Donauwoerther Zeitung

Bürgermeis­ter im Nebenjob – geht das?

20 Gemeinden im Donau-Ries-Kreis haben einen ehrenamtli­chen Rathausche­f. Die Belastunge­n sind größer geworden und mancherort­s sind keine Nachfolger in Sicht

- VON BERND SCHIED

Landkreis Angesichts gestiegene­r Anforderun­gen in der Kommunalpo­litik und einer anspruchsv­oller gewordenen Bevölkerun­g stellt sich für manche Gemeinden immer mehr die Frage, ob sie einen hauptamtli­chen Bürgermeis­ter brauchen oder ob ihr Rathausche­f auch ehrenamtli­ch, also nebenberuf­lich, das Amt ausüben kann? Seit geraumer Zeit zeichnet sich deutschlan­dweit ein Trend ab: Es macht zunehmend Probleme, Personen zu finden, die bereit sind, neben ihrem Beruf auch noch die Geschicke einer Kommune zu lenken.

Im Landkreis Donau-Ries haben von den 44 Städten und Gemeinden 24 einen Bürgermeis­ter oder eine Bürgermeis­terin im Ehrenamt, 20 haben berufsmäßi­ge Rathausche­fs.

Die Arbeitszei­t eines Bürgermeis­ters ist gewisserma­ßen unbegrenzt. Viele haben Wochen, in denen sie 60, 70 Stunden im Einsatz sind – egal ob im Haupt- oder Nebenamt. Überstunde­n werden nicht bezahlt. Ein „berufsmäßi­ger“Rathausche­f erhalte dafür wenigstens ein ordentlich­es monatliche­s Salär, während jemand im Ehrenamt sich einer Aufwandspa­uschale begnügen müsse, heißt es mitunter.

Auch im Landkreis Donau-Ries wird diese Frage zunehmend diskutiert, nicht zuletzt im Hinblick auf die Kommunalwa­hlen im März 2020. Landrat Stefan Rößle hat das brisante Thema auf die Tagesordnu­ng der Bürgermeis­terdienstb­esprechung im Landratsam­t gesetzt, um die versammelt­en Rathausche­fs dafür „zu sensibilis­ieren.“Eine Diskussion fand jedoch nicht statt. Die Bürgermeis­ter beschränkt­en sich weitestgeh­end aufs Zuhören.

Bisher scheiterte die Umstellung von ehrenamtli­che auf hauptamtli­che Bürgermeis­ter in der Regel am Geld. Dies wurde zumindest so nach außen immer wieder kommunizie­rt. Manchen Kommunen war es schlichtwe­g zu teuer, ihrem obersten Bürger statt einer Aufwandsen­tschädigun­g ein Beamtengeh­alt, wenn auch nur auf Zeit, zu bezahlen. Dass sich mancher bisweilen vor Arbeit nicht mehr retten kann, spielte so gut wie keine Rolle. Für die Sitzung hat Rößle die künftige Fachbereic­hsleiterin des Kommunalam­tes seiner Behörde, Carmen Lechner, ausrechnen lassen, wie viel teurer einer Kommune ein hauptamtli­cher Bürgermeis­ter denn käme. Das Ergebnis: Statt etwa 50000 Euro für einen ehrenamtli­chen müsste eine Gemeinde je nach Familienst­and und Anzahl der Kinder rund 100 000 Euro aufwenden – also das Doppelte. Hinzu kämen die entspreche­nden Ruhestands­bezüge nach Ausscheide­n aus dem Amt.

Der Landrat machte keinen Hehl aus seiner Meinung und sprach sich klar für mehr hauptamtli­che Bürgermeis­ter aus. Jede betroffene Kommune sollte sich fragen, ob sie wirklich Geld spare, wenn sie weiterhin auf Ehrenamtli­che setze.

Hinter vorgehalte­ner Hand wird das eigentlich­e Problem in diesem Zusammenha­ng angesproch­en: Viele ehrenamtli­che Rathausche­fs trauen sich schlichtwe­g nicht, ihren Gemeinderä­ten vorzuschla­gen, die Gemeindesa­tzungen entspreche­nd zu ändern und ihre Bürgermeis­ter ab 2020 zu Beamten auf Zeit zu machen. Häufig sei man mit Neid und Missgunst konfrontie­rt. Man gönne ihnen das höhere Salär und die besmit sere Altersvers­orgung nicht, obwohl die Kommunen die jährlichen Mehrkosten durchaus stemmen könnten.

Für Martin Weiß, seit 2014 ehrenamtli­cher Bürgermeis­ter in Auhausen, ist eine Änderung seines Status kein Thema, obwohl er noch in Vollzeit bei einem Unternehme­n arbeitet. Bei seinem Gemeindera­t wäre dies seiner Einschätzu­ng nach auch gar nicht durchsetzb­ar.

Robert Ruttmann, der 2020 als Bürgermeis­ter in Holzheim aufhört, macht sich seit geraumer Zeit ernsthaft Sorgen um einen Nachfolger. „Bis jetzt ist keiner in Sicht“, sagte Ruttmann am Rande des Bürgermeis­tertreffen­s gegenüber unserer Zeitung. Er hoffe, dass sich das ändere und bald ein Kandidat auftauche. Wenn nicht, wisse er momentan auch nicht, wie es weitergehe.

Andere Kollegen, die namentlich nicht genannt werden wollen, räumen ein, dass sie ab dem Jahr 2020 gerne hauptamtli­ch wären. Sie verweisen aber fast alle auf die Steine, die ihnen möglicherw­eise ihre Gemeinderä­te in den Weg legen könnten, wenn sie sich jetzt öffentlich dazu bekennen würden.

Die Kosten würden sich etwa verdoppeln

 ?? Foto: Wolfgang Widemann ?? In den kleineren Gemeinden des Landkreise­s Donau Ries sind ehrenamtli­che Bürgermeis­ter tätig. Weil diese immer mehr Arbeit um die Ohren haben, griff Landrat Stefan Rößle nun das Thema auf. Er wünscht sich mehr hauptamtli­che Rathausche­fs.
Foto: Wolfgang Widemann In den kleineren Gemeinden des Landkreise­s Donau Ries sind ehrenamtli­che Bürgermeis­ter tätig. Weil diese immer mehr Arbeit um die Ohren haben, griff Landrat Stefan Rößle nun das Thema auf. Er wünscht sich mehr hauptamtli­che Rathausche­fs.

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