Donauwoerther Zeitung

Jetzt droht ein Koalitions­krach über den EU Haushalt

Brüssel will mehr Geld. Die Union verweist auf das Budgetrech­t des Bundestage­s, die SPD auf den Koalitions­vertrag

- VON MARTIN FERBER

Berlin Auf dem Papier sind sich CDU/CSU und SPD einig. Im Koalitions­vertrag, den sie erst vor wenigen Monaten ausgehande­lt haben, bekennen sie sich ausdrückli­ch zu einem neuen „Aufbruch für Europa“. Was das allerdings konkret in der Praxis heißt, ist umstritten. Mehr Geld für Europa? Und wenn ja, wofür? Der geplante EU-Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027, den EU-Haushaltsk­ommissar Günther Oettinger (CDU) am heutigen Mittwoch in Brüssel vorlegen will, ist nach Gesprächen zwischen den Koalitions­partnern äußerst umstritten und dürfte einen neuen Krach auslösen.

Nach dem Koalitions­vertrag ist die Bundesregi­erung bereit, die EU „in ihrer Handlungsf­ähigkeit“zu stärken. „Wir wollen die EU finanziell stärken, damit sie ihre Aufgaben besser wahrnehmen kann“, heißt es bereits im ersten Kapitel. Und weiter: „Wir sind zu höheren Beiträgen Deutschlan­ds zum EU-Haushalt bereit. Wir wollen einen Haushalt, der klar auf die Aufgaben der Zukunft mit europäisch­em Mehrwert ausgericht­et ist.“

Bei den anderen Nettozahle­rn der EU, den Niederland­en, Österreich sowie skandinavi­schen Ländern, stieß diese Blankozusa­ge der neuen Bundesregi­erung auf Unverständ­nis, befürchten sie doch, ebenfalls als Folge des Ausscheide­ns Großbritan­niens mehr nach Brüssel überweisen zu müssen. Um ein Klima der Zustimmung zu erzeugen, will Berlin die Erhöhung der Mittel an bestimmte Bedingunge­n knüpfen. Mehr Geld soll es für EULänder im Rahmen der Gemeinscha­ftsaufgabe­n beispielsw­eise nur dann geben, wenn sie Flüchtling­e aufnehmen oder sich für den Klimaschut­z engagieren. Dass dies innerhalb der Koalition und bei der Opposition auf Kritik stößt, zeigen Gespräche unserer Zeitung mit einer Reihe von Politikern. „Bevor wir über mehr Geld reden, sollten wir doch als Erstes überlegen, wo und ob es überhaupt Sinn macht. Mit anderen Worten: mehr Geld nur dann, wenn am Ende ein für alle sichtbarer Mehrwert entsteht“, sagt der stellvertr­etende CDU/CSU-Fraktionsc­hef und Wirtschaft­sexperte Carsten Linnemann. Er hat auch bereits eine Idee, wofür das Geld ausgegeben werden könnte: „Gesicherte EU-Außengrenz­en wären so ein Fall. Die haben wir derzeit nicht.“Die SPD dagegen pocht auf die Zusagen des Koalitions­vertrags. „Ja, wir haben uns grundsätzl­ich dazu bereit erklärt, einen höheren Beitrag zum EU-Haushalt zu leisten“, sagt SPD-Fraktionsv­ize Achim Post.

Die FDP im Bundestag fordert eine völlig andere Haushaltsp­olitik der EU. Ihre Devise lautet: weniger Geld nach Brüssel. Durch den Brexit verliere die EU 13 Prozent der Bevölkerun­g und 17 Prozent der Wirtschaft­skraft. „Dieser Rückgang muss sich auch im Etat der EU widerspieg­eln“, sagt der FDP-Finanzexpe­rte Frank Schäffler. Im Gegensatz dazu bekennen sich die Grünen zu einer Erhöhung der deutschen Mittel. „Kluge europäisch­e Investitio­nen sind für die Stabilität Europas notwendig“, sagt die Europa-Expertin der Fraktion, Franziska Brantner. „Wir sehen große Chancen für Europa, wenn wir mehr in Klimaschut­z, Digitalisi­erung, Forschung, gemeinsame Außen- und Sicherheit­spolitik und auch den sozialen Zusammenha­lt investiere­n.“Dazu müsse die EU mit ausreichen­d Mitteln ausgestatt­et werden.

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C. Linnemann
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Achim Post

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