So kommt neues Leben in Wemdings Urzelle
Der Schlosshof in Wemding könnte in einigen Jahren neu gestaltet werden. Absolventen der Fachschule Augsburg präsentieren ihre Ideen dazu. Von Holzhäusern und gläsernen Dächern
Wemding Der Schlosshof gilt als die Urzelle Wemdings. Dort befanden sich die ältesten Gehöfte des Orts, der vor über 1200 Jahren erstmals urkundlich erwähnt wird. Im 11. Jahrhundert entstand in dem Bereich direkt an der Stadtpfarrkirche St. Emmeram ein Schlossareal, das von einer Mauer umgeben war. Zwar sind von den damaligen Bauwerken noch immer das Kastenhaus (heute Haus des Gastes) und das sogenannte kleine Schlösschen (heute Tourist-Info) vorhanden, ansonsten erinnert aber nichts mehr an die einstige Pracht. Parkplätze, die „grüne Schule“, Freiflächen, die durch den Abriss von Gebäuden in der jüngeren Vergangenheit entstanden, und ein Feuerwehrhaus, dessen Tage ebenfalls gezählt sind, bestimmen das Bild.
Das könnte sich in einigen Jahren ändern. Auf einer Fläche von etwa 6000 Quadratmetern, die zum erheblichen Teil im Besitz der Kommune sind, könnte einmal etwas völlig Neues entstehen: ein kleines Stadtviertel im historischen Zentrum, dessen mittelalterliche Strukturen zum Großteil noch existieren.
Jetzt bekommen die Verantwortlichen der Stadt und die Bewohner gleich ein ganzes Bündel an Anregungen und Diskussionsgrundlagen für ein solches mögliches Vorhaben. der Hochschule Augsburg haben sich mit dem Gelände beschäftigt. Genauer gesagt fertigten die angehenden Architekten zu dem Thema „Leben in der Altstadt“ihre Abschlussarbeiten (Bachelor) und überlegten sich, wie der Schlosshof in Zukunft aussehen könnte.
Die besten Arbeiten werden bis zum morgigen Sonntag im Historischen Rathaus (1. Stock) in Wemding präsentiert (Samstag 9 bis 15 Uhr, Sonntag 14 bis 17 Uhr). Interessierte bekommen anhand von Plänen und dreidimensionalen Modellen Einblicke in die Konzepte der Hochschulabsolventen.
Die hatten praktisch keinerlei Vorgaben oder Einschränkungen, wie Bürgermeister Martin Drexler und Hochschulprofessor Christian Peter bei der Eröffnung betonten. Peter nannte Wemding mit der in sich geschlossenen Altstadt geradezu „modellhaft“und bestens geeignet für eine praxisnahe Ausbildung. Die Lösungen, neues Leben ins Zentrum zu bringen, müssten zeitgemäß sein, aber: „Die Modernität braucht eine gewisse Demut vor dem Umfeld.“Die Bebauung müsse maßstäblich und angemessen sein.
Zentrum der betreffenden Fläche steht momentan die „grüne Schule“, deren Räume das Jugendzentrum, die Wemdosia und die Feuerwehr nutzen. Ein Teil der Absolventen integrierte das Gebäude in die Pläne, bei anderen spielte es keine Rolle mehr.
Das Konzept von Fabian Lecker beinhaltet mit 46 Wohneinheiten die dichteste Bebauung des Schlosshofs: „Ich will die Kleinteiligkeit des Umfelds fortführen.“Dazwischen sollen engere und weitere Plätze entstehen. Das Besondere: Alle Gebäude sollen aus Holz sein. Deshalb könne man von einem „Holzquartier“sprechen. Lecker möchte die Bewohner animieren, „rauszugehen und am Leben teilzuhaben“.
Die Pläne von Franziska Schnellinger sehen 18 Häuser vor. Neben Wohnungen soll ein Bürger- und Kulturhaus entstehen, das über eine Glaskonstruktion mit dem Haus des Gastes verbunden wird. Franziska Schnellinger möchte aber auch den Häutbach, der (im Untergrund) über den Schlosshof läuft und die ganze Altstadt durchquert, wieder sichtbar machen.
Marielle Richter hat das Ziel, junge Menschen ins Stadtzentrum zurückzuholen. Das Konzept beinhaltet Kurzzeitläden, in denen Menschen aus dem Wemdinger Umland wechselweise die Möglichkeit haben „ihre Dinge zu verkaufen“, beiStudenten spielsweise Kunsthandwerk oder Kleidung. In zwei derzeit leer stehenden Gebäuden kann sich die Studentin Ateliers und Künstlerwerkstätten vorstellen.
Sechs Komplexe hat sich Anna Martin für den Schlosshof ausgedacht. Ihr Ziel: eine gemeinschaftliche Nutzung: „Die Leute sollen sich innerhalb der Hausgruppen treffen.“Wohnen soll in den Obergeschossen stattfinden, das öffentliche Leben mit Café, Juze und Veranstaltungsräumen auf der ErdgeschossEbene.
Bei den Entwürfen von Sigurd Colsman fallen Gebäude mit Dachgeschossen aus Glas ins Auge. Die auf diese Weise überdachten Terrassen sollen „Aufenthaltszonen mit Blick über die Stadt“sein. Auf einem Flachdach sehen die Pläne sogar ein Sportfeld vor. Colsman hat auch eine Freitreppe – „die kann attraktiv sein“– und einen Supermarkt für die Nahversorgung eingeplant.
14 Häuser mit kleinen und großen Wohnungen kann sich Katharina Erhard vorstellen. Je näher die Gebäude an der Kirche liegen, desto mehr Geschosse haben sie. Auffällig sind die Treppenhäuser in GlaskonIm struktionen: „Die dienen als Gemeinschaftshof.“Mitten in dem Quartier befindet sich ein „halböffentlicher Platz“mit Gemüsegärten der Anwohner.
Ebenfalls 14 Gebäude mit jeweils zwei bis drei Wohnungen – das hat sich Katharina Erhard ausgedacht. Neben diesen Bauwerken ziehen Holzgerippe in Form von Häusern, in denen Gärten auf mehreren Etagen angelegt werden können, die Blicke auf sich.
Die Arbeit von Andrea Kalenda sieht sechs Komplexe vor, von denen vier Wohnungen enthalten und zwei öffentlich genutzt werden. „Zentrumstreff“lautet das Schlagwort dafür. In den Obergeschossen stellt sich die Absolventin Seminar-, Arbeits- und Konzerträume vor. Ein weiteres markantes Detail sind die Innenhöfe zwischen und in den Gebäuden.
Was die Zukunft tatsächlich für den Schlosshof bringt, steht noch in den Sternen. Einen Beschluss des Stadtrats in dieser Richtung gibt es nicht. Fest steht nur: Der Bau des neuen Feuerwehrhauses außerhalb der Altstadt soll 2021 beginnen.
Bis dahin befassen sich acht weitere Architekturstudenten aus Augsburg in ihren Abschlussarbeiten mit dem östlich an den Schlosshof angrenzenden Altstadtbereich, zu dem unter anderem der ehemalige Gubi-Komplex gehört.
Eine gewisse Demut vor dem Umfeld
Gärten auf mehreren Etagen in Holzgerippen