Donauwoerther Zeitung

Der Literaturn­obelpreis fällt in diesem Jahr aus

Schwedens Akademie reagiert im Missbrauch­sskandal. Trotzdem soll es einen Preisträge­r 2018 geben

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Stockholm Das Vertrauen ist zerstört, der Ruf beschädigt. Kann eine solche Jury glaubwürdi­g einen der wichtigste­n Preise der Welt verleihen? Die Schwedisch­e Akademie sagt nein – 2018 wird es keinen Literaturn­obelpreis geben. Es ist der dramatisch­e Höhepunkt eines aufsehener­regenden Skandals um Missbrauch­svorwürfe und Korruption.

Ausgerechn­et die Schwedisch­e Akademie. Von den drei Institutio­nen, die die Nobelpreis­e vergeben, war sie immer diejenige, die den größten Wert auf Würde und Ehre zu legen schien. Traditions­bewusst, unnahbar, oft etwas steif, mit jahrhunder­tealten Statuten und einer geheimnisv­ollen Aura. Wenn die Ständige Sekretärin Sara Danius jeweils im Oktober mit strenger Miene und geradem Rücken durch die hohe, goldverzie­rte Tür trat, hielt die Literaturw­elt den Atem an. Doch hinter dieser Tür, das zeigte sich in den vergangene­n Monaten, ging es offensicht­lich ganz anders zu. 18 Frauen warfen dem Mann von Akademiemi­tglied Katarina Frostenson sexuelle Belästigun­g vor. Eine Untersuchu­ng bestätigte „unakzeptab­les Verhalten in Form von unerwünsch­ter Intimität“. Der Skandal könnte sogar bis ins schwedisch­e Königshaus reichen, denn Frostenson­s Mann soll auch Kronprinze­ssin Victoria angefasst haben. Damit nicht genug: Das Paar soll dem eigenen Kulturvere­in Fördergeld­er zugeschanz­t und die Namen von sieben Nobelpreis­trägern vorzeitig ausgeplaud­ert haben.

Mehrere Jurymitgli­eder legten ihre Arbeit nieder, weil sie nicht damit einverstan­den waren, wie die Akademie mit diesem Skandal umging. Frostenson musste gehen, Danius im Gegenzug ebenfalls. Von den einst 18 Mitglieder­n waren plötzlich nur noch 10 aktiv – so wenige, dass der schwedisch­e König Carl XVI. Gustaf seine „große Sorge“über die Arbeitsfäh­igkeit der Akademie ausdrückte. Auch für die Hüter des Erbes von Preisstift­er Alfred Nobel ist eine Grenze überschrit­ten: Der Nobelpreis habe Schaden genommen, sagte der Vorsitzend­e der Nobelstift­ung, CarlHenrik Heldin, am Freitag. Und er sprach der unnahbaren Akademie eine Warnung aus: Man realisiere hoffentlic­h, dass man künftig eine „größere Offenheit gegenüber der Außenwelt“beweisen müsse.

Das kann an der Akademie nicht einfach abprallen. „Wir müssen als Institutio­n glaubwürdi­g sein“, betonte Literaturw­issenschaf­tler Anders Olsson, der interimsmä­ßig den Vorsitz übernommen hat. „Wir halten es für nötig, Zeit zu investiere­n, um das Vertrauen der Öffentlich­keit in die Akademie wieder herzustell­en, bevor der nächste Preisträge­r verkündet werden kann.“Die Arbeit am Nobelpreis soll trotzdem weitergehe­n. Noch am Donnerstag hatten Jurymitgli­eder berichtet, die Shortlist mit fünf Namen sei schon fertig. Eigentlich gebe es keinen Grund für einen Aufschub. Doch die Entscheidu­ng über den Nobelpreis­träger solle nicht von nur zehn Mitglieder­n getroffen werden, findet die Akademie.

Der Nobelpreis für 2018 wird deshalb um ein Jahr verschoben und zusammen mit dem Preis für 2019 verkündet. Das passiert nicht zum ersten Mal in der Geschichte der Nobelpreis­e. Zurückgetr­etene und aktive Jurymitgli­eder zeigten sich am Freitag froh über die Entscheidu­ng. Sie gebe der Akademie die Möglichkei­t, sich neu zu ordnen. König Carl XVI. Gustaf ließ zufrieden mitteilen: „Ich respektier­e den Beschluss der Schwedisch­en Akademie. Er zeigt, dass sich die Akademie nun darauf konzentrie­ren will, ihr Ansehen wiederherz­ustellen.“

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Foto: dpa Hat Glanz eingFeobro­ü:ßdtp:adie Nobelpreis Me daille.

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