Donauwoerther Zeitung

Im Welschbräu gehen die Lichter aus

Das Ende des Rennertsho­fener Lokals ist besiegelt. Bald wird der Saal, der einst auch die Rockdisco Christin beheimatet­e, abgerissen und durch ein Mehrfamili­enhaus ersetzt

- VON MICHAEL GEYER

Rennertsho­fen Wenn der Saal des Welschbräu demnächst dem Erdboden gleich gemacht wird, wird das letzte Kapitel einer etwa 130 Jahre dauernden Wirtshausg­eschichte des Marktes Rennertsho­fen wohl für immer geschlosse­n. Denn die neuen Besitzer, Bianca und Georg Ritzer aus Kienberg, die vor zwei Jahren das Anwesen in der Marktstraß­e 19 mit dem Gasthaus und dem dazugehöri­gen Saal gekauft haben, haben im September 2017 beim Markt Rennertsho­fen den Abriss des Saales und an seiner Stelle den Bau eines Mehrfamili­enhauses mit zehn Wohneinhei­ten beantragt. Die Gemeinde hatte vorerst nichts dagegen und den Antrag an das Landratsam­t weitergele­itet.

Nicht nur Centa Rehm, die ehemalige Wirtin des Welschbräu, war betroffen, als sie von den Plänen der neuen Besitzer erfuhr. Sie kann sich auch heute noch nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass alles vorbei sein soll. „Ich hab’ heuer beim letzten Faschingsb­all geweint“, erzählt sie. „Als der Herr Ritzer den Saal umgebaut hat, habe ich mich so gefreut, dass es wieder mit dem Welschbräu weitergeht. Es ist doch ewig schade, dass der schöne Saal jetzt abgerissen wird.“Mit ihrer Meinung ist sie nicht alleine.

Georg Ritzer ist ganz offensicht­lich dieser Diskussion­en überdrüssi­g, denn er gibt dazu keine Auskünfte mehr. Auf Nachfrage unserer Zeitung sagte er nur, er habe seine Gründe, warum er diesen Weg gehe, und wolle sich zu diesem Thema nicht mehr äußern. Was kommt, werde jeder dann sehen. Wann genau die Geschichte des Welschbräu begonnen hat, lässt sich schwer sagen. Ein Blick in die Rennertsho­fener Hausgeschi­chte, die Karl Heinz Steib verfasst hat, bringt jedoch etwas Licht ins Dunkel, denn im Einwohnerv­erzeichnis von 1890 sind bei der Hausnummer 11, was dem jetzigen Standort des Welschbräu­s entspricht, der Bierbrauer Josef Rehm (geboren 1860) und seine Frau Maria, geborene Reischl, die Tochter des Vorbesitze­rs, aufgeführt. Josef Rehm war der Sohn von Joseph Rehm (geboren 1837), der als Gastwirt und Metzgermei­ster irgendwann um das Jahr 1860 von Siglohe gekommen war, wo er seinen Hof an Graf Arco verkauft und mit dem Geld das Anwesen Nr. 11 in der Marktstraß­e erworben hatte. Oben genannter Josef Rehm war wohl der erste Wirt im Welschbräu, wenn man davon ausgeht, dass sein Vater noch kein Bier braute und ausschenkt­e.

Die Rehms kauften das schmale Nachbarhau­s mit der alten Hausnummer 10, das zwischen dem heutigen Welschbräu und dem Kaufhaus Neubauer gelegen war, rissen es ab und setzten an seine Stelle den Neubau für die Wirtschaft, wie sie die heute noch lebenden Gäste des Welschbräu kannten. Trotz eines Erweiterun­gsbaus blieb der Saal zu klein und Sohn Manfred (Manni) Rehm (geboren 1950) brachte neue Ideen in das Geschäft ein. 1974 wurden die zum Welschbräu gehörenden landwirtsc­haftlichen Gebäude abgebroche­n und das „Mühlradl“gebaut, ein runder Saal mit strahlenfö­rmig zulaufende­r, selbsttrag­ender Decke und außen liegenden Nischen für jeweils zwölf Gäste.

Das völlig neue Konzept hatte Erfolg: Vor allem an Samstagen war im Mühlradl kein Platz mehr zu haben. VIP-Club und FCR hielten große Bälle ab, der Ski-Club lud zum Ski-Haserl-Ball ein und Manni spielte selber oder organisier­te gute Bands, sodass sich der gute Ruf des Mühlradls in der ganzen Region verbreitet­e und auch nicht getrübt wurde, als – sehr zum Missfallen des damaligen Pfarrers – eine vom SkiClub engagierte Tänzerin einen Teil ihrer Hüllen fallen ließ.

1988 sprang Manni Rehm mit der Disco Cosmic-Dancing auf den damals durch die Lande brausenden Disco-Zug auf, baute das Mühlradl entspreche­nd um, was weniger Sitzund mehr Stehplätze bedeutete. Zwei Jahre später verpachtet­e Rehm die Disco an den Rennertsho­fener DJ Helmut Kleinert, der sie im harten Wettbewerb mit Rennertsho­fens zweiter Diskothek Discoland als Rockdisco Christin betrieb.

Nach der Disco-Welle baute Rehm den Saal erneut zur Musik Manege um. 2009 pachtete Brigitte Sprater für etwa drei Jahre den Welschbräu.

Ein schwerer Schlag war der Tod Manni Rehms für seine Angehörige­n und Freunde im Mai 2012. Seine Witwe Angelika versuchte einen Neuanfang, gestaltete 2013 die Wirtschaft und das Nebenzimme­r im italienisc­hen Stil um und verpachtet­e es als La Puglia. Der Betreiber ging jedoch nach etwa einem Jahr in Insolvenz.

2015 dachte Angelika Rehm für kurze Zeit auch an eine Vermietung des Gebäudes für Flüchtling­sunterkünf­te. Ein Jahr später verkaufte sie schließlic­h das Anwesen.

Mit dem Entschluss der Familie Ritzer müssen die Rennertsho­fener ihre Hoffnung auf eine Fortsetzun­g des Saal- und Gaststätte­nbetriebs im Welschbräu nun endgültig begraben.

Wirtshaus in italienisc­hem Stil scheiterte

 ?? Foto: Geyer ?? Der Welschbräu ist ein prägendes Gebäude in der Marktstraß­e. Rechts der ältere Teil aus dem 17. beziehungs­weise 18. Jahrhun dert, die linke Hälfte kam später dazu.
Foto: Geyer Der Welschbräu ist ein prägendes Gebäude in der Marktstraß­e. Rechts der ältere Teil aus dem 17. beziehungs­weise 18. Jahrhun dert, die linke Hälfte kam später dazu.

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