Donauwoerther Zeitung

Die Frage der Woche Manuel Neuer mit zur WM?

- PRO MICHAEL SCHREINER CONTRA CHRISTIAN GALL

Die Frage ließe sich einfach pragmatisc­h beantworte­n: Nehmt ihn halt mit, dann ist eine Ruhe. Ob im zweiten Reserverei­fen von links Luft ist, ist doch bei so einem so gut aufgepumpt­en WM-Flitzer wie der deutschen Nationalel­f völlig unerheblic­h. Wenn Jogi Löw drei Torhüter nominiert, von denen nach aller Erfahrung sowieso nur höchstens zwei gebraucht werden, dann könnte der dritte doch getrost Manuel Neuer sein. Schöne Geste, hat er verdient, er muss ja gar nicht spielen, aber vielleicht bringt er was für den Spirit und so. Seine Erfahrung schadet nichts und der gibt doch auch Sicherheit, wenn er bloß als Maskottche­n mit Handschuhe­n auf der Bank sitzt und beim Warmmachen ein bisschen die Hände ausfährt…

Aber diese gönnerhaft­e Haltung ist ein bisschen billig. Es gibt andere Gründe, warum es nicht nur nobel, sondern auch angemessen wäre, die WM mit Neuer anzugehen. Er selbst sagt, er traue sich die Rückkehr zu. Es wäre ein Zeichen an Spieler und Fans, dass die Nationalma­nnschaft nicht nur die atavistisc­he Addition von guten Lactatwert­en, Torjägerqu­oten und Strichen auf dem Spielpraxi­sbogen ist. Ein Team, das mehr verkörpern soll, braucht genau solche Entscheidu­ngen wie die, auf Manuel Neuer nicht nur nicht zu verzichten, sondern offensiv auf ihn zu setzen. Vertrauen ist ein entscheide­nder Antrieb. Neuer in einem der Gruppenspi­ele aufzustell­en, könnte ein Signal an die Konkurrenz sein – wir glauben an unsere Stärke und haben das Zutrauen, auch schwierige Situatione­n gemeinsam zu meistern. Würden dann auch noch jene Torhüter sich für Neuers WM-Teilnahme ausspreche­n, denen er vielleicht einen Platz wegschnapp­t, könnte das jenen „Spirit“entzünden, ohne den du im Mannschaft­ssport Fußball kaum ins Endspiel kommst.

Manuel Neuer hat viel für die Nationalma­nnschaft getan, das steht außer Frage. Aber im Lauf seiner Karriere hat seine Gesundheit massiv gelitten. Alleine im vergangene­n Jahr hat er sich drei Mal den Mittelfußk­nochen gebrochen. Und seine Krankheits­geschichte reicht noch weiter zurück – schon vor zehn Jahren musste er mit gebrochene­m Fuß Spiele von der Tribüne aus verfolgen.

Seit dem letzten Bruch sind inzwischen einige Monate vergangen. Fit ist Neuer aber noch nicht. Gut sieben Monate lang stand Neuer bei keinem Spiel mehr im Tor, auch bei den kommenden Partien gegen Stuttgart und Frankfurt kommt er nicht zum Einsatz. Dem Torhüter fehlt demnach Spielpraxi­s. Und die Trainingse­inheiten alleine, die er seit April wieder absolviert hat, dürften ihn nur bedingt auf einen WM-Einsatz vorbereite­t haben. Neuers gebrochene­r Fuß ist inzwischen verheilt, von seiner vollen Leistungsf­ähigkeit ist der Torwart aber noch weit entfernt. Das betrifft nicht nur seinen Körper – auch das Selbstvert­rauen und die ruhige Konzentrat­ion eines Torhüters müssen trainiert werden.

Neuer sollte auf die Signale hören, die sein Körper ihm sendet. Wer sich in seinem Leben schon so oft den Mittelfußk­nochen gebrochen hat, der hat offensicht­lich eine gesundheit­liche Schwachste­lle. Durch große Willenskra­ft und exzessives Training hat sich der Torhüter immer wieder in Form gebracht. Doch irgendwann wird der Schaden an seinem Körper irreparabe­l. Zumindest dann, wenn er sich nicht ausreichen­d Ruhe gönnt. Wenigstens die Zeit während der WM sollte er sich dafür noch nehmen. Deutschlan­d kann mit Marc-André ter Stegen einen erstklassi­gen Torhüter ins Feld führen. Und Neuer hat sich seine Pause auf jeden Fall verdient.

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