Von Dividenden profitieren
Interview Die Dax-Konzerne schütten dieses Jahr eine Rekordsumme aus. Ein Commerzbank-Experte erklärt, wie Anleger davon profitieren
Herr Schickentanz, die Aktienmärkte haben dieses Jahr zuerst kräftige Verluste erlebt, jetzt erholen sie sich wieder. Auf sichere Kursgewinne darf man also nicht immer setzen. Dafür schütten die Dax-Konzerne dieses Jahr Rekord-Dividenden aus. Sind die Dividenden nicht eigentlich die spannendere Sache am Thema Aktien?
Chris Oliver Schickentanz: Dividenden sind auf jeden Fall mehr als ein Sahnehäubchen. Sie sind ein wesentlicher Treiber für die Wertentwicklung bei Aktien. Im Dax lassen sich zum Beispiel mehr als 50 Prozent der aufgelaufenen Wertzuwächse auf die Ausschüttungen zurückführen – vorausgesetzt man hat die Dividende stets reinvestiert. Denn dadurch ergibt sich ein Zinseszinseffekt, der das Anlageergebnis deutlich positiv beeinflusst. Dieses Jahr schütten die Dax-Konzerne über 36 Milliarden Euro aus – ein deutliches Plus.
Können Dividenden also das ersetzen, was früher der Zins war? Nämlich eine sichere Einnahmequelle? Schickentanz: So einfach ist es nicht. Dividenden lassen sich nicht – wie oft schon gehört – als neuen Zins bezeichnen. Die Zinsen einer klassischen Anleihe sind immerhin vertraglich zugesichert. Anders bei Aktien: Die Dividende kann von Vorstand und Aufsichtsrat beliebig verändert werden. Damit sind Dividenden deutlich schwankender als die meist fixen Zinsen bei Rentenpapieren.
Woran erkenne ich, ob eine Aktie eine vernünftige Dividende verspricht? Schickentanz: Erster Anhaltspunkt ist die Dividendenrendite. Sie stellt das Verhältnis von gezahlter Dividende zum Kurs der Aktie dar. Grundsätzlich gilt dabei: je höher die Dividendenrendite, desto besser. Die Dividendenrendite des Dax im Jahr 2017 liegt bei rund drei Prozent und damit deutlich über der Rendite zehnjähriger deutscher Anleihen.
Manche Papiere, zum Beispiel ProSiebenSat.1, kommen auf eine Dividendenrendite von über fünf Prozent. Kann man dort also beherzt Aktien zukaufen?
Schickentanz: Allein auf die Dividendenrendite zu achten, reicht nicht. Eine sehr hohe Dividendenrendite ist meist auch ein Signal dafür, dass der Markt die Ausschüttungsfähigkeit eines Unternehmens anzweifelt. Viel wichtiger ist es daher, Unternehmen zu finden, die das Potenzial besitzen, ihre Ausschüttung über die Zeit anzuheben. Dabei hilft die Ausschüttungsquote, die die Dividende ins Verhältnis zum erwirtschafteten Gewinn setzt. Bei Unternehmen mit hohen Gewinnschwankungen ist es ratsam, den fünf- bis siebenjährigen Durchschnittswert anzuschauen. Als Faustregel gilt: Liegt dieser Wert unter 60 Prozent, dürfte die Dividende vergleichsweise sicher sein.
Was, wenn man sich an einzelne Firmen doch nicht herantraut? Schickentanz: Eine Möglichkeit sind dann dividendenfokussierte Fondsprodukte oder sogenannte ETFs. Sie bündeln mehrere Unternehmen und senken damit das Risiko. Mit Zertifikaten wäre ich vorsichtig. Hier werden die Dividenden häufig als Zusatzentgelt einbehalten.
Wie geht es denn an der Börse in den kommenden Monaten weiter? Schickentanz: Das Thema Dividenden dürfte der Börse in den kommenden Monaten nochmals Schub geben. Nach einem Einbruch der Börsen Anfang des Jahres erholen sich die Märkte wieder. Wir rechnen damit, dass am Jahresende 2018 am deutschen Aktienmarkt unter dem Strich ein Plus im mittleren einstelligen Prozentbereich gegenüber dem Jahresbeginn stehen wird. Es kann jedoch dazwischen immer auch zwei bis drei Rückschläge im Bereich von fünf Prozent geben.
Der Aktien-Anleger braucht also starke Nerven?
Schickentanz: Die Schwankungsanfälligkeit der Märkte hat zugenommen. Rückschläge sind aber natürlich immer auch eine Gelegenheit, die eigenen Bestände aufzustocken. In Schwächephasen kann man gut nachkaufen. Die fundamentalen Daten sprechen mittel- bis langfristig für die Aktie.
Langsam erholen sich die Märkte wieder