Sorge um die Zukunft der Reichsstraße
Donauwörther Ladenbesitzer schlagen Alarm: „Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern zwölf.“Wie ihre Vorschläge für eine Besserung der Lage in der Innenstadt lauten
Zwei Geschäftsleute aus der Donauwörther Reichsstraße fordern verbesserte Rahmenbedingungen für Einzelhändler.
Donauwörth Nicolas Greno und Stefan Zeitlmann machen sich Sorgen. Schließlich geht es um einen der schönsten Straßenzüge im Süden der Republik, wie es in so manchem Reiseführer heißt. Genauer gesagt: Es geht um das Leben in Donauwörths Geschäftsmeile, der Reichsstraße, wo auch die beiden Gewerbetreibenden ihre Ladengeschäfte haben. Die seien zwar recht gut frequentiert, zunehmend verwaise die historische Prachtstraße aber. Die beiden Geschäftsmänner sehen auch die Stadt Donauwörth in der Verantwortung, dass sich wieder mehr Gewerbe ansiedelt. Zurücklehnen jedenfalls sollte man sich nicht.
„Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern zwölf“, sagt Friseurmeister Stefan Zeitlmann. Buchhändler Nicolas Greno nickt nachdenklich. Greno und Zeitlmann ist es ernst, das Thema liegt ihnen hörbar am Herzen. So, dass ihr Weg sie letztlich eben auch zur Zeitung und zum Radio geführt hat – gerade, weil sie der Meinung sind, dass die teils bedenkliche Lage des lokalen Einzelhandels noch nicht angekommen ist in den Köpfen der politisch Verant- wortlichen in der Großen Kreisstadt.
Doch kann oder soll sich die Politik überhaupt in einen freien Markt einmischen? „Jein“, wäre wohl die Antwort Grenos und Zeitlmanns: Zumindest gehe es um günstige Rahmenbedingungen – und da sollte und müsste die hiesige Politik sehr wohl aktiver werden.
Ein Knackpunkt, so deuten es Greno und Zeitlmann unisono, sei der Umzug des Müller-Drogeriemarktes aus der Reichsstraße in die Donaumeile an der Dillinger Straße im Herbst vergangenen Jahres gewesen. Müller habe die Reichsstraße belebt, der Laden sei immens wichtig gewesen für die anderen Geschäfte in der Nachbarschaft. Dieses Zugpferd fehle, eine Nachfolge ist bis dato nicht in Sicht. Und hierbei trage die Stadt durchaus eine Mitverantwortung, meint Greno: Man habe mit der Genehmigung zum Bau der Donaumeile eine zu große Konkurrenz zur Altstadt geschaffen. Und das, wo der örtliche Handel ohnehin schon mit einem nicht eben kleinen Konkurrenten namens Internet sowie üppigen Gewerbegebieten an der Peripherie zu kämpfen habe. „Aber diese Katze ist ja schon in den Brunnen gefallen“, resümiert Greno. Aktuell merke er wenig, dass es Initiativen für eine stärkere Belebung gebe.
Die Arbeit der City-Initiative Donauwörth (CID) unter der Geschäftsführerin Christiane Kickum loben die Gewerbetreibenden derweil mit Nachdruck – allerdings können Einzelne alleine zu wenig ausrichten, zumal die CID-Aufgaben ohnehin bereits vielfältig sind.
Was wäre zu tun? Stefan Zeitlmann wünschte sich eine Art Ältestenrat aus engagierten Gewerbetreibenden, Vermietern aus der Reichsstraße und Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung. Dort sollten Konditionen wie angemessene Mieten und Wege zur Neuansiedlung von interessierten Einzelhändlern zielorientiert überlegt und praktisch angegangen werden. Warum nicht geschäftsfreudige Hochschüler oder Absolventen auch andernorts ansprechen und mit guten Miet- und Geschäftskonditionen locken? Zudem brauche es eine Entzerrung des Verkehrs in der Reichsstraße, sagt Zeitlmann: eine Verkehrsberuhigung ließe langsam fahrenden Verkehr zu, würde aber die „Aufenthaltsqualität“steigern.
Ferner seien andernorts die bürokratischen Bestimmungen, beispielsweise zur Außenbestuhlung, weniger strikt: „Es müsste ein Bewusstsein dahingehend herrschen, dass man die örtlichen Händler unterstützt und dem Gewerbe hilft – und nicht nur aufgezeigt bekommt, was nicht geht, etwa wenn man einen Plakatständer oder Stuhl zu viel vor den Laden stellt.“
Auch hierbei könnte ein solches neues Gremium, jener angedachte Ältestenrat, vielleicht helfen. In anderen Städten vergleichbarer Größe gebe es solche wahlweise formellen oder informellen Einrichtungen. Zudem werde, so Greno, die Parkraumüberwachung relativ streng gehandhabt, teils auch nicht gerade freundlich, wie er berichtet. Das vergrätze die Kunden. Und kostenloser Parkraum? Weithin Fehlanzeige. Und: Dem Vernehmen nach könnten in den kommenden Monaten zwischen drei und vier weitere Läden schließen.
Es scheint so, als wäre es höchste Eisenbahn, dem Gewerbe in Donauwörths pittoresker Prachtmeile nachhaltig unter die Arme zu greifen. Alles andere röche dort nach einer verpassten Chance für die Stadt.