Solidarität mit den Flutopfern in Otting
Nach dem verheerenden Unwetter in Otting kommen Spenden von fast 200 000 Euro zusammen. Das Geld ist jetzt unter den Betroffenen verteilt
Nach dem verheerenden Unwetter wurden 200 000 Euro an Spendengeldern verteilt. Die Verantwortlichen ziehen Bilanz.
Otting Welche Menge Regen am späten Nachmittag des 15. August 2017 vom Himmel fiel, weiß niemand so genau. „Es waren deutlich über 100 Liter pro Quadratmeter“, schätzt Bürgermeister Johann Bernreuther. Eine halbe Stunde lang verharrte das Unwetter über der Senke, in der Otting liegt. Die Auswirkungen waren katastrophal: Von allen Seiten – in Bächen, Gräben oder einfach den Hang runter – schossen Wassermassen in das Dorf, füllten Keller, rissen Autos mit und verwandelten das Zentrum des Orts in einen See. Durch glückliche Umstände kam kein Mensch ums Leben. Einem Ottinger, so weiß Bernreuther, stand das Wasser im Keller plötzlich bis zum Hals. Der Mann habe sich gerade noch retten können, weil sich eine Tür nach außen öffnen ließ. In den Tagen nach dem Unwetter wurde aber klar: Der Sachschaden ist immens. Rund 70 Anwesen waren betroffen. In einzelnen Häusern lag der Schaden bei bis zu 90 000 Euro. Versichert waren nur die wenigsten Ottinger. Von staatlicher Seite – so stellte sich heraus – war kaum Hilfe zu erwarten. In dieser Situation hatte Gottfried Hänsel, Kommunalpolitiker aus dem benachbarten Wemding, die Idee, eine groß angelegten Spendenaktion im Donau-Ries-Kreis zu starten. Die entwickelte sich zu einem riesigen Erfolg. Nun – fast neun Monate nach der Katastrophe – sind alle Spendengelder verteilt. Zeit für die Verantwortlichen, Bilanz zu ziehen und allen Beteiligten Dank zu sagen.
Bernreuther zeigt sich überwältigt von der Unterstützung, welche die kleine Kommune erfahren habe: „Das ist für uns das Größte.“Der Bürgermeister erinnert noch einmal daran, wie hart die Flut die Bewohner getroffen hat. Monatelange Arbeit sei nötig gewesen, um die Schäden zu beseitigen. Nur eine einzige Familie sei unter die Härtefallregelung gefallen, die einen staatlichen Zuschuss ermöglichte. Das Haus stehe jetzt noch leer, die Bewohner seien weggezogen. Die Kirche könne seit dem Volkstrauertag 2017 wieder benutzt werden, das komplett zerstörte Schützenheim sei erst Ende März in Betrieb genommen worden.
Gottfried Hänsel merkt an: „Wenn es schon keine staatliche Hilfe gibt, dann haben wir ein moralisches Recht, in der Region eine Hilfe zu erbitten.“Die Reaktion sei überwältigend gewesen. Privatleute, Vereine, Firmen und Institutio- nen überwiesen Geld. Dieses stammt zu einem erheblichen Teil aus allen möglichen Aktionen und Veranstaltungen. Im Laufe der Wochen und Monate gingen auf das Konto etwa 700 Einzelspenden ein. Die Größte kam vom Fußball-Fanklub Red Wood Cats. Die brachten bei einer Veranstaltung mehr als 26000 Euro zusammen. Am Ende summierten sich die Spenden auf beinahe 200 000 Euro. Die Fäden liefen dabei bei der Verwaltungsgemeinschaft Wemding zusammen.
Ein eigens gebildetes Gremium kümmerte sich darum, dieses Geld unter den 50 Geschädigten, die einen Antrag stellten, möglichst gerecht zu verteilen. Hier habe man nach Ansicht von Landrat Stefan Rößle eine gute Lösung gefunden. Abgestuft nach dem jeweiligen Schaden und berechnet nach einem Punktesystem seien die Beträge zugeteilt worden. Dies sei absolut transparent vonstattengegangen. Und was Gottfried Hänsel extra betont: „100 Prozent der Spenden sind weitergereicht worden.“Dies sei in den vergangenen Wochen geschehen.
Bernreuther und Hänsel verweisen darauf, dass damit zwar nur ein Teil des Schadens ausgeglichen werden könne, die symbolische Wirkung jedoch gewaltig sei. Wenn ein Betroffener in der Not solche Hilfe bekomme, gebe ihm das auch wieder Mut und Kraft.
Für Landrat Rößle war die Flut in Otting ein „furchtbares Ereignis“, das zeige, „wie schnell es jeden treffen kann“. Andererseits freut sich Rößle, „wenn so eine Verbundenheit da ist“. Der Landrat nutzt die Gelegenheit aber auch, um zwei Appelle loszuwerden: Zum einen bittet er Hausbesitzer, die noch keine Elementarversicherung haben – nur eine solche deckt Schäden durch Starkregen ab –, dies zu überdenken. Zum anderen mahnt Rößle die Kommunen, den Hochwasserschutz ernst zu nehmen und die Gefahren rechtzeitig zu minimieren.
In der Gemeinde sei dies vor dem 15. August durchaus der Fall gewesen, so Bernreuther: „Wir hatten schon viel Geld in Regenrückhaltebecken investiert.“Doch mit einem solchen Ereignis habe man nicht gerechnet. Entsprechend sei der Gemeinderat daran, den Schutz weiter zu verbessern.