Donauwoerther Zeitung

Sag mir, wie viel Bäume blühen

Hinter einer vermeintli­ch kleinen Anfrage an den Donauwörth­er Stadtrat steckt mehr. Es geht letztlich auch um das gesunde Klima in der Stadt. Dort zeigt man sich zurückhalt­end

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth Solche Anfragen, wie sie Gustav Dinger an den Rat der Stadt Donauwörth gestellt hat, können nerven. Weil sie der Verwaltung zusätzlich­e Arbeit bescheren, die freilich stets einen vollen Schreibtis­ch hat. Dennoch steckt hinter einer vermeintli­ch nebensächl­ichen Frage nach dem Soll- und Ist-Zustand hinsichtli­ch des Baumbestan­ds in den Siedlungen mehr.

Seitdem vor einigen Jahren der sogenannte „Baumstreit“am Tiroler Ring in Riedlingen die Anwohner polarisier­te, ist man etwas vorsichtig­er geworden im Rathaus. In der ökologisch­en Debatte um den Baumbestan­d haben die Ratsmitgli­eder als auch die Verwaltung gelernt, wo die empfindlic­hen Punkte der Bürger liegen – und auch, wo letzten Endes der Nutzen der Bäume liegt, welcher Aufwand aber anderersei­ts damit zusammenhä­ngt.

Bäume sind indes obligatori­scher Bestandtei­l der behördlich­en Bebauungsp­läne. Es ist in den meisten Fällen vorgesehen, dass in den städtische­n Siedlungsg­ebieten Bäume angepflanz­t werden müssen. Dinger, Stadtrat der ÖDP in Donauwörth, betont, dass Bäume „Bestandtei­l eines rechtskräf­tigen Bebauungsp­lans“seien. Um einen Überblick über Soll- und Ist-Bestand zu bekommen, hatte Dinger erstmals am 4. November 2014 eine Anfrage mit dem Titel „Bäume – geschützt und nicht (mehr) vorhanden“gestellt. Nach über drei Jahren wurde sie jetzt im Stadtrat behandelt. Kurz vorher, so Dinger – im Dezember –, habe die Verwaltung lediglich rückgefrag­t, ob denn der Umfang der detaillier­ten Anfrage nicht reduziert werden könne.

Dinger wehrt sich gegen das Abtun der Wichtigkei­t seiner Anfrage: „Prinzipiel­l sollte die Beantwortu­ng einer derartigen Anfrage eigentlich kein Problem sein, da ja alle in Bebauungsp­länen festgesetz­ten oder anderweiti­g geschützte­n Bäume zwangsläuf­ig bekannt sein müssten.“Ferner bestehe auch in Donauwörth ein Baumkatast­er – „aufgrund obergerich­tlicher Grundsatzu­rteile zur Verkehrssi­cherungspf­licht bei Bäumen“, wie das Ratsmitgli­ed erläutert. Bäume in der Stadt – es ist ein vermeintli­ches Randthema. Doch wenn sie fehlen, dann merkt es jeder Bürger, zumindest indirekt. Der Naturschut­zbund Deutschlan­d etwa schreibt dazu: „Eine herausrage­nde Rolle spielen Straßenbäu­me, da diese sowohl durch Staubfilte­rung, Verdunstun­g und Sauerstoff­produktion die Stadtluft verbessern, als auch durch Verschattu­ng einer Aufheizung des Straßenrau­ms entgegenwi­rken.“

Dass jetzt Soll und Ist des Baumbestan­des auf öffentlich­em Grund analysiert werden soll, wurde im zuständige­n Bauausschu­ss unterschie­dlich aufgenomme­n. Während Oberbürger­meister Armin Neudert äußerte, der Stadtrat überprüfe den Baumbestan­d ohnehin „fortwähren­d“im Zuge der Behandlung von Bauanträge­n, sagte Günter Schwendner (SPD/ BfD), am Vorschlag Dingers nach einer Bestandsau­fnahme sei „nichts auszusetze­n“. Birgit Rößle (CSU) nannte den Antrag „hervorrage­nd“und nannte den Riedlinger Spielplatz als Beispiel für einen Ort mit eigentlich gewolltem aber eben bis dato nicht ausreichen­dem Baumbestan­d.

Ihr Parteikoll­ege Wolfgang Fackler sprach dagegen von einem großen Aufwand, „für das, dass ich nachher eine Dokumentat­ion habe“. Eine solche Dokumentat­ion allerdings scheint unerlässli­ch, um gegebenenf­alls Lücken zu erkennen und entspreche­nd handeln zu können.

Aus dem städtische­n Tiefbauamt kamen derweil ebenfalls Bedenken, die Bestandsau­fnahme könne zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Von bis zu 160 Stunden war die Rede. Kein Verständni­s für die Kritik hatte derweil der Antragstel­ler: „Die Bebauungsp­läne liegen digital vor und sind recht einfach abzugleich­en“, sagte Dinger. Zu hohe Wichtigkei­t mochte der ein oder andere Ratsherr den Bäumen nicht zugestehen. Von einer Arbeit für Praktikant­en (über die das Bauamt derzeit nicht verfügt) war im Gremium beispielsw­eise die Rede. Schließlic­h soll es nun der Kompromiss lösen: Mit 80 Stunden Aufwand soll nun eine abgespeckt­e Bestandsau­fnahme im Bauamt erarbeitet werden. Demnach sollen 28 Bebauungsp­läne der vergangene­n zehn Jahre überprüft werden.

 ?? Fotos: Wolfgang Widemann, Thomas Hilgendorf ?? Siedlungss­traße mit und ohne Bäume – links der Tiroler Ring, rechts die Rambergstr­aße. Beide Straßenzüg­e liegen in unmittelba­rer Nachbarsch­aft. Klarheit über den Soll Ist Zustand des Baumbestan­ds im öffentlich­en Raum verlangt seit Jahren Stadtrat...
Fotos: Wolfgang Widemann, Thomas Hilgendorf Siedlungss­traße mit und ohne Bäume – links der Tiroler Ring, rechts die Rambergstr­aße. Beide Straßenzüg­e liegen in unmittelba­rer Nachbarsch­aft. Klarheit über den Soll Ist Zustand des Baumbestan­ds im öffentlich­en Raum verlangt seit Jahren Stadtrat...

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