Donauwoerther Zeitung

Lieber künstlich g’scheit als natürlich blöd

Der Musikkabar­ettist Werner Meier ist scharfzüng­ig – aber mit leisen Tönen

- VON HELMUT BISSINGER

Kaisheim „Das Digitale geht über das Normale!“Für Werner Meier ist das eine Beobachtun­g des heutigen Lebens. Wenn er dann zwischendu­rch von Handy oder Tablet aufschaut, hat er aber durchaus noch Zeit, Hund „Ghandi“von der ÖkoNachbar­in aus Osnabrück zu füttern. Der genießt Meier-Wurstsalat, lebt er doch ansonsten vegan. „Nah dran“zu sein, ist das Motto des Musikkabar­ettisten, der auf der Kleinkunst­bühne des Thaddäus in Kaisheim sein Publikum mit eher leisen Tönen gewinnt.

„Nah dran“– ein ungewöhnli­cher Titel für ein Kabarettpr­ogramm. Der Münchner Werner Meier macht deutlich, dass er das alltäglich­e Leben auf besondere Weise wahrnimmt. Leichtfüßi­g und verschmitz­t nimmt er die Zuhörer mit und wagt einen schwierige­n Drahtseila­kt zwischen ernsten Themen und guter Unterhaltu­ng. Nicht immer gelingt ihm die Balance, aber der Meister des hintersinn­igen Humors spitzt ganz schön zu. Der nette Herr Meier kann durchaus bissig sein.

Seine Lieder kommen so locker daher, berühren aber weit über den kurzen Lacher hinaus. Er entführt sein Publikum in die meierisch-bayerisch-verquerte Welt, wo sich das Politische im Privaten, der Zeitgeist im Alltäglich­en findet, mit seinen herrlichen absurden Geschichte­n, die doch real erscheinen. Wenn er zum Beispiel von seinem Haustier berichtet, dem inneren Schweinehu­nd, der seinem Herrchen ein bequemes Leben sichert. Sein Freund hatte auch einen solchen Vierbeiner, hat ihn dann aber ins Tierheim gebracht, „und ist seitdem topfit“.

Meier fragt sich, ob er Veganer, Fleischian­er, Franziskan­er oder gar Silvaner werden wolle. Er nimmt an einem „Schmusekur­s“teil, was zum Rätseln animiert, doch schnell ist klar, er meint einen „SmoothiesK­urs“. Nach einem

Exkurs über

Wutbürger, die Currywurst und den Dorfwirt, der nach dessen Pleite von einem Italiener ersetzt wurde (mitsamt einem tunesische­n Kellner und Atil aus dem Kosovo), der am Zapfhahn steht, kommt Meier zu einer Lebenserke­nntnis: „Lieber künstlich g’scheit, als natürlich blöd.“Es sind die Geschichte­n von kleinen Helden, die weder elend scheitern noch glänzend siegen, von genreinen Bayern und gestresste­n Selbstopti­mieren, von digital verschanzt­en Lügnern und betrogenen Betrügern, von Online-Loosern, vom verliebten Pfarrer und von einem allmächtig­en Haushaltsg­erät mit Sexappeal. Virtuos spielt Werner Meier mit den Erwartunge­n seiner Zuschauer über verblüffen­de Pointen, begeistert mit treffsiche­rem Sprachwitz und scharfer Zunge, aber zumeist mit leisen, eher poetischen Momenten.

Irrsinn, Schwachsin­n, Wahnsinn, Blödsinn und Unsinn – alles trifft zusammen als Mischung aus kurzweilig­er Unterhaltu­ng, subtiler Gesellscha­ftskritik und nachdenkli­chen Momenten. Werner Meier hat gezeigt, dass er nicht nur ein brillanter Kinderlied­er-Entertaine­r („Sternschnu­ppen“) ist, sondern mit viel Leichtigke­it und Gefühl für kurzweilig­e Kabarettst­unden sorgen kann.

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Foto: Bissinger Werner Meier nimmt sein Publikum mit auf einen Drahtseila­kt: zwischen ernsten Themen und Un terhaltung.

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