Lieber künstlich g’scheit als natürlich blöd
Der Musikkabarettist Werner Meier ist scharfzüngig – aber mit leisen Tönen
Kaisheim „Das Digitale geht über das Normale!“Für Werner Meier ist das eine Beobachtung des heutigen Lebens. Wenn er dann zwischendurch von Handy oder Tablet aufschaut, hat er aber durchaus noch Zeit, Hund „Ghandi“von der ÖkoNachbarin aus Osnabrück zu füttern. Der genießt Meier-Wurstsalat, lebt er doch ansonsten vegan. „Nah dran“zu sein, ist das Motto des Musikkabarettisten, der auf der Kleinkunstbühne des Thaddäus in Kaisheim sein Publikum mit eher leisen Tönen gewinnt.
„Nah dran“– ein ungewöhnlicher Titel für ein Kabarettprogramm. Der Münchner Werner Meier macht deutlich, dass er das alltägliche Leben auf besondere Weise wahrnimmt. Leichtfüßig und verschmitzt nimmt er die Zuhörer mit und wagt einen schwierigen Drahtseilakt zwischen ernsten Themen und guter Unterhaltung. Nicht immer gelingt ihm die Balance, aber der Meister des hintersinnigen Humors spitzt ganz schön zu. Der nette Herr Meier kann durchaus bissig sein.
Seine Lieder kommen so locker daher, berühren aber weit über den kurzen Lacher hinaus. Er entführt sein Publikum in die meierisch-bayerisch-verquerte Welt, wo sich das Politische im Privaten, der Zeitgeist im Alltäglichen findet, mit seinen herrlichen absurden Geschichten, die doch real erscheinen. Wenn er zum Beispiel von seinem Haustier berichtet, dem inneren Schweinehund, der seinem Herrchen ein bequemes Leben sichert. Sein Freund hatte auch einen solchen Vierbeiner, hat ihn dann aber ins Tierheim gebracht, „und ist seitdem topfit“.
Meier fragt sich, ob er Veganer, Fleischianer, Franziskaner oder gar Silvaner werden wolle. Er nimmt an einem „Schmusekurs“teil, was zum Rätseln animiert, doch schnell ist klar, er meint einen „SmoothiesKurs“. Nach einem
Exkurs über
Wutbürger, die Currywurst und den Dorfwirt, der nach dessen Pleite von einem Italiener ersetzt wurde (mitsamt einem tunesischen Kellner und Atil aus dem Kosovo), der am Zapfhahn steht, kommt Meier zu einer Lebenserkenntnis: „Lieber künstlich g’scheit, als natürlich blöd.“Es sind die Geschichten von kleinen Helden, die weder elend scheitern noch glänzend siegen, von genreinen Bayern und gestressten Selbstoptimieren, von digital verschanzten Lügnern und betrogenen Betrügern, von Online-Loosern, vom verliebten Pfarrer und von einem allmächtigen Haushaltsgerät mit Sexappeal. Virtuos spielt Werner Meier mit den Erwartungen seiner Zuschauer über verblüffende Pointen, begeistert mit treffsicherem Sprachwitz und scharfer Zunge, aber zumeist mit leisen, eher poetischen Momenten.
Irrsinn, Schwachsinn, Wahnsinn, Blödsinn und Unsinn – alles trifft zusammen als Mischung aus kurzweiliger Unterhaltung, subtiler Gesellschaftskritik und nachdenklichen Momenten. Werner Meier hat gezeigt, dass er nicht nur ein brillanter Kinderlieder-Entertainer („Sternschnuppen“) ist, sondern mit viel Leichtigkeit und Gefühl für kurzweilige Kabarettstunden sorgen kann.