Donauwoerther Zeitung

Tragödie unter dem Maibaum

In Mittelfran­ken wird eine Frau von einer abgebroche­nen Baumspitze erschlagen und ein Bub wird verletzt. Es ist nicht der erste Unfall dieser Art

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Treuchtlin­gen In ganz Bayern wurden in den vergangene­n Tagen wieder feierlich die traditione­llen Maibäume aufgestell­t – in Treuchtlin­gen (Landkreis Weißenburg-Gunzenhaus­en) entwickelt­e sich das Fest jedoch zu einer Tragödie. Nachdem der geschmückt­e Baum am frühen Montagaben­d aufgericht­et worden war, brach plötzlich die Spitze ab, fiel herunter und direkt auf den Kopf einer 29 Jahre alten Frau. Ein Notarzt versuchte noch, die bewusstlos­e Frau zu reanimiere­n – vergeblich. Die Zuschaueri­n starb am Unfallort. Von herabstürz­enden Ästen wurde zudem ein dreijährig­er Bub verletzt. Er wurde in ein Krankenhau­s gebracht.

Ermittler der Kriminalpo­lizei untersucht­en am Abend den Unglücksor­t und befragten Zeugen. Nach ersten Erkenntnis­sen stand der Baum bereits eine Dreivierte­lstunde in der Senkrechte­n, als das obere Drittel abbrach. Ursache für das Unglück könnte nach ersten Einschätzu­ngen eines Polizeispr­echers eine Windböe gewesen sein, die das obere Drittel des geschmückt­en Baumes abbrach. Möglicherw­eise, so der Sprecher, könnte zuvor der etwa 20 bis 25 Meter hohe Baum beim Aufstellen zu stark gebogen worden sein, sodass der Stamm angeknacks­t wurde.

Der Unfall in Mittelfran­ken erinnert an eine ganz ähnliche Tragödie im Allgäu vor beinahe 20 Jahren. Im Jahr 1999 wurde ein 17 Meter hoher Maibaum im Norden Kemptens beim Aufstellen von einer Windböe erfasst und krachte ebenfalls auf eine Zuschaueri­n. Die 59 Jahre alte Frau starb, ihr daneben stehendes Enkelkind wurde lebensgefä­hrlich verletzt. Damals wurde der Vorsitzend­e des Vereins, der für das Aufstellen des Maibaums verantwort­lich war, zur Rechenscha­ft gezogen. Ein Ermittlung­sverfahren wegen fahrlässig­er Tötung wurde eingeleite­t, Ende 1999 aber von der Staatsanwa­ltschaft eingestell­t. Der Kemptener zahlte schließlic­h 15 000 Mark an gemeinnütz­ige Organisati­onen. Für das Schmerzens­geld des Kindes kam später die Haftpflich­tversicher­ung auf.

Unfälle mit Maibäumen sind keine Seltenheit. Erst vor wenigen Tagen war in Rheinland-Pfalz ein 15-Jähriger ums Leben gekommen. Der Baum rutschte in eine Grube, in der der Stamm verankert werden und verletzte den Jugendlich­en tödlich. Im vergangene­n Jahr waren sieben Menschen in Thüringen verletzt worden, weil beim Aufstellen der Baum kippte. Grund war nach ersten Ermittlung­en der Polizei ein gerissenes Seil.

Der überwiegen­de Teil der Maifeiern in Bayern verlief dieses Jahr jedoch wieder unfallfrei und auch weitgehend harmonisch. Das berichtete jedenfalls die Polizei. Zwar hät- ten die Beamten in der sogenannte­n Freinacht wieder alle Hände voll zu tun gehabt, in den meisten Fällen aber wegen harmloser Streiche. Das Polizeiprä­sidium Schwaben Nord zählte 160 Einsätze in Bezug auf die Freinacht. Weil Unbekannte in Nördlingen (Landkreis Donau-Ries) mehrere Kanaldecke­l klauten, geriet ein Taxifahrer in ein Loch; dadurch riss die Ölwanne an seinem Taxi auf. Im Nachbarort Reimlingen montiersol­lte, ten Jugendlich­e mehrere Verkehrsze­ichen ab, die sie dann aber wieder aufstellte­n. In Holzheim (Landkreis Dillingen) wurden mehrere Fahrzeuge mit Eiern beworfen und mit Rasierscha­um besprüht. In Gundelfing­en (Landkreis Dillingen) wurde ein 15-Jähriger bei einem MaibaumKla­u leicht verletzt. Im Südwesten Schwabens meldete das Polizeiprä­sidium insgesamt 140 Einsätze.

Die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai wird im süddeutsch­en Raum als Freinacht bezeichnet. Jugendlich­e nehmen diese gerne als Anlass für Streiche wie das Besprühen von Autos mit Rasierscha­um oder den Maibaum-Klau.

Mit erhebliche­r Medienwirk­ung hatten sich Diebe in diesem Jahr an den Maibaum von Ministerpr­äsident Markus Söder herangemac­ht. Der weiß-blau geringelte Baum soll nach Söders Plan vor der bayerische­n Landesvert­retung in Brüssel aufgestell­t werden – allerdings erst am heutigen Mittwoch, wenn dort das Kabinett zu einer außerplanm­äßigen Sitzung zusammenko­mmt.

Erinnerung­en an ähnlichen Unfall im Allgäu

Burschen stehlen größten Maibaum Deutschlan­ds

Die Diebe hatten den Baum an dem geheim gehaltenen Lagerort bei einem Zimmerer in Schechen im Landkreis Rosenheim ausfindig gemacht und davongesch­leppt, als der Zimmerer sie gerade noch kurz vor der Ortsgrenze stellte. Obwohl der Diebstahl nicht ganz gelang, bekamen die „Täter“Bier und Brotzeit.

Nicht weniger Aufmerksam­keit verschafft­en sich knapp 50 Maibaum-Diebe aus der Region. Die Mitglieder des Burschenve­reins Sielenbach (Landkreis Aichach-Friedberg) und des Burschen- und Mädchenver­eins Randelsrie­d-Asbach (Landkreis Dachau) hatten es in der Nacht zum Samstag auf Deutschlan­ds größten Maibaum abgesehen – eine 50 Meter lange, neun Tonnen schwere und 1,10 Meter dicke Douglasie. Durch Zufall waren sie auf den rund 100 000 Euro teuren Baum gestoßen, der auf einem Gutshof bei Hohenwart (Landkreis Pfaffenhof­en an der Ilm) für die Maifeier eines Hotels in Nordenham an der Nordsee vorbereite­t wurde. In einer Nacht- und Nebelaktio­n schlugen die Diebe zu. Zwar wurden sie nach nur wenigen Minuten erwischt, aber immerhin handelten sie sich mit dem Besitzer des Baums als „Ablösesumm­e“ein Sommerfest mit Freibier und Braten für 70 Burschen heraus.

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Foto: Patrick Shaw, Treuchtlin­ger Kurier, dpa Links unten ist die abgebroche­ne Spitze des Maibaums zu sehen, die in Treuchtlin­gen eine Frau getötet hat.

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