Diebstähle auf dem Donauwörther Friedhof
In Donauwörth verschwindet immer wieder Grabschmuck. Für die Angehörigen ist das ein Schlag ins Gesicht
Immer wieder kommt es zu besonders schäbigen Diebstählen auf dem städtischen Friedhof in der Pflegstraße. Mehr auf
Donauwörth Dass Daniela Keller ihren Mann verloren hat, ist für die Donauwörtherin eigentlich schlimm genug. Hinzu kommen jetzt die Wut und das Unverständnis, wenn sie an das Grab auf dem städtischen Friedhof an der Pflegstraße geht. Keller gibt sich Mühe mit diesem Ort als einem sehr persönlichen Platz des Gedenkens. Doch der Grabschmuck ist allzu oft einfach weg, Blumen und Bäumchen sind gar ausgegraben. Anderen geht es ähnlich – sogar eine hämische Nachricht des Diebes fand sich auf einem der Gräber.
Der frühe Tod ihres Mannes war ein herber Schicksalsschlag für Daniela Keller. Das Verweilen und Trauern am Grab sind ihr wichtig, es hilft, mit dem Verlust umzugehen im Alltag. Mit ihrem kleinen Hund geht sie tagtäglich zum großen stätischen Friedhof an der Pflegstraße. Die Frau hat ein Faible für Dekoration, sie möchte den Ort des Gedenkens würdig gestalten: von Hand getöpferte Schalen, Kristallherzen, aufwendige Gestecke.
Doch in regelmäßigem Abstand verschwindet der Grabschmuck. Ärgerlich – doch nicht nur das. Kel- ler schmerzt die Pietätlosigkeit an diesem Ort. Friedhöfe gelten seit jeher als Plätze der Achtung vor den Verstorbenen – als eine Art „Tabuzone“, in der sich sogar diejenigen zusammenreißen, die das sonst nicht können. Doch diese Annahme erscheint heutzutage naiv. Sogar verhöhnt habe ein Dieb eine Bekannte, die auch bestohlen worden sei. „An den Dieb: Die Finger sollen dir abfallen“, habe die Frau in der Wut auf einem Zettel am Grab notiert. „Sie sind immer noch dran“, habe der Langfinger daraufhin geantwortet – nachdem er wieder etwas gestohlen hatte.
Sowohl das Grab von Joachim Jacobs Eltern als auch das seiner Frau finden sich auf dem weitläufigen Areal an der Pflegstraße. Seit dem Jahr 2011 muss er immer wieder Diebstähle feststellen. Neben Vasen, Laternen und anderen Accessoires wurden auch Buchsbäume ausgegraben. Ganze Arrangements, für die Jacob viel Zeit und Mühe aufwendet, wurden ausgestochen und gestohlen: „Es sieht dann einfach nicht mehr schön aus“, sagt der Familienvater, dessen Söhne sich ebenfalls liebevoll um das Grab der Mutter kümmern. Schwer wiegt bei Jacob die ständige Befürchtung beim täglichen Gang zum Grab, dass wieder etwas weg oder zerstört sein könnte. „Dabei möchte ich dort zuvorderst an meine Frau denken und für sie beten, anstatt mich zu ärgern“, sagt der Donauwörther.
Jacob schätzt, dass der Dieb strategisch vorgeht: „Jeder kann die Geburts- und Todestage lesen – und an eben diesen Tagen sind die dann besonders aufwendigen Arrangements weg.“Sowohl Jacob als auch Keller haben nach langem Ertragen die Diebstähle jetzt zur Anzeige gebracht.
Der Leiter der Donauwörther Polizeiinspektion, Thomas Scheuerer, sagt, dass solche Diebstähle „ganz selten“angezeigt würden. Tatsächlich seien die Erfolgsaussichten bei der Aufklärung „minimal“. Der Grund liegt auf der Hand: Auf dem zwei Hektar großen städtischen Friedhof gibt es 3000 Gräber. Keiner kann jeden Angehörigen kennen, auch nicht Markus Seißler vom städtischen Bestattungsdienst. Wie solle er auch überprüfen, ob jemand ein Grabutensil als Angehöriger auswechselt oder als Dieb mitnimmt? Oft seien es, so Seißler, auch Pflegegemeinschaften, die sich um mehrere Gräber kümmerten. Und trauernde Menschen darauf anzusprechen, ob sie auch tatsächlich Angehörige sind – schwierig. Das Problem existiere deutschlandweit, weiß Seißler. Auf den kleinen Friedhöfen ohne jene große Anonymität gebe es dieses Problem nicht. Und eine Videokamera zu installieren, das sei aufgrund der Rechtslage mitunter problematisch.
Keller und Jacob sehen das anders. Auch andernorts im öffentlichen Raum dürfe mit Kameras überwacht werden – warum sollte es hier anders sein? Die beiden Donauwörther wollen fortan jeden noch so kleinen Diebstahl zur Anzeige bringen. Auch PI-Leiter Scheuerer rät dazu, der Polizei die Vorfälle mitzuteilen. Zwar bestünde ein Jedermannsrecht, einen Gesetzesbrecher auf frischer Tat festzuhalten, doch der Polizeichef rät eher zur Vorsicht. Aber klar, auch ein Handyfoto vom Dieb könnte helfen – wenn es sich denn wirklich um den Langfinger handeln sollte.