Donauwoerther Zeitung

Wenn die Glocken verstummen

An den Kartagen gibt es Bräuche, bei denen die Ministrant­en eine Hauptrolle spielen. Einer davon ist das sogenannte Rätschen. Dabei werden manchmal sogar Ohrstöpsel nötig

- VON HELMUT BISSINGER

An den Kartagen gibt es Bräuche, bei denen Ministrant­en eine Hauptrolle spielen. Einer davon ist das Rätschen. Mehr auf

Oberndorf Eggelstett­en Die Traditione­n an den sogenannte­n Kartagen, von Gründonner­stag bis Karsamstag, sind hier und dort ein wenig anders. Eines ist in den katholisch­en Kirchengem­einden aber überall gleich: Wenn am Gründonner­stag das letzte Abendmahl gefeiert wird, verstummen Orgel und Glocken. In Erinnerung an das Leiden und Sterben Jesu Christi wird bis zum Auferstehu­ngsgottesd­ienst nur noch „geklappert“und „gerätscht“.

Im Volksmund sagt man: „Die Glocken fliegen nach Rom.“Dort legen sie beim Heiligen Vater die Beichte ab und bitten ihn um seinen Segen. Daran erinnert Pfarrer Ivan Novosel. Er freut sich, dass auch in Bäumenheim, Oberndorf und Eggelstett­en der Brauch des Rätschens lebendig ist.

Fast wäre die Tradition des Rätschens ganz eingeschla­fen. Erich Dambaur vom Heimatvere­in Oberndorf-Eggelstett­en hat in mühevoller, detailgetr­euer, handwerkli­cher Kleinarbei­t und mit viel Vorbereitu­ngszeit zum Holzsam- und Trocknen eine große Rätsche nach einem etwa 200 Jahre alten historisch­en Vorbild für den Verein gefertigt.

Auf einen Resonanzka­sten aus Holz prallen mehrere Hämmer, die durch die Nocken einer Kurbel angehoben werden. Entspreche­nd der Drehgeschw­indigkeit wird ein lautes, knatternde­s Geräusch erzeugt. „Es soll die Menschen zu Gottes- dienst und Gebeten einladen“, weiß Walburga Amann, die Mesnerin in Eggelstett­en.

17 Ministrant­en sind in Eggelstett­en im Einsatz, um am Karsamstag durch die Straßen zu ziehen. Von den Gläubigen erhalten sie bunt gefärbte Eier, Süßigkeite­n oder Taschengel­d. „Wir freuen uns darauf“, berichtet David Dirr. Für ihn und die anderen sei es ein richmeln tiger Osterspaß. Da die Rätschen laut sind, tragen die Kinder Ohrstöpsel. „Es ist trotzdem noch recht laut“, berichtet David Dirr. Zwei Rätschen sind im Einsatz, eine auf ein Kinderwage­n-Gestell montiert, die andere auf einen Leiterwage­n geschnallt. Ministrant­innen sind auch dabei. Sie sind mit Handrätsch­en ausgestatt­et, die keinen so großen Lärm verursache­n.

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Foto: Helmut Bissinger 17 Ministrant­en – hier einige von ihnen mit Pfarrer Ivan Novosel – sind in Eggelstett­en im Einsatz, um mit ihren Rätschen die Gläubigen zum Gebet zu rufen. Vielerorts im Landkreis wird dieser Brauch gepflegt.

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