Ein Blick zurück voll Freude
Die Musical-Company des Donauwörther Gymnasiums feierte gestern 20-Jähriges auf der Harburg. Eine ungewöhnliche Retrospektive voller überraschender und magischer Momente
Donauwörth/Harburg Raus aus der Schul-Aula, rein ins Schloss. Außergewöhnliche Ereignisse erfordern ungewöhnliche Schauplätze. Und wenn die Musical-Company des Donauwörther Gymnasiums 20 Jahre alt wird, gilt es in der Tat, den üblichen Rahmen zu sprengen. Initiatorin, Spielleiterin und kreativer Kopf der Truppe, Heidi ThumGabler, tat dies am gestrigen Sonntag mit einer überwältigenden und charmant inszenierten Retrospektive an diversen Orten in der spektakulären Kulisse der Harburg. Die einmal mehr originelle Idee geriet auf diese Weise zu einer gelungenen Patchwork-Show, in der sich ein Teil harmonisch ans andere fügte.
Tauchen wir ein in diese Szenerie auf der altehrwürdigen Harburg: Fußspuren auf den Wegen weisen die Richtung und führen vom offenen Burghof in verborgene Winkel. An jeder Ecke gibt es kleine Geschichten zu entdecken, die sich wie selbstverständlich in die Nischen schmiegen, in lauschige Innenhöfe, an steinerne Brunnen und auf hölzerne Treppen. Titania und Oberon aus Shakespeares „Sommernachtstraum“sind dort in heftigen Wortgefechten anzutreffen, Romeo und Julia in leidenschaftlichen Liebesbekenntnissen und die Gefängnis-Insassinnen aus „Bad Girls“in einer handfesten Rauferei. Kesse Mädchen in „Jeans und Petticoat“sind ebenso unterwegs wie geschmeidige Katzen aus „Cats“, dunkle Gestalten aus „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“und zahlreiche andere – mal märchenhaft, mal hart an der Realität.
Zwölf Schauplätze, zwölf Spielszenen aus 20 Jahren Musical-Company entführen in die Welt des Musik-Theaters. Sie lassen erahnen, was Heidi Thum-Gabler, Ehemann Wolfgang Gabler, der Maestro der Band, und das große Team um sie herum in dieser Zeit miteinander geleistet haben. Knapp 100 Darsteller, Tontechniker und Bandmusiker lassen an diesem Sonntagnachmittag und -abend zwei Jahrzehnte einer Einrichtung Revue passieren, die im weiten Umkreis um Donauwörth ihresgleichen sucht: der MusicalCompany.
Während die aktuellen Ensemble-Mitglieder ein wenig Shakespeare hier deklamieren, ein bisschen aus „Jekyll und Hyde“und den anderen Stücke dort, geben die Ehemaligen dem Konzert den letzten Schliff. Im Festsaal der Harburg kommen sie aus gegebenem Anlass nach vielen Jahren wieder zusammen, um nochmals Musical zu machen wie seinerzeit. Längst sind sie der Schule entwachsen, das Abitur liegt Jahre zurück, längst sind aus den früheren Schülern gestandene Frauen und Männer geworden, die sich in Berufen abseits der Musik etabliert haben. Doch ist es die gemeinsame Zeit aus der MusicalCompany, die sie verbindet – sonst wären sie an diesem Sonntag nicht da. Noch einmal dürfen sie sich mit ihren erfolgreichen Rollen von damals – getragen von Klang und Rhythmus der fantastischen neunköpfigen Band – der Öffentlichkeit präsentieren – ja, diese begeistern.
Denn die Leidenschaft, mit der sie singen, schwappt vom ersten Augenblick an von der Bühnenrampe geradewegs ins Publikum. Aus „Aida“, „Romeo und Julia“, aus „Kleider machen Liebe“, „Cats“und all den anderen Produktionen stammen die kraftvollen Soli, die schmachtenden Duette, die unsterblichen Ohrwürmer, die sie mit großer Bühnenpräsenz und sehr charismatisch interpretieren. Es sind großartige Stimmen darunter, voller Schmelz, Timbre und Power, jede für sich unverwechselbar und einschmeichelnd. Und da ist es faszinierend, einmal mehr zu beobachten, welche Kraft die Sprache der Musik besitzt. Diesem Sog kann sich beim Musical-Konzert auf der Harburg niemand im Zuschauerraum entziehen.
Alle dürfen sich am Ende zu Recht im Erfolg baden – nicht zuletzt auch – überglücklich – Heidi Thum-Gabler. Sie hatte zusammen mit Co-Moderator Valentin Willner durch die Show geführt und der Stolz auf ihre Ehemaligen war unübersehbar. Was bleibt am Ende? Wohl die Erkenntnis, dass die Initiatorin vor 20 Jahren etwas entdeckt, etwas geweckt hat, das seitdem bis heute auf weiter Flur einmalig ist: Musical mit Amateuren, die mit Förderung und Forderung über sich hinauswachsen und Fantastisches zu leisten im Stande sind.