„‚avenidas‘ war der Anfang der Bewegung, der Beginn der Konkreten Poesie“
Der Anfang. Früh schon ist Eugen Gomringer für die Konkrete Kunst entflammt. Als 1944 in der vom Krieg verschonten Schweiz die erste internationale Ausstellung der damals noch recht neuen Kunstrichtung stattfindet, bestaunt er, der in Zürich aufwächst, die geometrischkühlen Bildfindungen der versammelten Künstler. Schon damals keimt in ihm der Gedanke: Dieses Prinzip, jeglichem Abbildungszweck, jeglicher symbolischen Bedeutungsabsicht aus dem Weg zu gehen und sich statt dessen auf das rein Materielle, das Konkrete, zu beschränken – ließe sich dieses Prinzip nicht auch auf die Sprache übertragen?
1953 ist es soweit. Eugen Gomringers Epoche machender mehrsprachiger Gedichtband „konstellationen“erscheint, darin, gleich auf der ersten Seite und in typischer Kleinschreibung, „avenidas“. Da ist er schon Sekretär des Schweizer Künstlers Max Bill an der Ulmer Hochschule für Gestaltung. An dem legendären Institut lernt er sie kennen, die künstlerischen Baumeister der Nachkriegsmoderne, hier auch wird der Begriff festgelegt für das, was Gomringer zu Papier bringt: Konkrete Poesie. Der Tisch aus der Ulmer Hochschule, an dem die Wortfügung im gegenseitigen Gedankenaustausch gefunden wurde, steht heute in Rehau in der „Zelle“. „Dann aber musste ich auch Geld verdienen.“Gomringer ist mit seinem Besuch ins Ausstellungs-Stockwerk des IKKP hinübergewechselt, man sitzt bei Kaffee und Wasser, und der Dichter erzählt, wie es nach den Ulmer Jahren für ihn weiterging. Nur von der Lyrik kann er nicht leben, und so nimmt er Jobs bei verschiedenen Unternehmen an. Erst in der Schweiz, dann in Deutschland.
1967 wird er Kulturbeauftragter des Porzellanherstellers Rosenthal in Selb. „Da hatte ich Spesenaufgaben zu erledigen“, sagt er und lacht in sich hinein. „Spesenaufgaben, weil ich große Künstler gewinnen sollte. Das aber hat oft wochenlang gedauert, denen hinterherzureisen und sie für das Vorhaben zu gewinnen.“Rosenthal will sich mit den Entwürfen berühmter Künstler schmücken.