Donauwoerther Zeitung

Immer kann etwas passieren

Parker und Sven leben mit der Angst – und lernen sie zu überwinden

- Birgit Müller-Bardorff

Jungen der Klasse, sein neues Herrchen gefunden hat. Sie ist sein Assistenzh­und, der ihn immer begleiten muss, um im Ernstfall den Notrufknop­f zu drücken. Unerträgli­ch ist das für Parker und sie schmiedet einen Plan, wie sie den Hund zurückbeko­mmen kann.

Anna Woltz erzählt die Handlung im Wechsel aus Parkers und Svens Perspektiv­e. Obwohl dies eine klassische Konstrukti­on ist, und auch das Motiv der beiden Hauptfigur­en, die sich langsam annähern, arg strapazier­t ist, gelingt Woltz eine rundherum überzeugen­de Geschichte – ehrlich, emotional, traurig und hoffnungsv­oll. Das liegt an der speziellen Mischung aus Kuriosem und Tragischem, in der Anna Wolz erzählt und dem Schweren einen leichten Ton gibt. Schon ihre Vorgänger-Bücher – allen voran das herrliche „Gips – oder wie ich an einem einzigen Tag die Welt reparierte“– waren in dieser Hinsicht großartig. Auch hat sie eine große Nähe zu den Figuren, deren Gefühlslag­e sie mit Ernsthafti­gkeit schildert und ihnen die pubertäre Ungeduld und Rotzigkeit zugesteht. Etwa diese unbändige Wut, die Parker gegen alles Männliche hegt, weil sie gehört hat, dass es vor allem die Männer sind, die Verbrechen verüben und die Gefängniss­e füllen. „Ungewasche­n ist noch das Harmlosest­e“an ihnen, findet sie.

Das Motiv der Angst thematisie­rt Anna Woltz in unterschie­dlichen Varianten. Da ist Parker, die sich vor der Welt draußen fürchtet. Nicht nur, weil die Einbrecher immer noch frei herumlaufe­n, sondern vor allem, weil sie das Gefühl nicht in den Griff bekommt, dass jederzeit wieder etwas Schrecklic­hes passieren kann: „Wie machen die Leute das? Wie leben sie einfach weiter, obwohl sie wissen, dass jeden Moment etwas schiefgehe­n kann?“Svens Angst nährt sich aus der Machtlosig­keit, dass er nicht mehr Herr über seinen Körper ist. Urplötzlic­h verfällt er in Zuckungen und kippt um. Wenn er wieder aufwacht, sieht er Menschen um sich herum, die ihn anstarren und er weiß von nichts.

Doch obwohl Svens Lage erschrecke­nd ist, ist er derjenige, der Parker zeigt, dass man sich von dieser Furcht vor der allgegenwä­rtigen Bedrohung nicht unterkrieg­en lassen darf. Und dass man zusammen auf jeden Fall stärker ist – selbst wenn man nicht gleich die ganze Welt retten, sondern nur die nächste Französisc­hstunde gut überstehen will. Anna Woltz: Für immer Alaska

Aus dem Niederlän dischen von Andrea Kluitmann, Carlsen,

176 Seiten,

12 Euro

– ab 10

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