachen von Erkrankten im Vergleich zu den gemeldeten Fällen auszugehen, die vorsichtige Annahme eines Faktors zehn ist wahrscheinlich nicht zu hoch gegriffen.
Welche Gruppen sind besonders betroffen und gefährdet?
Mainka: Heuer trifft es viele Kinder und Senioren. Kinder und Jugendliche erkranken häufiger am Virustyp A als Senioren – derzeit überwiegt Typ B des Virus eindeutig. Gefährdet bezüglich Komplikationen sind ältere Menschen, Patienten mit Vorerkrankungen an Herz oder Lunge und immungeschwächte Personen. Was gilt es zu beachten, um eine Ansteckung zu vermeiden?
Mainka: Der beste Schutz wäre durch eine Schutzimpfung zu erreichen in Kombination mit Vermeidung von Massenveranstaltungen. Auch persönliche Schutzvorkehrungen wie zum Beispiel der Einmalgebrauch von Taschentüchern, Niesen und Husten in die Ellenbeuge statt in die Hand, Vermeiden von engen Personenkontakten und regelmäßiges gründliches Händewaschen nach Kontakt mit möglicherweise viruskontaminierten Flächen, wie Türklinken, sind hilfreich.
Wie lange ist die Situation noch bedrohlich?
Mainka: Wir hoffen, dass die derzeitige Grippewelle langsam abebbt. Aktuelle Daten hierzu werden Anfang der kommenden Woche vorliegen. Es ist nicht auszuschließen, dass es im Anschluss an die jetzige Phase noch zu einer weiteren neuen Grippewelle kommt.
Lohnt sich eine Impfung zum jetzigen Zeitpunkt noch?
Mainka: Ein Impfschutz für die derzeitige Grippewelle lässt sich wahrscheinlich nicht mehr aufbauen, denn bis die Impfung wirkt, dauert es zehn bis 14 Tage. Personen, die sich gegen Grippe impfen lassen wollen, sollen das rechtzeitig in den Herbst- und frühen Wintermonaten durchführen lassen. Wer sich noch gegen eine mögliche neue Grippewelle schützen will, kann auch jetzt noch eine Grippeimpfung in Erwägung ziehen.