Das heilige Kreuz
In diesen Mauern kennt er sich aus. Schließlich ging er dort in den 1950er-Jahren zur Schule. Der Ort war ihm zuvor schon vertraut – zumindest von Außen –, wurde er doch 1941 in Donauwörth geboren. Im September 2014 kehrte Manfred Laschinger schließlich nach Heilig Kreuz zurück – als Pater der Herz-JesuMissionare. Der Ordensgemeinschaft trat er nach dem Abitur bei. Es folgte das Studium der Philosophie und Theologie in Innsbruck, ehe er in verschiedenen Arbeitsgebieten des Ordens eingesetzt wurde: Ju- gendwerk Birkeneck, Schu- le und Internat Rebdorf, Bildungshaus Oase Steinerskirchen und wieder Rebdorf. Vor dreieinhalb Jahren dann die Rückkehr in seine Geburtsstadt.
Wenn Laschinger, einer von drei verbliebenen Herz-Jesu-Missionaren in der Großen Kreisstadt, im Gallus-Saal (benannt nach einem früheren Abt des Klosters) anhand des Deckenfreskos die Geschichte von Heilig Kreuz erklärt, spürt man seine Verbundenheit mit dem Gebäude, dessen Vergangenheit, aber auch dessen ungewisser Zukunft – bekanntlich steht ein Großteil der Räume seit Längerem leer. Zuletzt hatte sich eine Nutzung als Zweigstelle der katholischen Universität Eichstätt zerschlagen. Die Ursprünge des Hauses liegen in den Partikeln des heiligen Kreuzes Christi, die Mangold I. aus Konstantinopel 1029 nach Donauwörth gebracht hatte. „Der Andrang der Wallfahrer danach war so gewaltig, dass an der heutigen Stelle Kloster samt Kirche errichtet wurden“, weiß Laschinger. Der Kreuzpartikel werde bis heute in seinem mittelalterlichen Zierbehältnis, einer sogenannten Staurothek, in der Kirche aufbewahrt. Laschinger über die Reliquie: „Wenn es einen echten Kreuzpartikel gibt, dann den unseren. Weil er aus Konstantinopel kommt.“Der Überlieferung nach sei es Helena, die Mutter von Kaiser Konstantin, gewesen, die im vierten Jahrhundert die Suche nach dem Kreuz Jesu in Auftrag gegeben hatte. Nach dem Auffinden an der früheren Totenstätte Golgotha in Jerusalem, die Kaiser Hadrian in der Zwischenzeit mit einem Venus-Tempel hatte überbauen lassen, habe Helena Teile des Kreuzes nach Konstantinopel, in die Residenzstadt ihres Sohnes, bringen lassen.
Laut Laschinger, der bei seiner Tätigkeit als Priester gelegentlich ein kleines Kreuz trägt, hätten die heutigen Kreuzdarstellungen mit den tatsächlichen Kreuzigungen bei den Römern nichts zu tun. „Das sind Kunstwerke. Die Kreuze waren damals grausamste Folter- und Hinrichtungsinstrumente.“Deshalb ist für ihn auch nicht das Kreuz selbst zu verehren, sondern der Gekreuzigte. Nur wegen der Auferstehung Jesu gelte das Kreuz auch als Zeichen des Segens und des Heils.
Der Kreuzpartikel, seine Faszination und Anziehungskraft, habe für die Stadt – gerade auch für die Entwicklung der Reichsstraße – allerdings eine wesentliche Rolle gespielt, sagt Pater Manfred Laschinger: „Ich bin der festen Überzeugung, dass Donauwörth sonst nicht das wäre, was es heute ist.“