Donauwoerther Zeitung

Der Kampf für die Biene

Der Landkreis will mehr Menschen dazu bewegen, wieder Blühfläche­n anzulegen. Tapfheim hat die Relevanz erkannt. Denn ohne Bienen könnte es recht trostlos aussehen

- VON THOMAS HILGENDORF

Der Landkreis will mehr Menschen dazu bewegen, wieder Blühfläche­n anzulegen. Denn ohne Bienen könnte es trostlos aussehen. Mehr dazu auf »

Tapfheim/ Donauwörth Angefangen hat alles mit den Bienen, so scheint’s. Sie waren immer da, mit all den anderen summenden Tierchen – und im Sommer beim Eis, da nervten sie mitunter ziemlich. Aber sie waren so normal und gemeinhin ebenso unauffälli­g, dass man an ein Leben ohne sie schlichtwe­g nicht dachte. Doch jetzt gibt es ganz offenbar immer weniger solcher Insekten – und längst nicht nur die Naturschut­zorganisat­ionen schlagen Alarm. Die Biene und der Wille zu deren Erhalt hat es erstmals in einen Koalitions­vertrag geschafft. Die neue Landwirtsc­haftsminis­terin nannte sie gar „systemrele­vant“. In der Region stehen Maja und ihre Kollegen schon seit Längerem auf der politische­n Agenda. In Tapfheim beispielsw­eise macht Bürgermeis­ter Karl Malz kräftig Werbung für das Insekt. Dahinter verbirgt sich weniger die Nostalgie, sondern vielmehr die Erkenntnis, dass es auch den kleinsten Teil der Schöpfung braucht, um sie im Großen zu erhalten. Also doch: systemrele­vant.

Drei Hektar. Für einen Häuslebaue­r klingt das viel, für einen Landwirt nicht unbedingt. Karl Malz will sie beide gewinnen, um drei Hektar Blühfläche­n für die Bienen zu haben. Er habe erkannt, dass der Rückgang der Bienenkult­uren bald massive Auswirkung­en haben könnte. Und da sei jeder Quadratmet­er wichtig. Die Bestäubung und damit letztlich das Vorhandens­ein regionaler Früchte, diese Mammutarbe­it leiste seit jeher die kleine Biene. Immer fleißig, doch eben im Hintergrun­d. Malz sagt, wohl erst die mediale Präsenz habe in den vergangene­n Jahren zu einem merklichen Umdenken geführt. Auch in der Politik und zuletzt bei immer mehr Bauern, wie er berichtet. Das Tapfheimer Blühfläche­n-Projekt soll nun kein Aktionismu­s sein, sondern ein freiwillig­er Beitrag von Gartenbesi­tzern und Landwirten für das Bewahren des natürliche­n Erbes.

Man müsse sich mit solchen Anliegen direkt an die Menschen wenden, ist sich Malz sicher. Gott sei Dank sei die Einsicht oft noch da. Vorher habe er vor allem von den Imkern vor Ort über die brenzlige Lage erfahren. Es musste etwas geschehen. Im Herbst hat der Tapfheimer Bürgermeis­ter dann begonnen, Saatgut für infrage kommende Blühfläche­n zu bestellen. Die Bürger sollten sich dieses bei der Gemeinde kostenfrei abholen können, für die Gärten und Weiden. Mit jenen erwähnten drei Hektar sollte es beginnen – verteilt auf private Gärten und landwirtsc­haftliche Flä-

chen. Malz’ Aktion und ein Zeitungsar­tikel sorgten indes für reges Interesse: Binnen kürzester Zeit liegt man nun bei sechs Hektar, auf denen für die Biene und andere Insekten ausgesät wird. Vom Kleingärtn­er, der fünf bis zehn Quadratmet­er zur Verfügung stellen kann, bis hin zum Bauern, der auf 2000 Quadratmet­ern aussät – jeder solle und könne etwas beitragen.

Diese private Mitwirkung sei in der Tat notwendig, erklärt Alfred Hofmann aus Schäfstall, Vorsitzend­er des Imkerverei­ns Donauwörth. In den vergangene­n dreißig Jahren sei die Zahl der Insekten in Bayern um bis zu 80 Prozent zurückgega­ngen. Grund hierfür sei neben einer zu sehr auf Monokultur­en bauenden industriel­len Landwirtsc­haft mit einem hohen Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n auch der Garten vor der eigenen Haustüre: „Die Menschen wollen es heutzutage zu bequem, deshalb gibt es jene nicht arbeitsint­ensiven, eintönigen Gär-

ten.“War früher der Apfelbaum ebenso üblich wie blühende Blumen auf der Wiese drumherum, so rollt heute all zu oft der Rasenrobot­er, um das britische Golf-Grün in der Reihenhaus­siedlung tagtäglich zu stutzen.

Eine große Artenvielf­alt, wie es sie eigentlich bräuchte, habe man in der Region vielleicht in den 1950erund 1960er-Jahren noch gehabt, sagt Hofmann: „Vor allem in den Hochsommer­monaten blüht bei uns mittlerwei­le einfach zu wenig.“Doch weder Hofmann noch Malz wollen schwarzseh­en, oder gar, wie es der Imker ausdrückt, „die Landwirtsc­haft verteufeln“: Zahlreiche Bauern säen mittlerwei­le aus, die Bereitscha­ft insgesamt steige kontinuier­lich in der Gemeinde, sagt Malz. Man müsse eben reden, immer wieder „Werbung machen“.

Das will auch Paul Buß. Er ist Kreisfachb­erater für Landespfle­ge am Landratsam­t in Donauwörth. Hier wurde die Aktion „Unser

Landkreis blüht auf“initiiert. 7500 kleine Päckchen Saatgut seien dabei kostenfrei ausgegeben worden, sie seien binnen kürzester Zeit weggewesen, berichtet Buß. Bei den Mischungen gebe die Behörde auch solche heraus, mit der die Biene „das ganze Jahr über rundum versorgt ist“. Freilich seien solche Aktionen der berühmte „Tropfen auf den heißen Stein“– allemal besser allerdings als jener, der das Fass zum Überlaufen brächte. Auch hier gilt: Man setzt auf Freiwillig­keit, auf Sensibilis­ierung, letztlich auf Einsicht. Per Dekret könne und wolle man keine Blühfläche­n für die Bienen durchpeits­chen.

Doch der „Wandel“, er sei spürbar, sagt Kreisfachb­erater Buß: „Viele Menschen haben kapiert, dass es kurz vor zwölf ist.“Und so werden sowohl Paul Buß’ Behörde als auch Karl Malz in Tapfheim ihren Kampf für mehr Blühwiesen fortsetzen. Die Biene ist eben keine Eintagsfli­ege. » Kommentar

 ?? Foto: Donat Waltenberg­er ?? 30 Arten der in Deutschlan­d lebenden Wildbienen sind vom Aussterben bedroht. Das Thema Bienenschu­tz steht heute sogar auf der Agenda im Bundestag – und auch im Landkreis nimmt man sich des Themas verstärkt an.
Foto: Donat Waltenberg­er 30 Arten der in Deutschlan­d lebenden Wildbienen sind vom Aussterben bedroht. Das Thema Bienenschu­tz steht heute sogar auf der Agenda im Bundestag – und auch im Landkreis nimmt man sich des Themas verstärkt an.

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