Im Welschbräu gehen die Lichter aus
Das Ende des Rennertshofener Lokals ist besiegelt. Bald wird der Saal, der einst auch die Rockdisco Christin beheimatete, abgerissen und durch ein Mehrfamilienhaus ersetzt
Rennertshofen Wenn der Saal des Welschbräu demnächst dem Erdboden gleich gemacht wird, wird das letzte Kapitel einer etwa 130 Jahre dauernden Wirtshausgeschichte des Marktes Rennertshofen wohl für immer geschlossen. Denn die neuen Besitzer, Bianca und Georg Ritzer aus Kienberg, die vor zwei Jahren das Anwesen in der Marktstraße 19 mit dem Gasthaus und dem dazugehörigen Saal gekauft haben, haben im September 2017 beim Markt Rennertshofen den Abriss des Saales und an seiner Stelle den Bau eines Mehrfamilienhauses mit zehn Wohneinheiten beantragt. Die Gemeinde hatte vorerst nichts dagegen und den Antrag an das Landratsamt weitergeleitet.
Nicht nur Centa Rehm, die ehemalige Wirtin des Welschbräu, war betroffen, als sie von den Plänen der neuen Besitzer erfuhr. Sie kann sich auch heute noch nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass alles vorbei sein soll. „Ich hab’ heuer beim letzten Faschingsball geweint“, erzählt sie. „Als der Herr Ritzer den Saal umgebaut hat, habe ich mich so gefreut, dass es wieder mit dem Welschbräu weitergeht. Es ist doch ewig schade, dass der schöne Saal jetzt abgerissen wird.“Mit ihrer Meinung ist sie nicht alleine.
Georg Ritzer ist ganz offensichtlich dieser Diskussionen überdrüssig, denn er gibt dazu keine Auskünfte mehr. Auf Nachfrage unserer Zeitung sagte er nur, er habe seine Gründe, warum er diesen Weg gehe, und wolle sich zu diesem Thema nicht mehr äußern. Was kommt, werde jeder dann sehen. Wann genau die Geschichte des Welschbräu begonnen hat, lässt sich schwer sagen. Ein Blick in die Rennertshofener Hausgeschichte, die Karl Heinz Steib verfasst hat, bringt jedoch etwas Licht ins Dunkel, denn im Einwohnerverzeichnis von 1890 sind bei der Hausnummer 11, was dem jetzigen Standort des Welschbräus entspricht, der Bierbrauer Josef Rehm (geboren 1860) und seine Frau Maria, geborene Reischl, die Tochter des Vorbesitzers, aufgeführt. Josef Rehm war der Sohn von Joseph Rehm (geboren 1837), der als Gastwirt und Metzgermeister irgendwann um das Jahr 1860 von Siglohe gekommen war, wo er seinen Hof an Graf Arco verkauft und mit dem Geld das Anwesen Nr. 11 in der Marktstraße erworben hatte. Oben genannter Josef Rehm war wohl der erste Wirt im Welschbräu, wenn man davon ausgeht, dass sein Vater noch kein Bier braute und ausschenkte.
Die Rehms kauften das schmale Nachbarhaus mit der alten Hausnummer 10, das zwischen dem heutigen Welschbräu und dem Kaufhaus Neubauer gelegen war, rissen es ab und setzten an seine Stelle den Neubau für die Wirtschaft, wie sie die heute noch lebenden Gäste des Welschbräu kannten. Trotz eines Erweiterungsbaus blieb der Saal zu klein und Sohn Manfred (Manni) Rehm (geboren 1950) brachte neue Ideen in das Geschäft ein. 1974 wurden die zum Welschbräu gehörenden landwirtschaftlichen Gebäude abgebrochen und das „Mühlradl“gebaut, ein runder Saal mit strahlenförmig zulaufender, selbsttragender Decke und außen liegenden Nischen für jeweils zwölf Gäste.
Das völlig neue Konzept hatte Erfolg: Vor allem an Samstagen war im Mühlradl kein Platz mehr zu haben. VIP-Club und FCR hielten große Bälle ab, der Ski-Club lud zum Ski-Haserl-Ball ein und Manni spielte selber oder organisierte gute Bands, sodass sich der gute Ruf des Mühlradls in der ganzen Region verbreitete und auch nicht getrübt wurde, als – sehr zum Missfallen des damaligen Pfarrers – eine vom SkiClub engagierte Tänzerin einen Teil ihrer Hüllen fallen ließ.
1988 sprang Manni Rehm mit der Disco Cosmic-Dancing auf den damals durch die Lande brausenden Disco-Zug auf, baute das Mühlradl entsprechend um, was weniger Sitzund mehr Stehplätze bedeutete. Zwei Jahre später verpachtete Rehm die Disco an den Rennertshofener DJ Helmut Kleinert, der sie im harten Wettbewerb mit Rennertshofens zweiter Diskothek Discoland als Rockdisco Christin betrieb.
Nach der Disco-Welle baute Rehm den Saal erneut zur Musik Manege um. 2009 pachtete Brigitte Sprater für etwa drei Jahre den Welschbräu.
Ein schwerer Schlag war der Tod Manni Rehms für seine Angehörigen und Freunde im Mai 2012. Seine Witwe Angelika versuchte einen Neuanfang, gestaltete 2013 die Wirtschaft und das Nebenzimmer im italienischen Stil um und verpachtete es als La Puglia. Der Betreiber ging jedoch nach etwa einem Jahr in Insolvenz.
2015 dachte Angelika Rehm für kurze Zeit auch an eine Vermietung des Gebäudes für Flüchtlingsunterkünfte. Ein Jahr später verkaufte sie schließlich das Anwesen.
Mit dem Entschluss der Familie Ritzer müssen die Rennertshofener ihre Hoffnung auf eine Fortsetzung des Saal- und Gaststättenbetriebs im Welschbräu nun endgültig begraben.
Wirtshaus in italienischem Stil scheiterte