Asyl Erstaufnahme zieht um
Seit langem ist die Situation in der Donauwörther Einrichtung angespannt. 2019 wird sie geschlossen. Stattdessen gibt es einen neuen Standort im Allgäu. Dort ist man überrascht
Donauwörth Fliegende Flaschen und Stühle. Polizisten, die mit kochendem Wasser und mit Eisenstangen bedroht wurden. Und am Ende 30 festgenommene Flüchtlinge. Durch die Randale war die Asyl-Erstaufnahmeeinrichtung in Donauwörth erst vor wenigen Tagen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Innenminister Joachim Hermann reiste an und versprach mehr Sicherheitskräfte. Gestern meldete sich nun die Kommunalpolitik zu Wort und gab bekannt: Die Unterkunft, in der die Situation seit Monaten angespannt ist, wird zum 31. Dezember 2019 geschlossen und in Kempten neu eingerichtet.
An diesem Plan haben Landrat Stefan Rößle, Donauwörths Oberbürgermeister Armin Neudert und der Landtagsabgeordnete Wolfgang Fackler seit Monaten gearbeitet. Nun hat Sozialstaatssekretär Johannes Hintersberger den Politikern die Schließung fest zugesagt – eine seiner letzten Amtshandlungen. Denn seit Söders Kabinettsumbildung ist Hintersberger nicht mehr Teil der Staatsregierung.
Die intensiven Gespräche mit dem Sozialministerium haben nicht nur zur Schließung der Erstaufnah- me geführt, sondern auch zu einer Grundsatzentscheidung. „Staatssekretär Hintersberger hat uns zugesagt – auch schriftlich fixiert –, dass es im Anschluss keine Erstaufnahmeeinrichtung mehr im Landkreis geben wird – auch nicht an anderer Stelle“, äußert sich Landrat Rößle in einer Pressemitteilung. Die nun getroffene Vereinbarung sieht vor, dass der Landkreis für den Wegfall der Einrichtung in der ehemaligen Kaserne mit 1000 Plätzen landkreisweit 500 neue Plätze schafft – allerdings eben nicht in einer Großunterkunft, sondern in mehreren dezentralen Einrichtungen. Vorzugsweise geht es dabei um anerkannte Flüchtlinge und um Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften. Für Oberbürgermeister Neudert ein Erfolg. „Es ist der Charakter einer Erstaufnahmeeinrichtung mit vielen hundert untergebrachten Menschen, die uns Schwierigkeiten insbesondere auch in großen Teilen des Stadtgebietes macht und machte.“
Dass Schwabens einzige Erstaufnahmeeinrichtung eines Tages nach Kempten kommt, ist nicht neu. Diese Entscheidung fiel bereits 2016. Die Stadt willigte damals in das Vorhaben ein, weil sie eine von der Bundeswehr aufgegebene Artilleriekaserne zur Ansiedlung zukunftsträchtiger Unternehmen nutzen will – der Zuschlag dafür wurde ihr nur unter der Bedingung zugesichert, dort auf etwa einem Viertel der Fläche einer Erstaufnahme zuzustimmen. Und zwar für einen Zeitraum von zehn Jahren. Trotzdem ist man in Kempten aufgrund der bekannten Schwierigkeiten alles andere als begeistert, am nördlichen Stadtrand eine Erstaufnahmeeinrichtung zu bekommen.
Vom konkreten Startzeitpunkt im Dezember 2019 wurde die Stadt gestern überrascht, sagte Oberbürgermeister Thomas Kiechle. Allerdings nicht unangenehm, „denn wir hatten damit gerechnet, dass es schon 2017 losgeht“. Im Kemptener Erstaufnahmelager könnten bis zu 1000 Flüchtlinge Platz finden, um die 1000 leben schon jetzt als Asylbewerber in verschiedenen Unterkünften der Stadt. Zu Vorfällen und Polizeieinsätzen kommt es auch dort immer mal wieder.
Die neue Einrichtung wird aus gut erhaltenen Kasernengebäuden bestehen und vom Rest des Geländes mit einem Zaun abgegrenzt. Im Hinblick auf die Donauwörther Ereignisse war Kiechle gestern folgende Äußerung wichtig: „Wir werden das alles mit hoher Konzentration begleiten.“Was heißt das konkret? Für den Oberbürgermeister hat „die Zusammenarbeit mit der Polizei hohe Priorität“. Bei aller vorsorglichen politischen Positionierung hofft Kiechle darauf, dass es keine Probleme beim Betrieb geben wird. Die Stadt sei ohnehin kaum direkt in der Pflicht: Von den baulichen Vorbereitungen, die voraussichtlich in Kürze beginnen, bis hin zum dauernd präsenten Sicherheitsdienst sei alles Sache des Freistaats und daher in der Umsetzung Angelegenheit der Regierung von Schwaben.
Abschließend legte Kiechle auf eines ganz besonderen Wert: Mit dem Sozialministerium sei ein maximaler Zeitraum von zehn Jahren verbindlich vereinbart worden – „wohlgemerkt nicht ab Bezug des Lagers, sondern ab Abschluss der Vereinbarung“. Auch in Kempten ist also spätestens 2026 Schluss.