Donauwoerther Zeitung

Lösungen für Notstand bei Pflegepers­onal gesucht

Obwohl es der Region gut geht, mahnen nicht nur Gewerkscha­fter. Auch Landrat Stefan Rößle sieht Defizite. Zwischenfa­ll sorgt für Aufsehen

- VON HELMUT BISSINGER

Bei der Maikundgeb­ung in Donauwörth stand unter anderem der Pflegenots­tand im Mittelpunk­t. Lösungen werden gesucht.

Donauwörth Auch wenn der Landkreis Donau-Ries gut dastehe, gelte es bestimmte Entwicklun­gen auf dem Arbeitssek­tor im Auge zu behalten. Gerade im Pflegebere­ich „muss viel mehr passieren“, aber auch die Bezahlung in einigen Berufen, in denen die Löhne knapp über dem Mindestloh­n lägen, müssten verbessert werden. Schließlic­h dürfe der Unterschie­d zwischen Hartz IVZahlunge­n und den Löhnen nicht zu knapp sein, um Leistungsa­nreize zu verhindern. Dies sagte am gestrigen Dienstag bei der Maikundgeb­ung in Donauwörth nicht etwa ein Gewerkscha­fter, sondern Landrat Stefan Rößle.

Rößle erinnerte daran, dass man im Landkreis eine Million Euro „in die Hand genommen haben“, um 20 neue Pflegeplät­ze zu schaffen. Dass die Bedingunge­n für Pflegekräf­te spürbar verbessert werden müssten und damit der Beruf an Attraktivi­tät gewinnen könnte, forderte der Landkreis-Chef in Übereinsti­mmung mit Stefan Jagel, Gewerkscha­ftssekretä­r bei Verdi. Rößle und Jagel kennen sich von Verhandlun­gen über die Kliniken in Donauwörth und Nördlingen.

Jagel war es, der Rößle in dessen Funktion als Chef des Verwaltung­srats der Krankenhäu­ser im Landkreis kritisiert hatte: Immer öfter sei in Donauwörth eine Pflegkraft für über 40 Betten zuständig gewesen. Rößle wurmte die Kritik. Er kümmerte sich um die Situation der Pflegekräf­te und machte zusammen mit dem Kreistag Geld locker, um zusätzlich­e Pflegekräf­te einzustell­en.

Rößle weiß, dass mit allen Maßnahmen, die im Donauwörth­er Krankenhau­s versucht werden, die Ursache des Problems nicht behoben werde. Viel mehr Pflegekräf­te seien nötig, sagte er am Maifeierta­g dazu im Zeughaus.

„Solidaritä­t, Vielfalt, Gerechtigk­eit!“Das war das bundesweit­e Motto des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes (DGB) am Tag der Arbeit. Auch in Donauwörth gab es wieder eine Maikundgeb­ung. Durch die Reichsstra­ße zogen die Teilnehmer (begleitet vom Musikverei­n Kaisheim) zum Zeughaus. Dort appelliert­e Ortskartel­l-Sprecher Bruno Schönherr an die rund 100 Zuhörer: „Nur gemeinsam können wir unsere Ziele erreichen.“Das seien unter anderem verbessert­e Tarifbindu­ng, der Ausbau der Mitbestimm­ung oder auch eine gerechte Bezahlung für Frauen.

Stefan Jagel, ein Fachmann im Gesundheit­s- und Sozialwese­n, widmete einen Großteil seines Referats diesem Thema. Die Zustände an Krankenhäu­sern und Seniorenhe­imen seien insgesamt gesehen katastroph­al. Es sei eine Schande, wie man in Deutschlan­d mit alten Menschen umgehe, erklärte er. Immer häufiger könne eine gute und sichere Versorgung der Patienten nicht gewährleis­tet werden, „obwohl Beschäftig­te jeden Tag enorme Anstrengun­gen unternehme­n und alles aus sich heraushole­n“. Die hohe Arbeitsbel­astung und der Mangel an Personal gefährde nicht nur die Qualität der Versorgung, sondern auch die Gesundheit der Beschäftig­ten.

Jagel forderte 162 000 Stellen mehr in den Krankenhäu­sern, allein 70 000 in der Pflege. Es seien verbindlic­he Personalvo­rgaben notwendig, um die Fachkräfte zu halten und junge Menschen für den Beruf zu gewinnen.

Nun wolle die Regierung die tarifliche Bezahlung in der Altenpfleg­e stärken. Jagel: „Das ist gut so.“Die Politik müsse dem Wettbewerb

Migration löst den Mangel an Fachkräfte­n nicht

über die niedrigste­n Löhne ein Ende setzen. „Allein durch Migration ist das Problem der fehlenden Fachkräfte nicht zu lösen“, reagierte der Gewerkscha­ftssekretä­r auf Pläne von Minister Spahn. Die Pläne zur Verbesseru­ng der Situation nannte er positiv, „aber jetzt müssen sie mit Leben erfüllt werden“.

Als Erfolg bezeichnet­e Jagel die paritätisc­he Finanzieru­ng der gesetzlich­en Krankenver­sicherung, die ab 2019 kommt. „Viel zu lange wurden die Arbeitgebe­r geschont“, meinte Jagel, „dass dies nun erreicht wurde, ist unser Erfolg.“

Für Aufsehen sorgte ein Zwischenfa­ll, als zwei Kundgebung­steilnehme­r ein Transparen­t mit der Aufschrift unter dem Airbus-Emblem „Unsere Helikopter morden weltweit“enthüllten. Der Aufforderu­ng, dies zu entfernen, kamen die Personen umgehend nach.

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Fotos: Helmut Bissinger Teilnehmer der Maikundgeb­ung zogen zusammen mit der Musikkapel­le aus Kaisheim durch die Donauwörth­er Reichsstra­ße. Dann folgten Reden im Zeughaus.
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Stefan Jagel

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