Der Alltag mit Hartz IV
Leben in einer Überflussgesellschaft wie der unseren, bedarf generell einer gewissen Achtsamkeit. Einer Verantwortung, vernünftig damit umzugehen. Schwierig in anderer Hinsicht wird es für diejenigen, die davon ausgegrenzt sind. Die am Überfluss gar nicht teilhaben können, weil das Geld einfach fehlt.
Eine von ihnen ist Julia M. (Name geändert), die als alleinerziehende Mutter eines siebenjährigen Buben auf jeden Cent schauen muss. Große Sprünge kann sie sich mit dem Verdienst aus ihrem Minijob und mit Hartz IV nicht leisten. Urlaub geht gar nicht und auch ein Auto ist finanziell einfach nicht drin. Trotzdem jammert die 35-Jährige nicht, sondern beißt sich durch. Auch wenn jeder Tag wieder ein Kampf ist, über die Runden zu kommen, sagt sie: „Ich fühl mich nicht arm. Mein Sohn und ich haben ein Dach über dem Kopf, zu essen und Betreuung. Es gibt weitaus schlimmere Schicksale.“
Die Donauwörtherin hat gelernt, die Herausforderung anzunehmen, die es bedeutet, die Normalität des Lebens den knappen finanziellen Möglichkeiten anzupassen. Zieht man die Kosten für die Miete der 75-Quadratmeter-Sozialwohnung, Neben-, Betreuungs- und Fahrtkosten ab, bleiben 500 Euro übrig, um Essen, Kleidung und Extras zu kaufen.
Das war mal anders. Julia M. hatte eine gute Stelle als Bürokauffrau in Vollzeit, bis ihr Sohn zur Welt kam. Während der Elternzeit ging ihre Ehe in die Brüche, in der sie sich zunehmend unter psychischem Druck gefühlt hatte. 2015 zog sie aus der gemeinsamen Wohnung aus und war von da an weitgehend auf sich selbst gestellt. Ganztägig zu arbeiten war ihr wegen des Kindes nicht möglich. Teilzeitstellen zu finden stellte sich als schwie- rig heraus, weil die Betreu- ung ihres Sohnes größtmögliche Flexibilität beim Arbeitgeber voraussetzt. Weite Fahrtstrecken – zumal ohne Auto, das sie sich nicht leisten kann – und die Öffnungszeiten von Kindergarten beziehungsweise Schule haben viele Stellenangebote von vorne herein ausschließen lassen.
Im Dezember 2017 nun hat es endlich geklappt. Julia M. ist glücklich über ihren 450-Euro-Job in einem Büro bei weitestgehend variablen Arbeitszeiten. Seitdem geht es ihr deutlich besser. Und sie hat gelernt, sich mit der Situation zu arrangieren. Lebensmittel kauft sie nur so viele wie nötig, auch um nichts wegwerfen zu müssen. „Nach Spielsachen für meinen Sohn schau ich mich viel auf Flohmärkten um.“Der Siebenjährige wächst unter dem Eindruck auf, dass man auf alles, was man im Leben haben möchte, eben sparen muss. Er wünscht sich seit zwei Jahren einen ferngesteuerten Quadrokopter – im Sommer nun wird er ihn sich leisten können.
„Mein Kind, meine Arbeit und meine Therapeutin, die mich seit der Trennung betreut, helfen mir, das Leben zu bewältigen“, sagt Julia M.. Ihr einzig wirklicher Wunsch ist ein Auto, um an mehr alltäglichen Dingen teilhaben zu können. Fahrten zu Vereinsangeboten, Kindergeburtstagen oder zum Eisessen scheiden dann aus, wenn der Stadtbus nicht fährt. „In solchen Dingen müssen wir auf ein großes Stück Freiheit verzichten ...“