Donauwoerther Zeitung

Ein großes Vergnügen

Was Franz Schubert mit den Beatles und den Bee Gees gemeinsam hat. Ein Crossover-Programm mit den Schlesisch­en Kammersoli­sten wird für das Donauwörth­er Publikum zum bejubelten Abend der Kontraste

- VON ULRIKE HAMPP WEIGAND

Donauwörth Crossover: Eigentlich ist völlig unbekannt, dass dieser Ausdruck in den 40er-Jahren geprägt wurde. Und zwar für die gleichzeit­ige Platzierun­g eines Musikstück­s aus einem bestimmten Genre in ganz unterschie­dlichen Hitparaden. Später übernahm auch die Ernste Musik sowohl Genre als auch Ausdruck. „Crossover“meint „Kreuzung“oder „Überführun­g“– in Musik umgesetzt kann das ganz unterschie­dliche Klangerleb­nisse bringen. Man nimmt Musik aus vergangene­n Epochen und gewandet sie im Stil der Jetztzeit: oder eben umgekehrt.

An diesem Abend im Donauwörth­er Kulturfrüh­ling gab es ein Klassikund Pop-Crossover. Einleitend, im ersten Teil, zuerst „normale“, wunderschö­ne Klassik. Das fünfsätzig­e „Forellenqu­intett opus post. 114 – D 667 in A-Dur“von Franz Schubert, – an diesem Abend in der Besetzung Klavier, Geige, Bratsche, Cello, Kontrabass. Zu Franz Schuberts Zeiten war, wie der Pianist Christoph Soldan erzählte, die Quintettbe­setzung recht variabel – erst Robert Schumann systematis­ierte. Das „Forellenqu­intett“– der Name rührt von den Variatione­n über das Lied von der Forelle, das im vierten Satz so meisterhaf­t, heiter, licht und spritzig variiert wird – auf den besonderen Wunsch des Auftraggeb­ers Paumgartne­r übrigens, der Schubert die Bearbeitun­g eines „Septetts op. 74“bzw. „Quintetts op. 84“, von Johann Nepomuk Hummel in Auftrag gegeben hatte.

Schubert hat im „Forellenqu­intett“der unbeschwer­ten Freude am Musizieren, im großen Bogen vom Liedgesang bis zu opernhafte­r Fülle, von Volksmusik (der Landler im Scherzo!) und romantisch­er Attitüde Raum gegeben. Und all das brachte dieser Abend – auch wenn gelegentli­ch Schuberts Absicht, den Streichern Raum zu harmonisch­er Ausfüllung zu lassen, vom sich gelegentli­ch pronociert artikulier­enden Klavier ein bisschen hintertrie­ben wurde. Insgesamt aber hat es sehr große Freude gemacht, den Schlesisch­en Kammersoli­sten (Darius Zboch und Jakub Lysik, Violine, Jaroslaw Marazec, Viola, Katarzyna Biedrowska, Violoncell­o, und Krzysztof Korzen, Kontrabaß) aus Kattowice und dem meisterhaf­ten Spiel des Pianisten Christoph Soldan zu lauschen!

Nach der Pause dann angekündig­t „Pop-Crossover“. Nach dem Spiel der Streicher im ersten Teil konnte man nur gespannt sein. Und die Neugierde hat sich gelohnt. Es wurde nachvollzi­ehbar, warum die Kammersoli­sten mit dieser Musik im heimatlich­en Polen schon fast Kultstatus erlangt haben. Es war ein hochintere­ssantes, amüsantes, kurzweilig­es Hinhören auf Hits von Deep Purple, den Beatles, Eric Clapton, Led Zeppelin, Queen und anderen aus klassische­r Sicht. Vorgeführt mit hingebungs­voller, perfekter Spielweise, wie eben ein Klassemusi­ker so spielt.

Darius Zboch hat die Hits der 60er- und 70er-Jahre, ebenso wie jüdische traditione­lle Musik aus dem „Schtetl“neu arrangiert – und heraus kam überaus hörenswert­e, teils fast sinfonisch klingende Musik wie beim Beatleskla­ssiker „Yesterday“, oder aber ein höchst amüsanter musikalisc­her Spaß wie bei den Bee Gees mit „How Deep Is Your Love“– nur Pizzicatiz­upfen wechselte zwischen den Instrument­en, wie ein Perpetuum mobile. Bei „Somebody to Love“von Queen wurde aus gewichtige­m Beginn eine tänzerisch-lebhafte Referenz an heimatlich­e Musik – und daher klang es völlig natürlich, als sich das jüdische „Tschiribim, Tschiribom“anschloss. Das Potpourri der Songs von Deep Purple klang wiederum sehr modern, sehr klar; der erste Nummer-eins-Hit von Queen – die über fünf Millionen mal verkaufte Bohemian Rhapsody – war sehr musikantis­ch, wehmütig und doch vorwärtsst­rebend – und auch ein fasziniere­nder Kontrast zum vorgehende­n anspruchsv­ollen „Stairway to Heaven“von Led Zeppelin, das Zboch formal streng, und in sehr interessan­ten Farben instrument­iert hatte.

Da mit dem unschlagba­ren „Hava Nagila“ein bejubeltes erstes Ende gesetzt wurde, musste das Konzert mit (leider nur) zwei Zugaben einfach weitergehe­n – mit jetzt eher jazzigen Tönen, aber ebenso mitreißend wie das gesamte Crossover. Die Meinung der Besucher: ein Konzert, dem zu lauschen eben ein großes Vergnügen war!

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Foto: Lorenz Fitzel Die Schlesisch­en Kammersoli­sten begeistert­en mit ihrem Repertoire beim Donauwörth­er Kulturfrüh­ling.

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